Du hast ein Talent, mach was draus.
Dirk von Nayhauß
07.10.2010

In welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?

In Momenten vollkommener Leichtigkeit kann ich spüren, wie ich strahle. Wenn ich das Gefühl habe, beflügelt zu sein, und alles, was ich mache, ist richtig. Dann sind meine Sinne offen, Ideen sprießen. Lebendigkeit hat bei mir sehr viel mit Kreativität zu tun - ob ich koche, einen Wochenendausflug gestalte oder vor der Kamera stehe. Darüber hinaus sehe ich das Schauspiel auch nicht als Arbeitszeit, eher als Lebenszeit. Jeder Film ist eine Entdeckungsreise. Ich arbeite nicht für Geld. Ein amerikanischer Schauspieler sagte mal: "I get payed for my time, I am acting for free." So ist es bei mir auch, das nimmt mir den Druck am Set. Ich würde nicht besser spielen, auch wenn ich eine Million bekäme.

Was können Erwachsene von Kindern lernen?

Ich finde, es gibt im Alltag Momente, wo man das Kind in sich pflegen muss. Da kann man von Kindern lernen. Sich zum Beispiel Zeit für Details nehmen. Es ist faszinierend zu beobachten, was Kinder alles finden. Kleinigkeiten werden bei ihnen zur Sensation. Wann haben Sie das letzte Mal einen Igel gesehen?

An welchen Gott glauben Sie?

Ich glaube ganz stark an das Schicksal, an Zufälle glaube ich grundsätzlich nicht. Ich hatte nach dem Abitur das Schauspiel eigentlich schon abgeschrieben. Damals hatte ich mich für eine Regiehospitanz am Staatstheater Braunschweig beworben, aber ich wurde abgelehnt. Drei Wochen später bekam ich einen Anruf der Dramaturgin, die mich doch noch einmal sehen wollte. Das war einer dieser Zufallsmomente, wo man denkt: Das hätte eigentlich gar nicht sein dürfen, es ist aber doch passiert. Ich habe das Gefühl, dass es zu meinem Schicksal gehört, bestimmten Leuten zu begegnen, mit ihnen bestimmte Wege zu gehen und bestimmte Dinge zu tun. Und ich glaube, statt Schicksal könnte man auch Gott sagen.

Hat das Leben einen Sinn?

Da geben mir meine Kinder jeden Tag die Antwort auf Ihre Frage. Ich denke aber auch: Wenn du stirbst, kommst du irgendwann oben bei Gott an, und Gott wird dich fragen: "Was hast du gemacht?" Dann wirst du vielleicht sagen: "Ich war Bundeskanzler! " Oder: "Ich war der Kaiser von China! " Ich glaube aber, Gott möchte das gar nicht hören. Gott wird dich fragen: "Was hast du gemacht? Was hast du aus den Talenten gemacht, die ich dir gegeben habe?" Möglicherweise denkt sich Gott: Dass du Bundeskanzler geworden bist, ist das eine, aber vielleicht hätte es mehr Sinn gemacht, wenn du Arzt geworden wärst.

Muss man den Tod fürchten?

Meine Mutter starb, als ich noch ein Kind war. Damals hat mich mein Großvater zu sich gerufen und gesagt: "Gott nimmt die Menschen, die er ganz besonders lieb hat, gern früh zu sich." Das hat mich getröstet und mir sehr geholfen. Der Tod gehört seitdem zu meinem Leben, ich habe keine Angst vor dem Tod. Wohl fürchte ich die Art und Weise, wie man sterben kann. Natürlich wünscht man sich einen schnellen, friedlichen Tod.

Welche Liebe macht Sie glücklich?

Die ehrliche und kompromisslose Liebe. Liebe bedeutet aber auch Entdeckung. Wenn ich nicht mehr neugierig bin und das Interesse an neuen Erfahrungen verliere, leidet die Liebe, sei es zu einem Partner, meinem Beruf oder dem Leben selbst gegenüber.

Welchen Traum möchten Sie sich noch unbedingt erfüllen?

Mein Traum ist ein gelebtes Leben, und das ist wie ein Mosaik, zu dem ich jedes Jahr, jede Stunde ein Stück beisteuere. Ich könnte nicht sagen: "Mein größter Traum ist eine 30-Meter-Yacht, darauf arbeite ich hin." Für mich ist der Weg das Ziel: die Vielfalt, nicht die Einfalt. Und ich habe das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein - auch wenn es eine Portion Selbstdisziplin verlangt. Ein volles, gelebtes Leben, das wäre ein traumhafter Zustand am Ende, wenn meine Zeit abgelaufen sein wird. Und ich hoffe, dass es mir gelingt, ich hoffe, dass ich Gott entgegentreten und sagen kann: "Ja, ich habe etwas aus den Talenten gemacht, die du mir gegeben hast."

Was ist der Schlüssel zum Glück?

Demut und Dankbarkeit, vermute ich. Demut gegenüber dem Leben an sich. Neugierig sein auf andere Menschen, ihnen mit Respekt begegnen, zuhören. Viele Menschen sind verwöhnt, gerade in meinem Beruf. Egomanie ist sehr weit verbreitet auf diesem Karussell der Eitelkeiten. Viele rennen dem Glück hinterher und merken nicht, dass es sie verfolgt.

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