Der Zauberei beschuldigt, rannte der ghanaische Bauer um sein Leben. In einem "Hexendorf" fand er neuen Mut und inneren Frieden
07.10.2010

Ich bin Bauer und gehöre zum Stamm der Konkomba. Ich komme aus Salmo, das ist ein Dorf im Norden Ghanas. Aber dahin kann ich nie wieder zurückkehren. Man würde mich töten. Denn die anderen Dorfbewohner dort glauben, dass ich ein Hexer bin.

Bei uns in Ghana gibt es Leute, über die wird gesagt, dass sie besondere Kräfte haben. Meistens sind es alte Männer und Frauen. Man sagt, dass sie mit ihrer Zauberkraft Gutes tun können, zum Beispiel Kranke heilen. Aber es soll auch Leute geben, die Böses mit der Kraft tun. Dann stirbt plötzlich ein Kind, oder die Rinder eines Viehhirten werden krank, oder die Ernte fällt schlecht aus.

Ich soll den Onkel durch Zauberkraft getötet haben

Bei mir war es so: Als ein Onkel von mir an einer Krankheit starb, behauptete ein ferner Verwandter, ich sei schuld: Ich hätte den Onkel durch Zauberkraft sterben lassen. Dabei hatte ich sogar die Medikamente für meinen Onkel bezahlt! Ich glaube, der, der mich beschuldigt hat, hasst mich. Aber warum? Ich weiß es einfach nicht.

Jedenfalls kamen nach dem Begräbnis lauter Leute zu unserer Hütte in Salmo gerannt und schrien: Wir wollen dich hier nicht mehr! Sie waren sehr, sehr wütend. Sie hatten Hacken und Macheten dabei. Ich rannte sofort weg, denn sonst hätten sie mich umgebracht. Meine Frau und die Kinder kamen hinterher. Sie konnten nur ein paar Kleidungsstücke mitnehmen und meine Werkzeuge, die Hacke und die Machete. Die brauche ich doch für die Feldarbeit! Alles andere mussten wir zurücklassen.

Wir gingen 35 Kilometer nach Gnani, das ist ein Hexendorf.

Das Orakel wurde befragt, ob ich Hexer bin

Zum Glück hatte ich schon vorher davon gehört. Dort werden alle Menschen aufgenommen, die in ihren Heimatdörfern der Zauberei beschuldigt werden. Ich erzählte dem Dorfvorsteher, was passiert ist. Dann hat er das Orakel befragt. Das Orakel sollte sagen, ob ich wirklich ein Hexer bin oder nicht.

Wir gingen zum größten Baum des Dorfes. Der Dorfvorsteher sagte, dass darin der Baumgeist wohnt, der das Dorf beschützt. Dann schlug der Dorfvorsteher einem Huhn den Kopf ab. Wenn das Huhn auf die Seite fällt, ist das der Beweis, dass man unschuldig ist. Wenn das Huhn auf den Rücken fällt, dann heißt das, dass man doch ein Hexer ist. Aber dann kann man sich immer noch in einer Zeremonie dem Baumgeist unterwerfen. Der Dorfvorsteher sagte, dass ich auf jeden Fall bleiben könnte, weil die Kräfte des Baumgeistes stärker sind als jede Hexenkraft.

Das Huhn fiel auf die Seite

Das Huhn fiel aber auf die Seite, und damit wussten alle, dass ich unschuldig bin. Das hat mich überglücklich gemacht, denn ich habe nie irgendjemandem etwas Böses angetan. Ich bin so froh, dass wir hier sind! Hier können wir in Frieden leben. Hier beschuldigt auch niemand einen anderen der Hexerei, denn alle Männer und Frauen in diesem Dorf haben ja das Gleiche erlitten. Das hat mir neuen Lebensmut gegeben, und ich habe wieder inneren Frieden.

Der Dorfvorsteher hat uns ein Stück Land gegeben, 40 mal 50 Meter. Darauf baue ich Mais, Hirse und Yam-Wurzeln an, wie vorher in meinem Heimatdorf. Ich kann hart arbeiten, und ich würde gern noch mehr Land bewirtschaften, um meine Frau und unsere sechs Kinder zu ernähren. Aber in Gnani, dem Hexendorf, leben schon 500 Menschen, und es gibt nicht viel Ackerland.

Auf der anderen Straßenseite ist eine Missionsstation. In der Trockenzeit geben sie uns Wasser, manchmal Reis, Schuhe und gebrauchte Kleidung. Manchmal auch getrocknete Gräser, um das Dach der Hütte auszubessern. Dafür sind wir sehr dankbar.

Jetzt habe ich nur einen Wunsch für die Zukunft: dass niemand herumerzählt, dass ich ein Hexer gewesen sein soll. Vielleicht gibt es ja jemanden, der mich nicht mag ... Aber ich will, dass meine Kinder frei sind von jedem falschen Verdacht. Wenn sie erwachsen sind, sollen sie wegziehen können, wohin sie wollen, arbeiten, wo sie wollen, und auch heiraten können, wen sie wollen.

Protokoll: Frank Hartmann

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