Serbien ist ziemlich kaputt. Viele Kriegsverbrecher sind immer noch frei, der Staat ist bankrott, die Jugend ohne Perspektiven. Wie soll es weitergehen? Aus dem Belgrader Underground melden sich junge Hip-Hopper zu Wort. Rebellion ist nicht ihr Thema. Sie versuchen nur, Antworten zu finden und mit ihrem Leben klarzukommen Text mareike fallet
Tim Wegner
07.10.2010

Marcelo hat sich verzogen in eine dunkle Ecke des SKC, "Studentski Kulturni Centar", der Trubel ist ihm zu viel. Es ist Freitagabend, neun Uhr, und im Studentenzentrum findet eine Breakdance-Battle statt, ein Tanzwettbewerb. Etwa hundert Jugendliche vom ganzen Balkan treten gegeneinander an, Serben, Bosnier, Kroaten, Slowenen. Ohne Hass, ohne Waffen.

Marcelo ist der musikalische Hauptact des Abends. Auftreten wird er erst nach Mitternacht, er wartet, und auf ihn warten etwa 300 Fans. Die Mädchen stehen in Grüppchen, sie tuscheln und kichern, winken ihm zu aus sicherer Entfernung. Marcelo hält sich an einem Bier fest und an einer Zigarette. Ein zartes, blasses Büblein, kaum 1,65 groß, spärlicher Bartwuchs. Er ist 23 und sieht aus, als habe er die Pubertät gerade erst hinter sich.

In Serbien sind fast alle pleite

Das Studentenzentrum, ein Jugendstilbau mit Türmchen und Erkern, wirkt nicht gerade einladend: die Fenster dreckig, der Eingang vermüllt, der Putz blättert innen wie außen. Aus den Toiletten wabert der Geruch von Urin durch die Flure. Die Putzfrau, Kittelschürze, etwa 60, kaum Zähne, verkauft Seife und Klopapier. Not macht erfinderisch. In Serbien sind fast alle pleite, den wenigen Reichen sagt man eine Nähe zur Mafia nach. Geld für Jugendarbeit ist knapp.

Marcelo trägt einen weiten schwarzen Kapuzenpulli über der schlackernden Jeans, weiße Turnschuhe und eine Mütze auf den kurzen braunen Haaren. Er zündet die nächste Zigarette an, er ist nervös. Eigentlich raucht in Serbien fast jeder, Zigaretten sind so ziemlich das Einzige, was erschwinglich ist. Eine Schachtel kostet rund 75 Dinar, weniger als ein Euro.

Das durchschnittliche Monatseinkommen liegt bei umgerechnet 200 Euro. Eine CD ist so teuer wie bei uns, Strom und Heizung für eine Wohnung kosten im Monat um 150 Euro. Viele haben Zweit- und Drittjobs oder arbeiten schwarz.

Mit Hip-Hop verdient man in Serbien kein Geld. Marcelo sagt, es reiche, um die Miete für sein WG-Zimmer zu bezahlen. Er ist ein Kind aus der Mittelschicht, wie die anderen Belgrader Hip-Hopper auch. Er rappt nicht nur, er schreibt Kurzgeschichten, studiert Literaturwissenschaft und Englisch an der Belgrader Universität. Marcelo liebt Ivo Andri'c, den serbischen Literaturnobelpreisträger von 1961. Andri'c ist der einzige Nobelpreisträger, den das Land hervorgebracht hat; Serbien ist eher bekannt für seine Kriegsverbrecher.

Die Gesichter der meisten Belgrader sind hart, traurig, müde

Ein ehemaliger Soldat, ein Mörder ­ der dort drüben im feinen Anzug? Der Mann da hinten, der mit den Krücken? Oder der muskulöse Taxifahrer? Die Gesichter der meisten Belgrader sind hart, traurig, müde. Depression hängt über der Stadt.

"Das ist nicht meine Vergangenheit", sagt Marcelo trotzig. Er war noch ein Kind, als Milosevi'c den Balkan mit Krieg überzog. Ihn beschäftigt nicht die Vergangenheit, mit der Gegenwart hat er genug zu tun. Aber Serben gelten nicht als Opfer, sie gelten als Täter. "Wir sind das meistverachtete Volk der Welt", sagt der Musikjournalist Petar Janjatovi'c, 50. Er hat die ausgezehrte Figur eines langjährigen Kettenrauchers. Sein Gesicht ist faltig und grau; er ähnelt Donald Sutherland, dem amerikanischen Schauspieler: volles, weißes Haar, weißer Zehntagebart. Janjatovi'c sieht sich von Milosevi'c um seine Zukunft betrogen, um eine Zukunft in finanzieller Sicherheit. Janjatovi'c hat B 92 mit aufgebaut, den legendären alternativen Radiosender. Er war Radiomoderator, hat Bücher geschrieben über die Musikszene, Artikel in Zeitungen und Magazinen. Heute ist er Freiberufler, verheiratet und Vater einer siebzehnjährigen Tochter. Janjatovi'c investiert all sein Geld in sein Kind ­ wie die meisten serbischen Eltern.

Fast jeder Jugendliche besitzt ein Handy. Marcelo auch, natürlich, als Musiker muss man erreichbar sein. Ständig tippt er SMS-Nachrichten, sein Handy piepst alle paar Minuten, neue Nachricht, Entschuldigung, ich muss antworten, meine Freundin.

Der Rapper ist höflich und schüchtern

Der Rapper ist höflich und schüchtern. Die Popularität, die er nach seinen zwei Platten "Defacto" und "Puzzle Shock" in Belgrad hat, kam ein bisschen plötzlich, Marcelo wirkt überfordert. Zwar schaut er auf Fotos in der Presse ernst und böse, doch eigentlich ist er ein Netter, ein Junge von nebenan. Jeder kennt ihn, das serbische MTV will ein Interview, das Stadtmagazin, B 92. Pro Tag erreichen ihn rund 40 E-Mails, die meisten von Mädchen. Er antwortet allen. Der Hip-Hop ist in Serbien eine Randerscheinung, eine Subkultur. Etwa zehn Prozent der Jugendlichen hören Rap.

Milosevi'c ist tot, aber sein Erbe ist unübersehbar. In den Neunzigern hatte er die Serben gegen Bosnien, gegen Kroatien, gegen den Kosovo mobilisiert. 1999 fielen NATO-Bomben auf das Land, 77 Tage lang. Die internationale Staatengemeinschaft wollte Serbien auf diese Weise zwingen, sich aus dem von ihm besetzten Kosovo zurückzuziehen. Eine Demütigung ­ die Bevölkerung solidarisierte sich mit ihrem Regime, erst im Herbst 2000 wurde Milosevi'c abgesetzt. Manche Gebäude, die von den Bomben getroffen wurden, stehen noch da wie nach dem Angriff, auch mitten in der Stadt. Ruinen mit glaslosen Fenstern, wie ein Vorwurf an die westliche Welt.

Einst muss Belgrad sehr schön gewesen sein, mit Parks und Jugendstilhäusern und großen Villen. Heute gibt es nur einen deutschsprachigen Reiseführer für Belgrad ­ und auch der ist eigentlich nicht nötig, denn Touristen meiden die Stadt. Von Regierungsgebäuden abgesehen oder den Prachtbauten auf der Knez Mihailova, der Fußgängerzone, sind die meisten Häuser der Stadt marode; die Wohnungen, die Möbel, die Bäder ­ zerschlissen, verschimmelt, notdürftig geflickt. Abgase erschweren das Atmen, Belgrad ist umhüllt von einem grauen Mantel. Viele betanken ihre alten, rostigen "Yugos" mit Heizöl, das stinkt zwar, ist aber billiger als normales Benzin.

Umweltschutz? Petar Janjatovi'c lacht. Es ist ein tiefes, gehässiges Lachen und endet in einem langen Hustenanfall. Sein Land hat andere Sorgen. Serbien ist bankrott, rückständig, ein Synonym für Korruption und Kriegsverbrechen. Noch immer leben Kriegsverbrecher wie Ratko Mladi'c in Freiheit. Weil Serbien den ehemaligen General nicht auslieferte an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, schob die EU die Beitrittsverhandlungen weiter auf. Die Montenegriner haben sich weggewählt aus dem gemeinsamen Staat. Viele Serben sind hin- und hergerissen zwischen Schmach und Trotz: "Wenn Europa uns nicht haben will ­ dann brauchen wir Europa auch nicht."

Der Soundtrack dieses trotzigen Nationalismus heißt Turbofolk

Der Soundtrack dieses trotzigen Nationalismus heißt Turbofolk: eine Art Volksmusik mit Technorhythmen und orientalischen Klängen. Er war schon Anfang der Neunziger populär. 1990 wählten die Serben Slobodan Milosevi'c, unter ihm blühte der Chauvinismus; Turbofolk ist seine Musik, gefördert von der Unterwelt und staatsnahen Fernsehsendern wie Pink TV. Die Stars heißen Ceca, Jelena Karleusa, Borislav Zori'c Licanin, sie singen vom Kosovo und von Serbien, von Tradition, Glaube und Glut, von Stolz und Kindern und Kämpfen und Grenzen. Turbofolk dudelt aus Autoradios, auf Hochzeiten, in Cafés. Petar Janjatovi'c verzieht das Gesicht, als würde ihm diese Musik Schmerzen bereiten. Seine Leidenschaft gilt dem Rock 'n' Roll. Er ist froh, dass seine Tochter Hip-Hop mag.

Zoran Kosti'c, genannt Cane, 42 und alternder Rockstar der Band Partibrejkers, geht noch weiter: Warum es zu den Kriegen kam? "Turbofolk, fettes Essen, Alkohol." Hier hat jeder seine eigene Deutung der Geschehnisse.

immer schneller, während dort die Fenster beschlagen von ihrem Schweiß und Marcelo die nächste Zigarette anzündet und auf seinen Auftritt wartet, starten die Turbofolkschwärmer in die Nacht. Zu Tausenden pilgern sie in die erwachenden Diskoschiffe, die tags wie tote Fische an den Ufern von Donau und Save liegen. Ein Boot reiht sich ans andere, etwa 100 sind es insgesamt, Treibgut und Müll schwimmen auf dem Wasser. Die Tanzflächen füllen sich, die Schiffe schaukeln; kleine Wellen plätschern ans Ufer. Davor, auf den Parkplätzen, stehen viele schwarze Limousinen, BMW, Mercedes, Porsche, manche sind gepanzert. Das Gangster-Image, das geben sich die Turbofolkmacher und ihre Anhänger irgendwie auch selbst.

Türsteher bewachen die Eingänge der Schiffe, sie tragen Lederjacken, kurz geschorene Haare, Muskelpakete auf den Oberarmen. Sie entscheiden rigide, hinein dürfen, natürlich, erst mal die Schönen. Die Mädchen sind sehr jung, sehr blond, sehr tief dekolletiert und, wie die Hip-Hopper versichern, sehr dumm. Die männlichen Gäste tragen Jeans, T-Shirt oder Hemd, manchmal Sakko. Im Babilon, das außen grellblau leuchtet und aussieht wie ein Raumschiff, singt eine junge Frau, Svetlana. Sie ist Ende zwanzig, trägt die lange schwarze Mähne offen, dazu eine enge Hose und ein transparentes Mieder. Sie schüttelt ihr Haar, bewegt sich wie eine Tabledancerin. Turbofolk ist nah dran an der Pornografie. Keyboarder und Gitarrist begleiten sie mit einfachen Akkorden. "Smoke on the Water" von Deep Purple, 1972. Hier klingt das Lied irgendwie gewimmert und orientalisch, Technobeats wummern, die Körper vibrieren. Radio Piramida überträgt live, 97,8 MHz. Die Gäste tanzen. "Das ist Serbien", sagt Petar Janjatovi'c, er ringt sich ein Lächeln ab.

Dabei entblößt er eine Zahnlücke oben links. Einen neuen Zahn kann er sich nicht leisten, obwohl er nicht schlecht verdient. Er war Juror bei "Pop Idol", auch Serbien sucht den Superstar. Die Produktionsfirma zahlte ihm 5000 Euro Honorar ­ das Doppelte eines durchschnittlichen Jahreseinkommens. Für ihn wohl wie Schmerzensgeld, denn vorgetragen wird dort hauptsächlich: Turbofolk.

Unas Texte sind schmutzig, das bringt Aufmerksamkeit und Publikum.

Auch die schöne Rapperin Una, 24, verachtet den mafiösen Sound. Zusammen mit ihrer Freundin Marija ­ sie nennen sich Bitcharke na Travi, zwei Schlampen auf Gras ­ macht sie sich lustig über die sogenannten "sponsored girls": die Mädchen, die sich von reichen Mafiatypen aushalten lassen, weil sie glauben, so der Armut zu entkommen. "Od svetlosti blica, skupi mi se pica / iza vugle cuci vac, tek ce da gvlica..." ­ "Im Blitzlicht der Fotografen werde ich ganz feucht / um die Ecke wartet ein Schwanz auf mich, ich kann ihn kaum erwarten." Unas Texte sind schmutzig, das bringt Aufmerksamkeit und Publikum. "Diese Mädchen zeigen ihre Titten und ihre Pussys, sie vögeln sich durch die Betten, warum also soll ich nicht darüber singen?" Una grinst, ihre großen Bambiaugen verengen sich, sie stehe eben für eine andere Geschlechterrolle, will selbst alles haben, Kinder und Karriere und eigenes Geld.

Vorerst aber ist sie noch auf die Eltern angewiesen: Die Mutter ist Rechtsanwältin, der Vater Geschäftsführer einer Spedition, und doch wohnt Una mit zwei weiteren erwachsenen Geschwistern zu Hause, das Geld langt nicht für eine eigene Wohnung. Die wenigsten jungen Serben können es sich leisten auszuziehen, sie wohnen mit über 30 noch bei den Eltern, auch wenn sie längst verheiratet sind.

Una ist extravagant gekleidet, sie sieht aus wie eine hippe Westeuropäerin, große Ketten, Sonnenbrille, Täschchen. Sie redet gern. "Musik macht das Leben einfacher", sagt sie, "beim Rappen entspanne ich, denn ich sage, was mich beschäftigt. Danach fühle ich mich besser." Eine eigene CD hat sie noch nicht aufgenommen, keine Zeit, sagt sie. Sie ist Studentin des Kunstmanagements, Pressesprecherin des SKC und Moderatorin bei Radio SKC. Geld verdient sie damit nicht.

Der Sender ist im Hinterhof des Studentenzentrums, ein gebrechliches Häuschen mit winzigem Studio. Im Winter ist es dort sehr kalt, im Sommer sehr heiß. Eierkartons an den Wänden, ein abgewetzter Perserteppich auf dem Boden. Die Universität zahlt für den Betrieb, wie lange noch, weiß keiner. Sendungen laufen rund um die Uhr. Radio SKC ist unabhängig und nicht kommerziell und hat B 92 als Flaggschiff abgelöst. Für die Hip-Hop-Szene in Serbien ist Radio SKC sehr wichtig, die meisten Rapper legen dort auf.

Für Hip-Hop gibt es kein Geld

Bosko 'Cirkovi'c, 29, von Beogradski Sindikat zum Beispiel moderiert eine Sendung. Seine Band hat Lieder gegen Milosevi'c gesungen, gegen den Militärdienst, die Polizei, ihre Raps erzählten von Korruption, schon vor fast zehn Jahren ­ "verändert haben wir nichts", sagt Bosko. "Unsere Gesellschaft liegt am Boden. Aber mir fehlt die Kraft, den Rapper-Rebell zu spielen. Mit leerem Magen geht das nicht." Für Hip-Hop gibt es kein Geld. Also be-treibt Bosko hauptberuflich eine kleine Marketingagentur. haben keine Energie, an die Zukunft zu denken. Wir kämpfen mit dem Alltag." Kaum Jobs, kein Geld, keine eigene Wohnung, kaum soziale Absicherung, jammernde Eltern.

Marcelo denkt ähnlich. Seine Texte handeln von der Gegenwart, wie "Kuca na promaji": "I sada znam da nema nas... mene je sram / Srbija ­ kuca na promaji! / I znam, java je san... ostajes sam / Srbija ­ kuca na promaji!" ­ "Ich weiß, dass es uns nicht mehr gibt. Ich schäme mich, Serbien, Haus im Durchzug. Ich weiß, die Realität ist ein Traum, du bleibst allein. Serbien, Haus im Durchzug."

Er spricht an, woran die wenigsten Serben denken wollen. Die Aufarbeitung der Vergangenheit hat gerade erst begonnen. Zusammen mit dem bosnischen Hip-Hopper MC Edo schrieb er ein Lied, "Suze" heißt es, Tränen. Vor dem Krieg, sagt Marcelo, da waren wir in Jugoslawien Nachbarn, gute Freunde. Nun haben wir zwar Frieden, und doch brodelt es auf dem Balkan. Wir weinen doch die gleichen Tränen ­ wir müssen gegen den Hass der Völker kämpfen. Gemeinsam.

Wer würde im Ausland einem serbischen Hip-Hopper schon zuhören?

Marcelo wurde als Marko Seli'c geboren, er stammt aus einem kleinen Dorf in Südserbien. Er ist ein Einzelkind, die Eltern führen ihre eigene kleine Drogerie. Seine Vorbilder kommen nicht aus den Vereinigten Staaten, oh nein, "da müsste ich ja über Gold, Mädchen und Autos sprechen", sagt er, "das sind nicht meine Themen". Und überhaupt, wer würde im Ausland einem serbischen Hip-Hopper schon zuhören?

Marcelo verehrt Rambo Amadeus, bürgerlich Antonije Pusi'c, 43 Jahre alt. Rambo ist das Vorbild aller jungen Rapper Belgrads, derjenige, der in den späten Achtzigern den Hip-Hop nach Serbien brachte und der den Begriff "Turbofolk" erfand. "Das Problem der Hip-Hop-Kids", sagt er, "ist, dass sie nicht reisen können. Entweder sie haben kein Geld, oder sie bekommen kein Visum fürs Ausland. Also fehlt ihnen Horizont, Lebenserfahrung." Wie Gefangene in ihrem eigenen Land.

Es ist halb eins in der Nacht, die Breakdance-Battle im SKC ist vorüber; Marcelo springt auf die Bühne, sein Auftritt ist improvisiert, die Technik veraltet. Neue Geräte, Verstärker, Lichtmaschinen und das ganze Zeug ­ unerschwinglich. Marcelo springt auf und ab und hin und her, genau wie es die großen Hip-Hopper tun, er stampft und tanzt und spricht, brüllt, schreit seine Texte ins Mikrofon, sein Körper zuckt zu den Rhythmen vom Band. Etwa 300 Fans jubeln, grölen seine Texte, wippen im Takt.

Er rappt und ist überzeugt, zur Versöhnung der Völker beizutragen.

Voriges Jahr im Herbst trat er in Tuzla auf, in Bosnien. Er war der erste serbische Rapper, der sich das traute. "Ich war überwältigt", sagt er, "sie haben mich nicht ausgepfiffen." Die Bosnier mochten seine Texte ­ das empfindet er als große Ehre. Marcelo glaubt nicht, dass der Hass die Herzen der Menschen erreicht hat. "Die Propaganda war schuld", sagt er, "der Virus des Bösen." Also rappt er und ist überzeugt, zur Versöhnung der Völker beizutragen.

Man schätzt, mehr als 300 000 Menschen haben Serbien in den Neunzigern verlassen, hauptsächlich die jungen Gebildeten. Den Exodus der Intelligenzija spürt man heute noch, sechs Jahre nach Ende der Milosevi'c-Ära; in Belgrad sieht man kaum Dreißigjährige ­ wer will schon zurückkehren aus dem blühenden Ausland? Die wenigen Hip-Hopper Belgrads können das nicht auffangen. Aber es ist ein Anfang.

Cool, aber schüchtern: Marcelo ist der Star der Belgrader Hip-Hopper. Er rappt auf Serbisch, denn nur in seiner Sprache kann er sagen, was ihn wirklich bewegt

 

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