Ein Jahr offener Begegnungen
Das Reformationsjubiläum war ein Erfolg, weil es international und ökumenisch begangen wurde
29.09.2017

Nun geht es zu Ende, das Reforma­tionsjubiläumsjahr. Ein wenig Trauer schwingt da mit. Das geht uns ja manchmal so nach einem großen Fest: Lange haben wir es vorbereitet, die Gäste eingeladen, das Essen bestellt, und dann ist alles viel zu schnell vorbei.

Wenn wir jetzt sozusagen im Fotoalbum blättern, dann sehe ich zuallererst viele Menschen, die sich beteiligt haben. Engagierte in Kirchengemeinden, die Ausstellungen, Theaterstücke und Lesungen auf die Beine gestellt haben. Prominente, wie Gundula Gause, Jürgen Klopp oder Bettina Wulff, die Aufmerksamkeit geschaffen haben für das Reformationsjubiläum, für Kirche und Glauben. Oder denken wir an die „Vaterunser-Challenge“, bei der schon bis Ende August mehr als 687 Versionen des Gebetes in allen möglichen Sprachen und Dialekten gepostet wurden. Mehr als eine halbe Million Mal wurden sie abgerufen. 

Mich hat vor allem die Weltausstellung Reformation bewegt. 16 Wochen lang haben wir in Wittenberg Begegnungen erlebt und darum gerungen, was es heute heißt, reformatorisch zu sein. Ja, ich weiß, manchen haben die Teilnahmezahlen nicht gereicht, es gab da auch Enttäuschung. Aber wenn 40 Menschen intensiv miteinander fragen, ob evangelische und muslimische Spiritualität gemeinsame Ansatzpunkte haben, dann hat das vielleicht mehr Tiefgang als ein eleganter Vortrag vor 1000 Zuhörenden.

Die Stadt Wittenberg vibrierte geradezu von Menschen aus aller Welt. Was aus den Toren Wittenbergs an Botschaft in alle Welt ging, kam in diesem Sommer in die Tore Wittenbergs zurück. Etwa als am „Global schools500reformation Day“ Schülerinnen und Schüler aus Ruanda, den Philip­pinen und den USA das „Global Pedagogical Network“ ins Leben riefen. Sie haben sich lange vorbereitet und vernetzt und werden diese Vernetzung evangelischer Schulen, Hochschulen und Bildungseinrichtungen nach 2017 ausbauen. Ein eindrücklicher Akzent, der in die Zukunft weist. 

So viele haben mitgewirkt – da wurde das Priestertum aller Getauften wirklich lebendig

Oder das Gasthaus Ökumene: Jede Woche waren dort je drei Gemeinden aus aller Welt beisammen und be­wirteten gemeinsam Gäste. Immer wieder, wenn ich dort war, gab es neue Geschichten, auch belastende, zum Beispiel als ­kanadische und südafrikanische Gemeinden entdeckten, dass die Südafrikaner von den Kanadiern bei der Ein­führung der Apartheid gelernt hatten. In Kanada ging es um den Umgang mit den Ureinwohnern. Und nun war die Frage mit Blick nach vorn: Was können wir aktuell hinsichtlich Versöhnung voneinander lernen?

So viele haben mitgewirkt – da wurde das Priestertum aller Getauften wirklich lebendig. Am intensivsten ist mir ein Bild in Erinnerung, auf dem rund 150 ordinierte Frauen aus aller Welt im Talar fröhlich winken: Die Reformation geht weiter!

Mir ist besonders wichtig, dass 2017 klar wurde: Wir feiern Reformation heute weltoffen, international und ökumenisch. Die nationalistische Enge früherer Jahrhunderte hat der Protestantismus überwunden. Und auch wenn wir verschieden bleiben, sind wir uns sehr bewusst, dass uns mit Christinnen und Christen anderer Konfessionen mehr verbindet als uns trennt. Das sind in Wittenberg im Re­formationssommer keine leeren Formeln geblieben, sondern das war jeden Tag erlebbar – etwa bei den Be­gegnungen mit Gästen aus aller Welt oder beim täglichen Mittagsgebet für die Einheit der Christen.

Klar gibt es auch Kritik, denn es gibt kein perfektes Fest. Vor allem wer nicht oder selten da war, sieht offenbar ­Mängel. Für diejenigen aber, die sich engagiert und mitgefeiert haben, war das Reformationsjubiläum 2017 ziemlich nahe an „großartig“! Dafür bin ich sehr dankbar.

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