28.09.2011

chrismon: Wozu die Frauenmahle?

Claudia Janssen: Wir möchten, dass Frauen das Wort ergreifen und dass die Lutherdekade – salopp gesagt – keine reine Männerver­anstaltung wird. Schauen Sie sich die Veranstaltungsprogramme zu Luther 2017 oder dem EKD-Reformprozess „Kirche im Aufbruch“ an: Frauenpolitische Themen und Geschlechterfragen kommen kaum darin vor. Wir wollen im Laufe dieser Lutherdekade Diskussionen über Fragen der Geschlechtergerechtigkeit durchaus provozieren. Die Frauenmahle stehen für Gastfreundschaft und Austausch. Dieses Signal wollen wir nach außen tragen. Das Konzept wurde ursprünglich für Marburg entwickelt. Es fand aber so viel Anklang, dass aus der geplanten Einzelveranstaltung eine Initiative gewachsen ist.

Wie läuft das Frauenmahl ab?

Im Oktober und November finden erstmals in zehn Städten Frauenmahle statt. An so einem Mahl nehmen bis zu 150 Frauen teil. In Tischgruppen speisen sie gemeinsam. Zwischen den Gängen gibt es Musik. Tischrednerinnen halten kurze Reden darüber, wie sie sich die Kirche der Zukunft vorstellen und was sie von ihr erwarten. Rednerinnen sind Frauen in führenden Positionen wie die Politikerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und Ursula Benzing, Operndirektorin des Staats­theaters Kassel. Aber auch Frauen verschiedener Generatio­nen und Kulturkreise sowie Vertreterinnen der christlichen Kirchen, der jüdischen und islamischen Religion. Die Reden sollen Diskussionen an den Tischen anregen. Ich erhoffe mir ein Forum, das Frauen er­mutigt, sich kirchlich und gesellschaftlich einzumischen.

Warum laden Sie keine Männer ein?

Darüber haben wir nachgedacht. Natürlich ist es wichtig, dass Männer und Frauen diese Fragen diskutieren. Das ist auch unser Ziel. Aber zunächst wollen wir Beiträge von Frauen zu wichtigen Zukunftsfragen hörbar machen. Ich könnte mir vorstellen, dass Männer und Frauen in der zweiten Hälfte der Lutherdekade gemeinsam am Tisch sitzen.

Frauenmahl und Tischreden – klingt das nicht zu altmodisch?

Wir haben diese Begriffe bewusst gewählt. Mancher denkt dabei vielleicht an Luthers Tischreden. Diese Anspielung ist durchaus gewollt. Wir möchten Traditionen aufgreifen, sie mit neuen Ideen und Inhalten beleben. Das Frauenmahl in Marburg veranstalten wir im Fürstensaal des Schlosses. 1529 fand dort das Marburger Religionsgespräch statt, bei dem die Reformatoren gemeinsame und unterschiedliche Vorstellungen des Abendmahls diskutierten. Damals wie heute geht es darum, Zukunft von Kirche zu gestalten.

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