Kunst und Kultur leisten einer Studie zufolge einen wichtigen Beitrag für die Einwanderungsgesellschaft, doch wird deren Potenzial in Deutschland noch nicht voll ausgeschöpft.
17.05.2018

Interkulturelle Kunst-, Film-, Theater und Literaturprojekte setzten oft wesentliche Impulse zur gegenseitigen Verständigung, hieß es in der am Donnerstag veröffentlichten Studie der Deutschen Unesco-Kommission in Bonn und der Bertelsmann Stiftung in Gütersloh. Doch seien sie häufig nur zeitlich befristet finanziert. Zudem spiegelten Museen, Theater und Literaturhäuser in Ausrichtung und Personal die kulturelle Vielfalt Deutschlands noch zu wenig wider.

Die Bundesrepublik sei das Land mit den drittmeisten Einwanderern weltweit, die aus 200 Nationen stammen, hieß es weiter. In der Studie "Kunst in der Einwanderungsgesellschaft" stellen die Wissenschaftlerin Burcu Dogramaci von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität und die Journalistin Barbara Haack zwölf bundesweite interkulturelle Kulturprojekte vor.

Erinnerung an die Opfer der NSU-Terroranschläge

Darunter sind die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, die mit Schülern in einem Stadtteil mit hohem Migrantenanteil eine Oper umgesetzt hat, das europäisch-arabische Tanznetzwerk "Heroes", der Internet-Blog "Migrantenstadl" oder die 15-köpfige Musikgruppe "Banda Internationale" aus Dresden, die sich gegen Rassismus einsetzt. Auch das Konzept des Jüdischen Museums in Berlin, ein Modellprojekt in Sachsen-Anhalt, das Flüchtlingskinder in Bibliotheken einlädt, und das zuletzt 2016 begangene Kölner Kulturfestival "Birlikte" in Erinnerung an die Opfer der NSU-Terroranschläge werden beleuchtet.

Auch wenn die vorgestellten Projekte allein keine Lösung für Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit bieten könnten, hätten sie doch Beispielcharakter, erklärten die Forscher. Sie setzten auf Begegnung und Verständigung von Menschen verschiedener Herkunft mit dem Ziel, langfristig ein Bewusstsein für Deutschland als Einwanderungsland zu schaffen. Auch der etablierte Kulturbetrieb und sein Publikum müssten sich weiter öffnen, forderte der Sozialwissenschaftler Kai Unzicker von der Bertelsmann Stiftung. Er sprach sich etwa dafür aus, Ensembles vielfältiger zu besetzen.

Künstler mit Migrationshintergrund fördern

Die Leiterin des Fachbereichs Kultur der Deutschen Unesco-Kommission, Christine M. Merkel, mahnte bessere finanzielle Rahmenbedingungen an. Öffentlich geförderte Kultureinrichtungen brauchten zur Planungssicherheit langfristig angelegte Förderstrukturen. Merkel forderte, vorhandene interkulturelle Kulturangebot in den Kommunen auszubauen und Künstler mit Migrationshintergrund systematisch zu fördern. "Es geht nicht nur um Kunst für Migranten, sondern auch um Kunst von und mit Migranten", betonte die Unesco-Fachfrau.

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