AfD-Fraktion im Bundestag (vorne die Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel und Alexander Gauland)
epd-bild / Christian Ditsch
Die AfD-Fraktion will im Bundestag über die Arbeit des Journalisten Deniz Yücel debattieren. Die Bundesregierung müsse sich von dessen Artikeln distanzieren, fordern die Rechtspopulisten. Ein Angriff auf die Pressefreiheit, sagen SPD und Grüne.
21.02.2018

Nach dem Willen der AfD-Fraktion im Bundestag soll die Bundesregierung Texte des Journalisten Deniz Yücel öffentlich missbilligen. Die Fraktion hat einen entsprechenden Antrag gestellt, über den der Bundestag an diesem Donnerstag debattieren wird. Die SPD und die Grünen warfen der AfD einen Angriff auf Grundrechte vor. Der Chefredakteur der "tageszeitung" (taz), Georg Löwisch, in der Yücels Artikel veröffentlicht worden waren, erklärte, die taz kämpfe für die Meinungsfreiheit und praktiziere sie auch.

In ihrem Antrag nennt die AfD-Fraktion Yücel einen "ausgewiesenen Deutschland- und Deutschen-Hasser" und wirft ihm "volksverhetzende Äußerungen" vor. Dies stehe im Missverhältnis zur "Vorzugsbehandlung" des Journalisten durch die Bundesregierung.

Schlaganfall für Sarrazin

Der AfD-Antrag bezieht sich auf satirische und besonders bissige Texte in der "tageszeitung", wo Yücel bis 2015 arbeitete. Dort hatte er sich in einer Kolumne im Jahr 2011 satirisch mit dem Bevölkerungsrückgang in Deutschland befasst. AfD-Politiker hatten den Text, in dem auch die Formulierung "Der baldige Abgang der Deutschen aber ist Völkersterben von seiner schönsten Seite" stand, wiederholt kritisiert. Yücel hatte außerdem dem Buchautor Thilo Sarrazin einen weiteren Schlaganfall gewünscht - was der "taz" eine Unterlassungsklage und eine Rüge des Presserats einbrachte. Yücel veröffentlichte daraufhin eine Klarstellung.

"Taz"-Chefredakteur Löwisch sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), er sehe, dass die AfD ihre "Provokationsroutinen" pflegen müsse. Sie solle aber "lernen, dass Texte von Journalisten nicht das Plazet einer Partei, des Parlaments oder der Politik insgesamt brauchen - jedenfalls nicht in einer Demokratie".

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Bundestag, Carsten Schneider, sieht in dem AfD-Antrag "einen Angriff auf die Grundwerte in Deutschland". Schneider sagte am Mittwoch in Berlin, die AfD habe damit eine Grenze überschritten. Die Partei greife die journalistische Freiheit an. Für die Grünen erklärte deren parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann, allein die Tatsache, dass die AfD einen solchen Antrag in den Bundestag einbringen wolle, sage viel über ihr Verständnis von Demokratie und Rechtsstaat. "Der Bundestag zensiert keine journalistischen Beiträge", sagte Haßelmann dem epd. "In unserem Land gilt die Presse- und Meinungsfreiheit."

Missbrauch für "Medienhetze"

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) warf der AfD-Fraktion vor, das Parlament für Medienhetze zu missbrauchen. Es sei "geradezu absurd, dass die AfD den Bundestag als Bühne für ihr gestörtes Verhältnis zur Presse- und Meinungsfreiheit benutzen will", kritisierte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.

Deniz Yücel, der seit 2015 als Korrespondent für die "Welt" arbeitet, war am vergangenen Freitag nach über einem Jahr aus türkischer Haft entlassen worden. Er wurde in der Türkei wegen Terrorpropaganda angeklagt. Die Bundesregierung hatte sich intensiv für seine Freilassung eingesetzt. Die Inhaftierung Yücels und weiterer deutsch-türkischer und deutscher Journalisten und Menschenrechtsaktivisten hatte zu einer schweren Belastung des deutsch-türkischen Verhältnisses geführt.

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