Ein Fall schwersten Missbrauchs bringt die Debatte um den Kinderschutz wieder in Gang. Die Politik fordert verpflichtende Fortbildungen für Familienrichter. Der Missbrauchsbeauftragte will endlich ein Gesetz zum Kampf gegen Kindesmissbrauch.
17.01.2018

Nach einem Fall schwersten Kindesmissbrauchs bei Freiburg kommt die Debatte um den Schutz von Kindern neu in Gang. Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) und der CDU-Familienpolitiker Marcus Weinberg forderten verbindliche Fortbildungen für Juristen zum Thema Missbrauch und Gewalt. Das zuständige Jugendamt hatte aufgrund eines Gerichtsurteils einen Jungen in die Obhut seiner Mutter zurückgegeben. Diese soll ihn gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten zum Missbrauch verkauft haben.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, erneuerte seine Forderung nach einem Gesetz zur Bekämpfung sexueller Gewalt gegen Kinder. Er sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Mit den bisherigen Minimallösungen werden wir die brutalen Strategien der Täter und Täterinnen nicht erfolgreich durchkreuzen." Schutz und Hilfe dürften nicht länger vom Zufall oder dem Engagement Einzelner abhängen.

Basiswissen zu Kinderschutz

Rörig forderte neue Schutzkonzepte für den digitalen Raum und eine Aufklärungs-Kampagne nach dem Vorbild der Anti-Aids-Kampagne: "Alle müssen wissen, dass Missbrauch schwerste Kriminalität und Unrecht ist", sagte er. Jeder aus dem Umfeld eines möglicherweise betroffenen Kindes könne sich anonym an das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch wenden und werde dort Hilfe und Informationen erhalten.

Familienministerin Barley sagte der "Bild"-Zeitung (Mittwoch), es brauche "mehr Sachverstand an den Gerichten". Neben verpflichtenden Fortbildungen müsse sichergestellt werden, dass alle Beteiligten effizient zusammenarbeiten. Der CDU-Familienpolitiker Marcus Weinberg sprach sich in der "Bild"-Zeitung ebenfalls für verpflichtende Fortbildungen für Richter und Jugendamtsmitarbeiter aus. Zudem sollten die Familiengerichte bei Kinderschutzfällen zukünftig nach dem Sechsaugenprinzip entscheiden.

Familienrichter und -richterinnen bräuchten Basiswissen zu Kinderschutz, sexuellem Missbrauch und seinen Folgen, erklärte auch der Missbrauchsbeauftragte Rörig. Bei Insolvenzrichtern gebe es gesetzlichen Vorgaben über belegbare Kenntnisse. Er fordere sie schon länger auch für Familienrichter.

Der Deutsche Richterbund wollte zu den Forderungen vor dem Hintergrund des aktuellen Falls bei Freiburg keine Stellung nehmen. Der Richterbund lehnt die Verpflichtung zu Fortbildungen ebenso ab wie sie zur Voraussetzung für die Übertragung bestimmter Aufgaben zu machen. Dies widerspricht aus Sicht der Richter ihrem Selbstverständnis, wonach berufliche Fortbildung selbstverständlich ist und bestmöglich unterstützt werden sollte.

Missbrauch geplant

Die Freiburger Mutter soll ihren heute neunjährigen Sohn gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, einem vorbestraften Sexualstraftäter, zwischen 2015 und 2017 im Internet zum Missbrauch an Männer verkauft haben. Das Paar war im September 2017 festgenommen worden. Das Jugendamt wollte das Kind Anfang 2017 aus der Familie nehmen, scheiterte aber im Sorgerechtsstreit an den Gerichten.

Unterdessen teilte das Bundeskriminalamt die Festnahme eines 52-jährigen Mannes in Frankfurt am Main mit, der im Verdacht steht, sich mit philippinischen Staatsangehörigen im Internet zum schweren Missbrauch mehrerer Kinder verabredet zu haben. Er wollte dazu im Februar auf die Philippinen reisen.

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.