Eine Frau informiert sich über die Inhaltsstoffe einer Konservendose.
epd-bild / Rolf Zöllner
Skandale wie die Fipronil-Eier im vergangenen Sommer haben das Vertrauen der Deutschen in die Qualität von Lebensmitteln erschüttert. Sie wünschen sich mehrheitlich mehr staatliche Kontrolle und Vorgaben, zeigt eine Umfrage.
17.01.2018

Die meisten Deutschen sind unzufrieden mit der Verbraucherpolitik von Bund und Ländern bei Lebensmitteln. Laut einer am Mittwoch in Berlin vorgestellten repräsentativen Umfrage der Georg-August-Universität Göttingen im Auftrag des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen wünschen sich zwei Drittel (66 Prozent) der Bevölkerung mehr staatliche Eingriffe in die Lebensmittelindustrie.

Vier von fünf Befragten (79 Prozent) befürworteten die Einführung einer Ampelkennzeichnung auf Verpackungen zum Fett-, Salz-, Zucker- und Kaloriengehalt der Produkte. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) plädiere für eine verbindliche Festlegung von Höchstmengen für Zucker, Fett und Salz, sagte der Lebensmittel- und Agrarexperte Achim Spiller von der Universität Göttingen kurz vor dem Start der Internationalen Grünen Woche. Die Agrarmesse beginnt am Freitag.

"Schwarze Schafe"

67 Prozent der Deutschen sprechen sich der Umfrage zufolge auch für ein Verbot für an Kinder gerichtete Werbung aus. Lebensmittelskandale wie um die Fipronil-Eier im vergangenen Sommer hätten zudem das Vertrauen der Verbraucher in die Erzeuger nachhaltig erschüttert. So gingen 64 Prozent der Befragten davon aus, dass es auf dem Lebensmittelmarkt viele "schwarze Schafe" gibt, 44 Prozent trauten sich eine Beurteilung der Qualität von Lebensmitteln nicht mehr zu.

Große Defizite sehen die Deutschen auch bei Lebensmittelwarnungen. Nur 38,5 Prozent fühlen sich laut Umfrage durch die staatlichen Stellen gut bis sehr gut informiert. Das gemeinsame Internetportal von Bund und Ländern lebensmittelwarnung.de sei nur etwas mehr als 13 Prozent der Verbraucher bekannt. Davon schaue aber nur ein Prozent häufig darauf, um sich zu informieren, hieß es. An der Online-Befragung nahmen im November mehr als 1.000 Verbraucher teil.

Verbraucherzentralen-Vorstand Klaus Müller sieht in der Umfrage einen klaren Arbeitsauftrag für die neue Bundesregierung. Seit Jahren herrsche an diesen Punkten "praktisch Stillstand", sagte Müller. Das müsse sich umgehend ändern. Bei Ernährung und Lebensmitteln dürfe die Politik nicht länger auf Zeit spielen.

Die Verbraucherschützer fordern eine bessere personelle Ausstattung der Lebensmittelüberwachungen, eine bessere und transparentere Krisenkommunikation und die staatliche Förderung gesunder Ernährung. Dazu gehöre auch die Einführung einer Lebensmittelampel, die bislang von Bundesregierung und Lebensmittelindustrie verhindert werde. "Deutschland wird immer dicker", warnte Müller, "mit Folgen für Gesundheit und Gesundheitskosten."

"Zweite Spielhälfte"

Auch die regionale und qualitative Kennzeichnung von Lebensmitteln müsse ausgebaut werden, sagte Müller weiter. Laut der Umfrage wollen vier von fünf Deutschen (79 Prozent) erkennen können, ob das Lebensmittel aus tierfreundlicher Haltung stammt. Zwei Drittel (69 Prozent) wären bereit, für bessere Haltungsbedingungen mehr Geld für Fleisch zu bezahlen. Ebenfalls für zwei Drittel spiele die Regionalität des Produktes eine wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) habe zwar viel angekündigt, aber praktisch nichts davon umgesetzt, kritisierte der Müller. Sollte Schmidt auch in der nächsten Bundesregierung im Amt bleiben, wünsche er sich eine "zweite Spielhälfte mit viel Dynamik und Pressing nach vorne". Könne der CSU-Politiker das nicht leisten, sollte er seinen Posten räumen, forderte Müller.

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