AfD-Vorsitzende Frauke Petry bei einem Treffen von europäischen Rechtspopulisten in Düsseldorf 2016
epd-bild/Stefan Arend
Die Ablehnung der AfD ist Konsens aller großen Parteien. Sie auszugrenzen, könnte die Partei aber nur noch mehr Rückhalt verschaffen, warnen Experten.
21.09.2017

Experten warnen vor einer Ausgrenzungsstrategie gegenüber der AfD. "Eine Ausgrenzung bestärkt die Wähler in ihrem Eindruck, dass die populistische Partei als einzige eine Alternative zu den etablierten Parteien formuliert", sagte der Siegener Politikwissenschafter Tim Spier dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Historiker Michael Wolffsohn kritisiert in dem Zusammenhang auch die Bezeichnung der AfD als Nazi-Partei.

Spier verwies auf Erfahrungen aus Belgien in den 1990er Jahren, als die etablierten Parteien einen sogenannten Sperrgürtel ("cordon sanitaire") gegen die rechtspopulistische Partei Vlaams Blok gebildet hatten. "In der Zeit der Ausgrenzungsstrategie ist diese immer stärker geworden." In ähnlicher Form sei man bisher ohne Erfolg auch in Frankreich gegen den Front National vorgegangen.

Politische Kultur geschädigt

Die aus Skandinavien bekannte Einbindungsstrategie gehe dagegen bis hin zur Regierungsbeteiligung der Populisten. "In der Regel verlieren die Populisten bei der nächsten Wahl an Zustimmung", erläuterte der Politikwissenschaftler der Universität Siegen. Schließlich seien sie zwischenzeitlich Teil des von ihnen geschmähten "Establishments" geworden. Durch die Einbindung könnten Populisten allerdings einen Teil ihrer Forderungen durchsetzen und es bestehe die Gefahr, dass die politische Kultur eines Landes dauerhaft geschädigt werde.

Generell plädierte Spier für einen "normalen Umgang" mit Populisten in Parlamenten, ganz so, wie man mit anderen kleinen Parteien umgehe. Auf diese Weise könnten sie sich nicht als "Opfer" der etablierten Parteien darstellen.

Historiker Wolffsohn warnte davor, die AfD als Nazi-Partei zu bezeichnen. Wer versuche, dieses neue Phänomen mit alten Vokabeln zu bekämpfen, werde die AfD nur stärken, sagte der Publizist am Donnerstag im Deutschlandfunk. Eine solche Umschreibung zeige die Hilflosigkeit der Politik und der Gesellschaft, mit dem neuen Phänomen einer extremen Rechten fertig zu werden.

Euro- und Flüchtlingskrise beunruhigten Deutsche

"Es stimmt teilweise, dass es in der AfD alte und neue Nazis gibt", sagte Wolffsohn. Ursache für den wahrscheinlichen Einzug der Partei sei aber vielmehr, dass es erstmals in der deutschen Geschichte neue Gründe gebe, die weite Teile der Bevölkerung beunruhigten. Als Beispiele nannte der Historiker die Eurokrise.

Außerdem gebe es einen nicht zu leugnenden Zusammenhang zwischen dem Zuzug von Flüchtlingen und dem Anstieg des Terrorismus in Deutschland. Das bedeute nicht, dass alle Flüchtlinge Terroristen seien, betonte Wolffsohn. Aber die neuen Herkunftsländer Syrien und Irak sowie Nordafrika seien die Regionen, aus denen bislang die Terroristen gekommen seien: "Das kann man eben nicht bestreiten. Und das sind keine Nazi-Probleme", resümierte er. Gleichzeitig betonte der Historiker, der Einzug der AfD in den Bundestag werde das Parlament "natürlich verändern".

Ähnliches erwartet auch der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Er rechnet mit einer deutlichen Veränderung des Tons im Parlament, wie er in der Berliner "tageszeitung" sagte. Einzelne AfD-Politiker könnten die "Geschäftsordnung so verbiegen, um das Parlament vorzuführen": "So schräg können Sie gar nicht denken", sagte Ramelow.

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