Köln (epd). Die Wahlprogramme der Parteien vernachlässigen nach Ansicht der Frauenrechtlerin Jeannette Böhme frauenpolitische Themen. Die Bundesregierung sei durch die UN-Resolution "Frauen, Frieden und Sicherheit" dazu verpflichtet, sich für die Rechte von Frauen einzusetzen, betonte die Referentin für Politik und Menschenrechte bei Medica Mondiale im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). In den meisten Programmen zur Bundestagswahl am 24. September fehle jedoch eine klare Stellungnahme der Parteien zur Bekämpfung von sexualisierter Kriegsgewalt gegen Frauen. "Das ist ernüchternd."
Böhme: Handlungsbedarf in der Asylpolitik
Von der zukünftigen Bundesregierung fordert die Frauenrechtsorganisation eine "feministische Außen- und Asylpolitik", erläuterte Böhme. Dazu gehöre beispielsweise, dass Vergewaltiger international strafrechtlich verfolgt würden. Zudem müssten Frauenrechtlerinnen diplomatisch geschützt werden. "Viele unserer Partnerinnen werden vor Ort angefeindet oder erhalten per SMS Todesdrohungen." Medica Mondiale setzt sich seit 1993 für Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten wie dem Kosovo, Afghanistan und Uganda ein. Neben gynäkologischer Versorgung, psychosozialer und rechtlicher Unterstützung bietet die Organisation auch Programme zur Existenzsicherung.
Böhme sieht auch in der Asylpolitik Handlungsbedarf. So sollte geschlechtsspezifische Gewalt als Fluchtursache und Asylgrund in der Praxis tatsächlich anerkannt werden, forderte sie. Frauen und Mädchen müssten zudem in Flüchtlingsunterkünften vor sexuellen Übergriffen und Gewalt geschützt werden.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen habe bereits vor mehr als 15 Jahren festgestellt, dass der Schutz von Frauen in bewaffneten Konflikten eine Frage der internationalen Sicherheit sei, führte Böhme aus. Auch in den vor zwei Jahren vereinbarten UN-Nachhaltigkeitszielen ist der besondere Schutz von Frauen enthalten. Wenn Überlebende sexualisierter Gewalt ihre Erfahrungen nicht aufarbeiten könnten, setze sich die Gewaltspirale fort. "Traumata werden auf die nächste Generation übertragen und destabilisieren Nachkriegsgesellschaften", erläuterte sie: "Wenn wir dauerhaften Frieden wollen, müssen wir Frauen vor Gewalt schützen."
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