Bundestag-Plenum
epd-bild/Juergen Blume
Der Bundestag hat einem Zeitungsbericht zufolge jahrelang Scheinselbstständige beschäftigt. Ein Sprecher des Parlaments sagte dem Evangelischen Pressdienst (epd) am Freitag in Berlin, nach einem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg würden indes noch Rechtsmittel geprüft.
16.08.2017

Laut Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag) wurden für mehr als 100 Mitarbeiter beim Besucherdienst und in der Öffentlichkeitsarbeit jahrelang keine Sozialbeiträge entrichtet. Die Bundestagverwaltung hätten deshalb bislang fast 3,5 Millionen Euro an Sozialversicherungsbeiträgen an die Deutsche Rentenversicherung (DRV) nachzahlen müssen.

Nach den Erkenntnissen der Prüfer der Rentenversicherung hätte der Bundestag die Mitarbeiter nicht als Freiberufler sondern als Angestellte beschäftigen müssen. Dabei handelt es sich um Besucherführer im Reichstagsgebäude wie auch Besucherbetreuer und mobile Arbeitskräfte, die etwa bei Messen und Wanderausstellungen über die Arbeit des Parlaments informieren.

Keine Revision zugelassen

In einem Musterfall hatte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg der Rentenversicherung Recht gegeben: Der Bundestag hätte demnach eine Honorarkraft als Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig anstellen müssen. Der Mitarbeiter des Bundestags habe "kein Unternehmerrisiko" getragen und kein "eigenes Kapital oder eigene Arbeitsmittel" eingesetzt. "Gegenstand, Ort und Zeit der Tätigkeit" seien einseitig durch die Bundestagsverwaltung vorgegeben. Insofern spreche "mehr für eine abhängige Beschäftigung als eine selbstständige Tätigkeit", heißt es in dem Urteil. Eine Revision vor dem Bundesssozialgericht ließen die Richter nicht zu.

Die Bundestagsverwaltung will aber nicht aufgeben. Wie ein Sprecher des Bundestages bestätigte, prüft sie gegenwärtig, ob nicht doch Revisionsgründe vorliegen und sie eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung einer Revision einlegen kann.

"Als Arbeitgeber ein Vorbild"

Weder Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), noch die Vizepräsidentinnen Ulla Schmidt (SPD) und Petra Pau (Linke) wollten sich dem Zeitungsbericht zufolge deshalb zu dem Fall äußern. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Katja Keul, sprach sich dafür aus, die betroffenen Mitarbeiter sozialversicherungspflichtig anzustellen. "Der Bundestag muss als Arbeitgeber ein Vorbild sein, wenn es darum geht, sich an die eigenen Gesetze zu halten. "Dem sei die Bundestagsverwaltung in den beanstandeten Fällen nicht gerecht geworden. "Dieses Verhalten hat dem Ansehen des Bundestags erheblich geschadet", sagte Keul der "Süddeutschen Zeitung".

Bislang bekannt war dem Zeitungsbericht zufolge, dass der Bundestag bereits für die Jahre 2006 bis 2010 knapp 2,5 Millionen Euro an Sozialbeiträgen nachzahlen musste. Eine weitere Million wurde nach Angaben des Bundestags für etwa 60 Mitarbeiter in der mobilen Öffentlichkeitsarbeit für den Zeitraum 2010 bis 2013 fällig. Diesen Bescheid erhielt die Bundestagsverwaltung nach eigenen Angaben Anfang 2017.

Nachzahlungen und Rückerstattungen

Die Betriebsprüfer der Rentenversicherung kontrollieren alle vier Jahre, ob Arbeitgeber wie vorgeschrieben für nicht selbstständige Beschäftigte Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zahlen. Im vergangenen Jahr forderten sie bundesweit rund 1,1 Milliarden Euro an Sozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen nach. 83,5 Millionen Euro waren von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu viel bezahlt worden und wurden ihnen gutgeschrieben. Im Vorjahr bewegten sich die Nachzahlungen und Rückerstattungen in derselben Höhe.

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