Zeichen der Solidarität mit Homosexuellen: Das Brandenburger Tor erstrahlte 2016 in Regenbogenfarben.
epd-bild/Rolf Zöllner
Der Bundestag hat beschlossen, schwule Männer, die nach dem früheren Paragrafen 175 des Strafgesetzbuch verurteilt wurden, zu rehabilitieren. Doch es gibt auch Kritik an der richtungweisenden Entscheidung.
23.06.2017

Schwule Männer, die noch nach 1945 wegen einvernehmlichem Sex verurteilt wurden, können rehabilitiert werden. Der Bundestag beschloss am Donnerstagabend einstimmig, gegen sie ergangene Urteile aufzuheben und die Betroffenen zu entschädigen. Vertreter von Lesben und Schwulen sprachen von einem "historischen Schritt". Erstmals werden damit zur Zeit der Bundesrepublik gefällte Urteile pauschal aufgehoben.

Der frühere Paragraf 175 im Strafgesetzbuch, der in der Kaiserzeit eingeführt wurde und im Nationalsozialismus die Grundlage für die Verfolgung und Ermordung Homosexueller war, galt auch in der Bundesrepublik und DDR weiter fort. Nach Angaben der Antidiskriminierungsstelle wurden in der Bundesrepublik bis 1969 rund 50.000 Männer wegen ihrer Sexualität verurteilt. Dann wurde der Paragraf entschärft, aber erst 1994 komplett abgeschafft.

Langer politischer Streit beendet

Die pauschale Aufhebung von Urteilen gegen Schwule war lange umstritten. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete den Bundestagsbeschluss als "späten Akt der Gerechtigkeit". Die Bundesregierung geht laut Gesetzentwurf davon aus, dass maximal 5.000 Betroffene von der Neuregelung profitieren. Sie erhalten eine Entschädigung in Höhe von 3.000 Euro, wenn das Urteil aufgehoben wird. Haftstrafen werden mit 1.500 Euro pro Jahr entschädigt.

Der Lesben- und Schwulenverband kritisierte die Entschädigungsregelungen als unzureichend, weil bereits Ermittlungen gesellschaftliche Ächtung und Arbeitsplatzverlust bedeutet hätten. Diese Auswirkungen seien bis heute bei der Rente spürbar.

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