Nach heftiger Kritik an WDR und Arte hat das Erste eine von beiden Sendern abgelehnte TV-Dokumentation über Antisemitismus am späten Mittwochabend doch gezeigt.
22.06.2017

In einer anschließenden Runde bei "Maischberger" wurden der umstrittene Film "Auserwählt und ausgegrenzt - Der Hass auf Juden in Europa" und das Verhalten von WDR und Arte diskutiert. WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn wies erneut auf "gravierende journalistische Mängel" hin. Der Historiker Michael Wolffssohn nannte den Film trotz möglicher Fehler "sehr gut".

WDR-Programmdirektor sieht gravierende Mängel

Schönenborn unterstrich, eine gründliche Prüfung des Beitrags habe sieben Persönlichkeitsrechtsverstöße und 25 inhaltliche oder journalistische Fehler ergeben. Journalistische Standards seien nicht eingehalten worden, so sei etwa versäumt worden, angegriffenen Personen die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben.

Der WDR habe an acht Stellen korrigierend eingegriffen, hieß es, dazu wurden kurze Stellungnahmen in den Film schriftlich eingeblendet. Zudem gab es online einen WDR-Faktencheck zur Doku, der Fehler richtigstellen sollte. Der Sender hatte auch die ursprüngliche Entscheidung, den Beitrag nicht zu senden, mit handwerklichen Mängeln begründet.

Wolffssohn attackiert Sender

Der Publizist Wolffssohn wollte dies nicht gelten lassen. Der WDR habe Monate lang Zeit gehabt, die vermeintlichen oder tatsächlichen Fehler zu klären und mit den Filmemachern zu reden. Er habe aber "nichts getan". Auch habe es beim WDR schon Dokus gegeben, "die vor Fehlern strotzten", und gesendet worden seien, etwa über den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders oder die Bank Goldmann & Sachs, so Wolffssohn. Er warf dem Sender so "doppelte Standards" vor, der WDR sei auf Boykott ausgewesen.

Laut Schönborn hat es dagegen keine Sendepause zwischen dem WDR und den Produzenten des Films, Joachim Schroeder und Sophie Hafner, gegeben. Vielmehr sei man in "ständigem Kontakt" gewesen. "Es passiert, dass ein Film nicht gelingt", so der Programmchef und warb um "Vertrauen". Es laufe ihm "kalt den Rücken runter", wie oft hierzulande von Zensur gesprochen werde, während in vielen anderen Ländern Medien tatsächlich unterdrückt würden. Er verwies auf eine "hohe Glaubwürdigkeit der Medien in Deutschland" und das Recht der Pressefreiheit. Es dürfe nicht soweit kommen, dass Druck und Kampagnen in der Öffentlichkeit darüber entschieden, wie Medien berichten.

Der WDR und Arte als Auftraggeber des Films hatten sich erst dazu entschieden, den Film zu zeigen, nachdem bild.de ihn für 24 Stunden präsentiert hatte - "rechtswidrig", wie Schönborn betonte.

An der Vorgehensweise von Arte und WDR hatte es in den vergangenen Wochen viel Kritik gegeben. So hatte sich unter anderen der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, verwundert gezeigt, dass die Doku nicht gezeigt werden sollte.