Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Berlin
epd-bild/Christian Ditsch
Bund und Länder sind sich über Kürzungen nicht einig. Eine Arbeitsgruppe soll nun Kompromissvorschläge ausarbeiten.
27.04.2017

Die von der Bundesregierung geplanten Kürzungen bei den Sozialleistungen für Flüchtlinge bleiben ein Streitthema zwischen Bund und Ländern. Der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag vertagte am Mittwochabend die Verhandlungen über das entsprechende Gesetz, wie die Länderkammer mitteilte. Eine Arbeitsgruppe soll nun mögliche Kompromisslinien ausloten. Der Bundesrat hatte die geplanten Einschnitte im Dezember abgelehnt und das Gesetz damit zumindest vorerst gestoppt.

Alte Beträge

Die Leistungen für erwachsene Asylberechtigte sollen nach dem Gesetzentwurf des Bundessozialministeriums von 354 auf 332 Euro sinken. Strom- und Wohnungsinstandshaltungskosten sollten dafür aus dem Satz ausgegliedert und als Sachleistungen erbracht werden. Alleinstehende Flüchtlinge, die in einer Gemeinschaftsunterkunft und nicht in einer eigenen Wohnung leben, sollen den Plänen zufolge zehn Prozent weniger bekommen.

Die vom Bundestag bereits verabschiedeten Leistungskürzungen sollten schon im Januar inkraft treten. Solange das Gesetz in der Schwebe ist, müssen die alten Beträge gezahlt werden. Nachdem der Bundesrat seine für das Inkrafttreten notwendige Zustimmung verweigert hatte, rief die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss an, um mit den Ländern einen Kompromiss zu finden.

Flüchtlinge bekommen in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Danach gelten für sie die gleichen Regelungen wie für Einheimische. Haben sie keine Arbeit, fallen sie dann damit in Hartz IV.

Zahlen nicht überraschend

Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger aus nicht-europäischen Asylländern ist stark gestiegen. Die Bundesagentur für Arbeit hat Ende vergangenen Jahres 698.872 solcher Bezieher registriert, knapp 400.000 mehr als Ende 2015, wie die Bundesagentur einen Bericht der "Bild"-Zeitung (Donnerstag) bestätigte. Die meisten der Hartz-IV-Empfänger kamen aus Syrien (466.052, plus 220 Prozent), dem Irak (96.002, plus 64,7 Prozent) und Afghanistan (52.323, plus 46,4 Prozent).

Die Zahlen entstammen einem Bericht zur Auswirkung der Migration auf den Arbeitsmarkt, der bereits Ende März veröffentlicht worden war. Insgesamt waren zuletzt durchschnittlich jeweils um die sechs Millionen Hartz-IV-Empfänger in Deutschland erfasst. Der Anstieg der Zahl der Hartz-IV-Empfänger aus Asylherkunftsländern kommt für die Bundesagentur aufgrund der Fluchtbewegung seit Sommer 2015 nicht überraschend. Man habe damit gerechnet, sagte ein Sprecher der Behörde.

Gestiegen ist dem Bericht zufolge derweil auch die Zahl der Beschäftigten aus den Asylherkunftsländern: Rund 178.000 von ihnen hatten im Januar dieses Jahres eine Arbeit - rund 57.000 Menschen mehr als im Jahr zuvor. Die Mehrheit davon (rund 131.000) war sozialversicherungspflichtig beschäftigt.