Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) (Archivbild)
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der Türkei im Falle des inhaftierten "Welt"-Journalisten Deniz Yücel einen Bruch der Rechtstaatlichkeit vorgeworfen.
27.04.2017

Es sei mit einem Rechtsstaat nicht vereinbar, wenn die türkische Exekutive Vorverurteilungen vornehme, "wie das etwa mit Deniz Yücel öffentlich geschehen ist", sagte die Kanzlerin am Donnerstag in ihrer Regierungserklärung im Bundestag in Berlin.

"Hohes Gut der Meinungs- und Pressefreiheit"

Die Bundesregierung werde nicht nur mit Blick auf Yücel, sondern angesichts der vielen derzeit in der Türkei laufenden Strafverfahren "unvermindert wieder und wieder die Einhaltung rechtlicher Standards einfordern, einschließlich des hohen Guts der Meinungs- und Pressefreiheit", sagte die Kanzlerin.

Sie unterstrich, das deutsch-türkische und europäisch-türkische Verhältnis sei nach dem Referendum zugunsten von Präsident Recep Tayyip Erdogan stark belastet. Die massiven Bedenken, die die Kommission des Europarats zu Inhalt und Verfahren und der Verfassungsreform geäußert habe, "wiegen schwer". Die Bundesregierung werde "sehr genau verfolgen, wie die Türkei sich bei der Aufklärung möglicher Unregelmäßigkeiten verhält", aber sich weiterhin bemühen, mit Ankara zu einem konstruktiven Dialog zurückzukehren.

Yücel, der die deutsche und die türkischen Staatsbürgerschaft besitzt, hatte sich Mitte Februar freiwillig den türkischen Behörden gestellt. Nach zweiwöchigem Polizeigewahrsam wurde er wegen des Vorwurfs der Terrorpropaganda im Gefängnis von Silivri in Einzelhaft genommen. Seine Anwälte wandten sich an das türkische Verfassungsgericht, um seine Freilassung zu erreichen. Anfang April durfte erstmals ein deutscher Botschaftsvertreter mit Yücel sprechen.