Im Pflegeheim
epd-bild / Thomas Lohnes
Die Zahl der von den Pflegekassen anerkannten Pflegebedürftigen ist seit Jahresanfang gestiegen. Jetzt muss die Zahl der Pflegekräfte steigen, fordert der Medizinische Dienst der Krankenversicherung.
21.04.2017

Die Umstellung von den alten drei Pflegestufen auf die fünf neuen Pflegegrade ist in den ersten Monaten des Jahres nach Einschätzung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) weitestgehend reibungslos verlaufen. Die Resonanz bei Versicherten und Gutachtern des MDK sei positiv, die Kassen seien für einen weiter zu erwartenden Anstieg der Fallzahlen gut gerüstet, erklärte der Medizinische Dienst am Freitag in einer ersten Auswertung nach 100 Tagen der neuen Einstufung in Berlin.

Mit der Pflegereform zum Jahreswechsel und der damit erfolgten Umstellung von drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade stieg laut MDK die Zahl der als pflegebedürftig erfassten Menschen: Fast 129.000 Menschen erhielten im ersten Quartal 2017 erstmals Leistungen aus der Pflegeversicherung. Von ihnen kamen über 43.000 in den neu geschaffenen Pflegegrad 1, der vor allem Sachmittel zur Unterstützung der Pflege vorsieht. Rund 54.000 Pflegebedürftige wurden in Pflegegrad 2 eingestuft, 2.100 erhielten den höchsten Pflegegrad 5.

Acht Wochen Bearbeitungszeit

Im ersten Quartal 2017 begutachteten die Mitarbeiter des MDK mehr als 222.000 Menschen nach dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff. Das sei ein Anstieg von 31 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2016, in dem noch die drei alten Pflegestufen galten. Mit den noch von 2016 offenen Anträgen und den Neuanträgen kam der Medizinische Dienst im ersten Quartal 2017 auf über 456.000 Gutachten.

Durch die hohen Auftragszahlen verlängerten sich die Zeiten zwischen Gutachten und Leistungsentscheid der Krankenkassen auf durchschnittlich 23 Tage, sagte Peter Pick, Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (MDS). "Wer heute einen Pflegeantrag stellt, muss mit einer Bearbeitungszeit von bis zu acht Wochen rechnen", sagte er. Ausgenommen davon seien gesetzlich geregelte Fristen für dringende Fälle wie die Ein-Wochen-Frist, die für pflegebedürftige Person gilt, die nach einem Krankenhausaufenthalt eine Pflege brauchen.

Angemessene Bezahlung

Bei rund 80 Prozent der Anträge empfahlen die Gutachter die Einstufung nach dem neuen System. Viele, die zuvor in der Pflegestufe 1 waren, seien höher gestuft worden. Für die Zukunft rechnet Pick damit, dass 90 Prozent der Antragsteller auf einen Pflegegrad einen positiven Bescheid erhalten werden. Im alten System lag die Anerkennungsquote laut Pick bei 75 Prozent.

Die neue Regelung könne allerdings nicht den Pflegenotstand beseitigen, sagte Pick. Um mehr Pflegekräfte zu gewinnen, müsse es eine bessere Ausbildung und bundesweit eine angemessene Bezahlung geben. Rainer Kasperbauer, Geschäftsführer des MDK Bayern, betonte aber, dass nicht alle Pflege-Tätigkeiten einen qualifizierten Berufsabschluss benötigten. Unter anderem gehe es auch um Vorlesen oder Spazierengehen mit Demenzkranken.