Portrait Anne Buhrfeind, chrismon stellvertretende ChefredakteurinLena Uphoff
02.01.2012

Bewertung

Liturgie
4
Predigt
4
Musik
3
Atmosphäre
5

Die Flure im Krankenhaus wirken leer und leise an diesem Sonntagmorgen, aber im Raum der Stille ist es gar nicht so still. Die Gottesdienstbesucher sitzen auf zwei Bänken entlang der Wände, sie müssen zusammenrücken, weil immer noch jemand kommt. Zwanzig sind es am Ende. Manfred Rosenau, evangelischer Pastor, kündigt einen ökumenischen Gottes­dienst an. Lukas 16 ist der Predigttext. Das Gleichnis vom unehrlichen Ver­walter, der so großzügig Schulden erlässt.

Nächste Woche ist Ewigkeitssonntag, sagt Rosenau. Ewigkeitssonntag, was ist das?, fragt einer der Besucher. Im UKE begeht man ihn mit einer Gedenk­feier für alle Kinder, die im Krankenhaus gestorben sind... Eine Frau schluchzt laut auf und läuft hinaus, nach kurzem Zögern folgt ihr der Pfarrer. Ein paar Minuten, dann kommen beide wieder. Rosenau versucht, den Zwischenfall nicht zu übergehen und doch in seine Predigt zurückzufinden. „Wir hoffen, dass alles gut wird“, sagt er. Und erinnert daran, dass man die Schulden, das Leid nicht allein tragen muss. Nicht alles. Vielleicht achtzig Prozent. Oder fünfzig.

Eine Menge Leid ist versammelt im kleinen Raum der Stille im großen Krankenhaus. Der Pfarrer lädt ein zum Gebet – jeder darf dabei nach vorn kommen, eine Kerze anzünden und ein Wort sagen für sich oder für einen Angehörigen. Es werden viele Worte, für die Angst und die großen Sorgen, die auch in den Gesichtern stehen. Angst vor der Operation morgen, Sorge um die zwölfjährige Tochter im Rollstuhl, aber auch Dankbarkeit für überstandene Eingriffe. „Hilf mir“, fleht die Frau, die vorhin so weinen musste und jetzt wieder. „Man will mir mein Kind nehmen. Wenn morgen nicht ein Wunder geschieht.“ Eine andere Besucherin geht vor der Verzweifelten in die Knie und bittet Jesus um dieses Wunder. Der Pfarrer sorgt sehr behutsam dafür, dass das hier kein Pfingstler-Treffen wird: Seelsorge im Gottesdienst.

So viel Druck, Leidensdruck, der sich hier Bahn bricht. Wenn sie vom Tränenfeld singen, von der Hoffnung auf süßen Trost, dann ahnt man, dass die beiden Männer mit den Pflastern auf ihren rasierten Schädeln, die blasse Frau mit dem ernsten Blick mehr von all dem wissen als die üblichen Gottesdienstbesucher. Und die junge Frau mit dem sehr runden Babybauch, hält sie das aus? „Ach“, sagt sie und lächelt schwach. „Man ist so emotional in meinem Zustand.“ Es werden Zwillinge, es geht ihnen gut, und hoffentlich kommen sie bald.

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Krankenhausseelsorge am UKE
Martinistraße 52
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Tel:  (040) 7410-57003
Fax: (040) 7410-40082
E-Mail: krankenhausseelsorge@uke.uni-
hamburg.de
Der Raum der Stille
 

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