Frauchen brauchen keine Kritik an ihren Lebensentwürfen. Sie brauchen echte Wahlfreiheit
15.11.2010

Frauen haben in unserem Land viel erreicht. Sie machen die besseren Bildungsabschlüsse in den Schulen, ziehen in manche Chefetagen ein, werden Fußballweltmeisterinnen, und die Republik hat sich sogar an eine Bundeskanzlerin gewöhnt. Gut, Frauen verdienen noch immer im Durchschnitt 22 Prozent weniger als Männer, und rund 30 Prozent aller Männer lehnen eine Frau als Dienstvorgesetzte ab. Jede dritte Frau wird auch bei uns einmal in ihrem Leben Opfer einer Gewalttat, und Prostitution wie Pornografie bleiben eine Herausforderung. Aber im Grunde, sagen mir viele, sei das Thema "Gleichberechtigung" doch abgeschlossen, allenfalls noch eine Aufgabe in muslimisch geprägten Ländern oder in Ländern des Südens. Und "Gender-Awareness" gilt manchen geradezu als Unfug.

Frauen haben in unserem Land nicht viel Wahlfreiheit

Im vergangenen Jahr wurde aber auf einmal deutlich, wie heftig die Lebensentwürfe von Frauen immer wieder kritisiert werden. Dabei haben Frauen in unserem Land gar nicht so viel Wahlfreiheit. Vor allem was die Kinderbetreuung betrifft, ist sie noch in weiter Ferne. Wer allen Ernstes das Gespenst eines "DDR-Krippenzwangs" an die Wand malt, hat noch nie versucht, einen Krippenplatz etwa in Niedersachsen zu finden, wo es für 1000 Kinder unter drei Jahren nur etwa 50 solcher Betreuungsplätze gibt. Und er hat noch nie eine Krippe oder eine Kindertagesstätte besucht, um zu erleben, was für eine qualifizierte und großartige Arbeit die Erzieherinnen dort heute leisten.

Egal, wie sich Frauen entscheiden - kritisiert werden sie so oder so. Verzichten sie auf Berufstätigkeit, um sich der Erziehung ihrer Kinder zu widmen, werden sie schnell als "Heimchen am Herd" abqualifiziert. Die Erziehungsleistung und auch die Pflegeleistung, die 15 Millionen Hausfrauen in unserem Land erbringen, wird letzten Endes nicht anerkannt, sondern eher abschätzig bewertet.

"Rabenmütter" - "Gebärmaschinen" -  "karrierefixierte Zicken"

Wollen Frauen mit Kindern auf die Berufstätigkeit nicht verzichten, gelten sie vielen als "Rabenmütter". Wer einmal versucht, diesem Begriff, den es nur im Deutschen gibt, auf die Spur zu kommen, findet heraus, dass die Ornithologie früher einmal davon ausging, Raben würden ihre Jungen aus dem Nest stoßen, wenn sie sich mit dem Füttern überfordert fühlen. Diese These gilt inzwischen als widerlegt - jedenfalls bei den Vögeln. Und das Wort "Gebärmaschine" ist für mich ohnehin Unwort des Jahres 2007.

Frauen, die keine Kinder haben und auf die 40 zusteuern, müssen sich heute geradezu öffentlich rechtfertigen, ganz gleich, ob sie keinen Partner haben, der mit ihnen Kinder großziehen möchte, ob sie gerne ein Kind hätten, aber nicht schwanger werden können, oder ob sie um des Berufes willen auf Kinder verzichten. Schnell steht dann der Vorwurf im Raum: "karrierefixierte Zicken".

Berufswunsch: "Ministerin! "

Ich wünsche mir, dass endlich verschiedene Lebensentwürfe gleichrangig respektiert werden. Wir sind auf einem guten Weg dorthin. Was wir aber dafür brauchen, ist Freiheit und eine Vielfalt an Vorbildern, damit niemand mehr über das kleine Mädchen lacht, das auf die Frage nach seinem Berufswunsch sagt: "Ministerin! " Vorbilder sind für mich Frauen, die bewusst leben, die ihre eigene Wertebasis klarstellen und zu ihren Stärken wie zu ihren Schwächen stehen.

Es ist eine Frage der Freiheit, dass Frauen wählen können. Und Freiheit ist ein sehr evangelisches Thema. Ich wünsche jeder Frau, dass sie die Chance hat, in eigener Verantwortung zu entscheiden, wie sie leben will. Nicht nur bei uns, sondern weltweit. Da geht es auch um die Entfaltung der Gaben, die Gott uns gegeben hat.

 

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