Thomas Meyer/Thomas Meyer/ OSTKREUZ
Christoph Johannes MarkschiesThomas Meyer/OSTKREUZ
03.01.2014
3. Sonntag nach Epiphanias
...Und Petrus sagte zu ihnen: Ihr wisst, dass es einem jüdischen Mann nicht erlaubt ist, mit einem Nichtjuden Umgang zu haben oder zu ihm zu kommen; aber Gott hat mir gezeigt, dass ich keinen Menschen für unheilig oder unrein halten darf. Darum habe ich mich nicht geweigert zu kommen, als ich geholt wurde . . .
Apostelgeschichte 10,21-35

Gelegentlich passiert das wohl. Menschen lassen alle Schranken hinter sich, Schranken der Religion, der guten Sitten und ihres scheinbar guten Rechtes. Sie geben einem anderen Menschen erstmals – oder erstmals wieder seit langer Zeit – die Hand und grüßen freundlich.

Normal ist das nicht. Normal ist eher das Gegenteil: Immer wieder einmal habe ich mit Kolleginnen und Kollegen zu tun, die am Institut nicht mehr die Hand geben, zu Boden schauen, wenn sie den anderen begegnen und mürrisch „guten Tag“ brummeln. Es ist offenkundig, dass sie denen, die sie treffen, alles andere als einen guten Tag wünschen. In aller Regel gibt es scheinbar gute Gründe für solches Verhalten. Zum Beispiel diesen: „Es ist mein gutes Recht, schrecklichen Zeitgenossen, die mir wehgetan haben, nicht die Hand zu schütteln.“

Sehr Strenggläubige meiden  Personen, die sie für „unrein“ halten

In bestimmten Ländern gehört es zur guten Sitte, dass man eine unverheiratete Frau nicht berührt, und darf ihr also auch keine Hand schütteln. Und schließlich ­definieren die Religionen immer wieder Zustände von Unreinheit, in der solche Unreinen grundsätzlich nicht berührt werden dürfen.

Über all das kann ich mich schon deswegen nicht erheben, weil es mir selbst gelegentlich schwer fällt, freundlichen Gesichtes Hände anderer Menschen zu schütteln.

Die Apostelgeschichte berichtet von einer aufregenden Szene. Menschen, die Jesus von Nazareth nachfolgen wollten, wandeln wirklich auf seinen Spuren und reichen anderen Menschen die Hand, ­denen sie aus eigenem Antrieb nie die Hand gereicht hätten. Währenddessen meiden sehr strenggläubige Menschen Personen, die sie für „unrein“ halten. ­(Solche Abgrenzungen sind natürlich nicht auf das Judentum, die Religion Jesu, beschränkt.)

Aber Petrus überwindet sein Abgrenzungsbedürfnis. Er besucht einen Offizier der verhassten Besatzungsmacht – und einen Heiden dazu. Er besucht ihn, weil der ihn darum gebeten hat, und fühlt sich von Gott auf seinem Wege gestärkt. Petrus bleibt einige Tage im Haus des römischen Offiziers, eigentlich ganz undenkbar für einen jüdischen Fischer aus Galiläa.

Er orientiert sich an einem direkten Vorbild: Auch Jesus von Nazareth hat mit Menschen gegessen und getrunken, mit denen sonst niemand an einem Tisch sitzen wollte. Vermutlich ist es ziemlich lustig zugegangen bei diesen Mahlzeiten, denn man nannte Jesus einen „Fresser und Weinsäufer“.

"Wenn man miteinander isst und trinkt, wird vieles leichter"

Die Geschichte von Petrus und dem römischen Offizier beeindruckt mich. Aber sie ist weit von meinem Leben entfernt. Mir fehlt oft die Kraft, mich ­näher mit einem anderen Menschen zu beschäftigen und gemeinsam mit ihm zu essen. Ich wünschte mir dann, dass es mir wie Petrus geht: Dass ich mich von Jesus von Nazareth ermuntert fühle, meine finstere Vereinzelung aufzugeben, auf andere zuzugehen und mit ihnen ­Gemeinschaft aufzubauen – von Jesus ermuntert und von Gott gestärkt. Wenn man miteinander isst und trinkt, wird tatsächlich vieles leichter.

Der Gang des Petrus zum römischen Offizier hatte weltgeschichtliche Bedeutung, weil sich das Christentum den Angehörigen heidnischer Kulte zuzuwenden begann. Jüdische Fischer vom See Ge­nezareth gingen quer durch das ganze römische Reich in nichtjüdische Häuser und warben für ein Leben in den Spuren eines gekreuzigten und vom Tode auferstandenen Juden.

Ich bleibe oft daheim und oft bei mir selbst. Für mich könnte das ein schöner Vorsatz für das Neue Jahr sein, auf den Spuren Jesu mit Menschen Gemeinschaft zu haben, mit denen es mir gewöhnlich nicht so einfach fällt. Immerhin winken dort feines Essen und Trinken.

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Lieber Herr Markschies,
Sie haben da zwei sehr schöne Wendungen geprägt, in denen ich mich erkenne "finstere Vereinzelung" und "oft bei mir selbst bleiben" - insofern kann auch ich Ihren guten Vorsatz übernehmen. Aber so gerne ich auch "feines Essen und Trinken" habe - im Grunde geht es doch um Gespräche und um Austausch. So wird es auch Petrus gemeint haben, der auf dessen Bitte zu dem römischen Offizier kam, um mit ihm über Gott (und die Welt) - also Herzensangelegenheiten - zu reden. Also: nicht nur essen und trinken, sondern auch zusammen reden und dabei evtl. Überraschendes entdecken, vielleicht sogar die ein oder andere Gemeinsamkeit.
viele Grüße D. Krüger

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