Wahr' Mensch und wahrer Gott
Wahr´Mensch und wahrer Gott - so wird Jesus zu Weihnachten besungen. Dass Jesus als Mensch über die Erde lief, kann man sich ja noch vorstellen. Aber als Gott?
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
07.10.2010

Als Marie Madeleine Cinquin wuchs sie auf. Ihr Vater, ein wohlhabender französischer Kaufmann, starb, als sie sechs war. Ausgelassen erlebte sie die zwanziger Jahre. Doch mit 23 ging sie ins Kloster, unterrichtete in Tunesien, im Libanon und Ägypten höhere Töchter und Diplomatenkinder. Mit 63 Jahren zog sie in eine Hütte nahe einer Kairoer Mülldeponie und gründete eine Schule. Sie war 85, als sie nach Frankreich zurückkehrte. Mitte Oktober 2008 starb sie fast hundertjährig, inzwischen von vielen Franzosen als eine Art Heilige hoch verehrt.

Ein Leben in der Nachfolge Jesu, so nennen Theologen den Weg, für den sich Schwester Emmanuelle entschieden hatte. Wie die Jünger, die vor 2000 Jahren Jesus nachfolgten, lebte auch sie: "arm wie der Ärmste, gering geachtet wie der geringe Mann aus dem Volke", schrieb der dänische Existenzphilosoph Søren Kierkegaard (1813-1855). Als Christ müsse man "mit Jesus gleichzeitig werden", hatte Kierkegaard gefordert. Denn wer diesem Jesus aus Galiläa, diesem Jesus von damals begegne, könne unmöglich sein selbstzufriedenes bürgerliches Leben fortführen.

Schwester Emmanuelle hat dem Menschen Jesus von Nazareth nachgeeifert

Jesus sei wahrer Mensch und wahrer Gott, formulierten die Bischöfe auf dem Konzil zu Chalkedon (451 n. Chr.) und erklärten dazu: Jesu "göttliche und menschliche Natur" seien unvermischt, unverwandelt, ungetrennt und ungesondert.

Natürlich kann so ein Konzilsbeschluss falsch sein. Trotzdem lohnt es sich, ihn in heutige Sprache zu übertragen. Vielleicht kann man ja etwas daraus lernen.

Wie man sich Jesus vorstellt, so lässt sich die Lehre von Chalkedon übersetzen, kann verschieden sein. Man kann in ihm das menschliche Vorbild sehen oder den göttlichen Helfer und Erlöser. Das Konzil von Chalkedon hieß beide Jesusbilder gut, und damit auch verschiedene Konsequenzen, die man daraus als Christ zieht.

Schwester Emmanuelle hat, wie die Jünger, dem Menschen Jesus von Nazareth nachgeeifert. Das Neue Testament erzählt aber auch von Kranken, Bettlern und Sündern, die Jesus anflehten: "Sohn Gottes, erbarme dich." Ihnen wandte sich Jesus zu und sagte: "Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid."

"Wahr' Mensch und wahrer Gott, / hilft uns aus allem Leide / rettet von Sünd' und Tod", heißt es in dem Weihnachtslied "Es ist ein Ros entsprungen". Man kann Jesus wie ein Bettler begegnen, der nichts in der Hand hat. Oder wie ein Sünder, der sein Versagen zugibt und um Vergebung bittet. Wer seinen Glauben so versteht, mag mit sich und anderen nachsichtiger umgehen - auch ohne dass er seine ethischen Grundsätze relativiert oder abschwächt.

Das Konzil von Chalkedon unterschied beide Jesusbilder scharf: Jesus sei kein Mischwesen aus Gott und Mensch, heißt es. Gott und Mensch müsse man deutlich voneinander unterscheiden. Trotzdem besteht die Konzilslehre darauf, dass sich beide Seiten Jesu nicht auseinanderdividieren lassen. Auch beide Weisen, Jesus zu begegnen, gehören ja untrennbar zusammen. Schwester Emmanuelle sah sich selbst nie als Heilige. Umgekehrt kann der schlimmste Verbrecher sich edel verhalten und ein eindrucksvolles Vorbild in Sachen Christusnachfolge abgeben.

Jesus Christus - Vorbild und Erlöser

Heute empfinden viele Menschen die Forderungen, seinen Nächsten und seine Feinde zu lieben, als Ding der Unmöglichkeit. Viele Theologen deuten daher die Lehre von Chalkedon anders als Christen in der Antike. Sie sagen, in Jesu Ethik zeige sich nicht nur das menschliche Vorbild, aus ihr spreche Gott selbst. Sie meinen: Nicht ein Mensch hat sich diese Liebesforderung ausgedacht, sondern sie ist universell, sie gilt immer und überall - auch wenn sie kaum einzulösen ist.

Viele Menschen können heute wenig damit anfangen, dass ein allmächtiger, ferner Gott ihr Leid lindern könne. Theologen betonen daher: Gerade als Mensch ist Jesus uns nahegekommen. Gerade weil ihm kein Leid fremd war und weil er sich mit unserem Leid solidarisierte, ist er uns zum Helfer und Erlöser geworden.

Man kann die Lehre von Chalkedon gerne umdeuten, ihre Formel "Wahrer Gott und wahrer Mensch" ist nach wie vor hilfreich. Für Christen bleibt Jesus auch heute noch beides: Vorbild und Erlöser.

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Ich möchte ,wenn Sie erlauben,zum Betreff folgende Frage stellen.In 1. Kor.15,45,stellt Paulus,eine Charakteristik des Wesens Jesus so dar,daß er den ersten Menschen Adam,dem letzten Adam,Jesus,gegenüberstellt.Seit langer Zeit erzeugt es bei mir Verwirrung,wenn in Gottesdienstpredigten,Predigtbüchern und weitere Literatur,die abweichende Formulierung,: Jesus,ist der neue Adam ,verwendet wird.Damit Sie verstehen was ich meihne, der letzte Adam muß nicht zwingend verschieden vom alten Adam sein,der neue Adam schon !Woher diese Formulierung im Ursprung stammt und was sie im eigentlichen Sinn für eine Bedeutung hat,konnte bisher nicht erklärt werden.Vielleicht haben Sie die Antwort? Danke

Antwort auf von otfried diedrich (nicht registriert)

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Sehr geehrter Herr Diedrich,


Sie beziehen sich auf die sogenannten Adam-Christus-Typologien in den Paulusbriefen. Hier verwendet Paulus eine Form der Bibelauslegung, die heute nicht mehr in Gebrauch ist.
Mal verweist Paulus auf "Adam vor dem Sündenfall" als Typos (Urbild). Beispiel: Christus ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes (Kol 1,15) - wie Adam als Ebenbild Gottes geschaffen wurde, so auch Christus.
Mal verweist er auf "Adam nach dem Fall" als Gegenbild zu Christus: Adam bringt durch seine Übertretungen (Sündenfall) Tod und Sünde (Rom 5,12) - Christus bringt durch sein Selbstopfer Leben und Heil.
Für mehr Infos verweise ich Sie auf:

 

http://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/adam-nt/ch/d1aa6e3b512cc5f4024e05599af26f12/    -   dort unter 3.3.

 

Viele Grüße von Burkhard Weitz,
verantwortlicher Redakteur für die Aboausgabe chrismon plus.

Ein neuer LUTHER tut not. Merken Sie denn alle nicht, wie verkrampft und verkopft das Thema ist? Welchen Gläubigen interessiert das denn, wie wichtig ist das Thema? In den theologischen Hinterzimmer kann man, im Bewußstsein der zuverlässigen Einkünfte, viel diskutieren und sich der gegenseitigen Wertschätzung versichern. Aber glauben Sie tatsächlich, dass sie mit dieser angewandten "Inhaltsakrobatik" in der Lage sind, die Gemeinden zu erreichen, geschweige denn, zu missionieren? Adam-Christus-Typologien. Allein diese Bezeichnung bezeugt die Not, nicht mehr zu wissen, worum es im Glauben geht.

Ich bin wahrlich kein Evangelikaler, aber die haben aus der Not der unendlichen Auslegungsvarianten ihre einfachen Tugenden entwickelt. Wenn es soweit kommt, dass die "Theologiker" die Macht erhalten, uns den Glauben und seine Inhalte mit Ausgrabungen und wissenschaftlichen Spitzfindigkeiten erklären und beweisen zu müssen, dann kann nur noch ein neuer Luther helfen, der in der Lage ist, diese vergeistigten Tempelritter zu entmachten.

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denn in Rm 15,16-18 macht er unmissverständlich klar, dass der Sohn Gottes, der Christus, nicht vergleichbar ist mit Adam dem Geschöpf Gottes. Oder wollen Sie die Gottheit Jesu komplett leugnen? Im Kolosserbrief, der ja nicht so eindeutig Paulus als Autor zugeordnet werden kann, geht der Textabschnitt auf ältere Hymnen zurück, der Kyrios wird hier als Herr des Äons gepriesen, mit dem Skopus: Du sollst keine anderen Götter (Mächte und Gewalten des Äons) neben mir, Christus, haben.
Die Alten konnten doch besser kommunizieren, was sie meinten, scheint's. Oder ist das hier ein Warmschreiben für die Leugnung des "wahrer Gott" wie das Konzil es beschlossen hatte? Dann müssen wir uns grad im Kontext Reformationsjubiläum nochmal unterhalten, was genau Sie für evangelisch halten. Ein religionspositivstisches "Vorbild" ist es nicht.

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Eine Antwort habe ich vielleicht in der Bibel gefunden. Dort bezeichnet Jesus das alte Bekenntnis: "Höre Israel, der HERR ist unser GOTT, der HERR allein" als "vornehmste aller Gebote" (Mk12,29).

Die Frage der Herkunft Jesus ist damit noch offen. Wer war zuerst da? Der Schöpfer oder Jesus? Auch diese Frage beantwortet die Bibel. In 1Joh5,1 steht: "Jeder, der glaubt, daß Jesus der Messias ist, ist aus GOTT geboren; und wer Den liebt, der ihn geboren hat, der liebt auch den, der aus IHM geboren ist."

Daraus ergibt sich eine dritte Frage: In welcher Beziehung steht Jesus zu GOTT, außer das er GOTTes Sohn ist? Eine Antwort befindet sich in 1Tim2,5: "Es ist ein GOTT und ein Mittler zwischen GOTT und den Menschen, nämlich der Mensch Jesus". Er ist Mittler, Hohepriester und nennt sich "der Weg" himmlischen Vater (Joh14,6).

Folgende Bibelstellen helfen weiter:
Joh 14,1; 17,3; 20,17; 1Kor8,6; 15,47.

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