Jesus auf Gemälde
Die Auferstehung Jesu ist die entscheidende Erfahrung der frühen Kirche.
Lisa Rienermann
Nicht beschreibbar und trotzdem real
Am Anfang des Christentums steht kein grandioses Schauspiel um ein leeres Grab, aber sehr wohl eine aufrüttelnde Erfahrung
Portrait Eduard KoppLena Uphoff
12.02.2016

Es gibt einen Text, der die Auferstehung Jesu sehr fantasievoll beschreibt. Der runde Stein, der sein Grab verschlossen hat, rollt von selbst zur Seite. Zwei leuchtend helle Männer, die kurz zuvor vom Himmel herabgestiegen sind, holen den ins Leben Zurückkehrenden aus dem Grab ab. Sie stützen ihn beim Herausgehen. Hinter der Gruppe folgt eigenständig ein Kreuz. Die drei sind übermenschlich groß, doch der Auferstandene in der Mitte überragt die beiden Helfer dramatisch. Sein Kopf reicht über den Himmel hinaus.

Was passiert nach dem Tod?

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Antworten aus Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus - gelesen von Cheftheologe Eduard Kopp

Die Quelle dieses Textes: das Evange­lium des Petrus. Es wurde vermutlich erst 120 Jahre nach dem Tod Jesu verfasst. Die Kirche hat dieses Evangelium nie als kanonisch, als offiziell, anerkannt. Es war ihr wohl zu fantasievoll und bemühte sich allzu drastisch darum, mit erfundenen Einzelheiten die Auferstehung zu beweisen. Doch die Auferstehung ist nun einmal eine Glaubenssache – und damit etwas Wertvolleres als alle Indizien.

Die Auferstehung Jesu ist die entscheidende Erfahrung der frühen Kirche. Sie ist eine dramatische Wende, die die völlige Ernüchterung der Jünger nach dem Tod Jesu umkehrt in ein neues Aufbruchsgefühl. In die Bewegung des Jesus von Nazareth, eben noch schmerzhaft gescheitert, kommt wieder Leben, die Jünger brennen wieder für ihre alten Ziele.

Ob das Grab leer war oder nicht, ist zweitrangig

Aber was gibt den Ausschlag dafür? Alle Osterberichte der Bibel beschreiben nicht die Auferstehung selbst, sondern das, was anschließend in den Menschen vor sich geht. Niemand war bei der Auf­erstehung selbst dabei, kein in der Bibel ­genannter Zeuge behauptet das. Aber endlos viele Menschen bekommen mit den Folgen der Auferstehung zu tun.

Fakt ist: Je später die Ostertexte geschrieben wurden, umso reichhaltiger sind sie ausgeschmückt. Das älteste Evangelium – Markus schrieb es um das Jahr 70 – ist noch karg, was die Begegnung der Jünger mit dem Auferstandenen angeht. Die Unterschiede zwischen den Evangelien sind beträchtlich, im Blick auf die betroffenen Personen (mal Petrus, mal Magdalena, die Apostel, die Emmaus-Jünger, die 500 Brüder), die Orte (Galiläa beziehungsweise Jerusalem), das Timing (war es morgens oder abends; acht oder 40 Tage später?). Sympathisch, dass die frühe Kirche keine Notwendigkeit sah, alle Details zu harmonisieren und Unterschiede glattzubügeln, ging es ihr doch um etwas anderes als um eine äußerliche Spurensicherung: nämlich ums Weitermachen, um die Aussendung der Jünger, ihre „missio“.

Hans-Gerd Martens und Henning Kiene widmen sich der Frage, welche Belege für die Auferstehung Jesu existieren und wo sie stattfand. Pastor Kiene gibt zudem seine persönliche Quintessenz der Auferstehung preis. Und wie entscheidend ist es, ob das Grab leer oder voll war?
Mehrere Erzählschichten legten sich um den ältesten Ostertext. Und der ist keineswegs einer der charmanten Berichte vom leeren Grab, sondern ein sehr viel älterer Text, der nicht einmal in den Evangelien steht. Paulus berichtet, was er selbst gehört hat: dass Christus begraben wurde, dass er auferstanden ist „und dass er gesehen worden ist . . . “ (1. Korintherbrief, Kapitel 15,3–5). Es scheint eine alte Bekenntnisformel aus der Zeit um das Jahr 35 zu sein. Damit ­blicken die Bibelleser schon fast in die Zeit, in der Jesus am Kreuz starb und seine ­Jünger erst mühsam wieder zum Weitermachen begeistert werden mussten.

Die ersten Christen kamen offensichtlich nicht durch das leere Grab zum Glauben, sondern dass sie Christus „gesehen“ haben. Das ist keine gerichtsverwertbare Zeugenaussage, keine Formulierung, wie man sie aus polizeilichen Fahndungsaufrufen kennt, sondern eher das Bekenntnis ­einer aufrüttelnden Erfahrung. Die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas legten Wert auf das leere Grab. Paulus erwähnte es nicht einmal. Das hat Konsequenzen für den Glauben: Ob das Grab leer war oder nicht, ist zweitrangig.

Dass Jesus als Lebendiger erfahren wurde, ist entscheidend. Die Auferstehung ist kein historisch beschreibbares, gleichwohl ein reales Ereignis, schrieb der Tübinger Theologe Hans Küng. „Zu fotografieren und registrieren gab es nichts.“ Weder ­Jesu noch unsere eigene Auferstehung sind von diesem leeren Grab abhängig, aber von allem, was daraus folgte. 

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Für mich geht es sowohl bezüglich des Karfreitags- als auch des Osterereignisses darum, den Gekreuzigten der Gegenwart – sprich den Opfern von Gewalt, Intoleranz und Ausgrenzung, aber auch den in persönlichen Lebenskrisen an Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit Leidenden – meine mir zur Verfügung stehende Hilfe anzubieten, um ihnen eine „Auferstehungs-Erfahrung“ zu ermöglichen.

Die Osterbotschaft ist für mich eine ganz konkrete befreiende und Lebenskraft schenkende Hoffnung, da Er uns aufruft, im Hier und Heute Seine immer wieder neues Leben schenkende Botschaft in der Gegenwart dadurch zu bezeugen, indem wir mit all unseren Begrenzungen und Fehlerhaftigkeiten versuchen, Menschen in unserem Lebensumfeld beim Aufstehen zu helfen, ihnen Nähe, Hilfe, Hoffnung und Zuversicht zu schenken.

Mit Kurt Marti kann ich gut mit der Unwissenheit bzw. Unkenntnis über die konkrete Ausgestaltung meiner späteren Auferstehung leben, denn es gilt für mich das, was Marti in die Worte kleidet : „ich weiß nur, wozu Er uns aufruft – zur auferstehung heute und jetzt“.

Wörtlich heißt es bei Marti:

Auferstehung

ihr fragt
wie ist die auferstehung der toten?
ich weiß es nicht

ihr fragt
wann ist die auferstehung der toten?
ich weiß es nicht

ihr fragt
gibts eine auferstehung der toten?
ich weiß es nicht

ihr fragt
gibts keine auferstehung der toten?
ich weiß es nicht

ich weiß nur
wonach ihr nicht fragt:
die auferstehung derer die leben

ich weiß nur
wozu Er uns ruft:

zur auferstehung heute und jetzt

(Kurt Marti)

Der Glaube an den Auferstandenen ist für mich wichtiger als der Glaube an die Auferstehung. Persönliche Glaubensbezüge an den Auferstandenen empfinde ich als für mein Leben sinnstiftender als der für mich reichlich abstrakte Glaube an ein leeres Grab. Der Glaube an den Auferstandenen vermittelt mir Hoffnung ; Hoffnung darauf, dass dieser Auferstandene jedem, der an Ihn glaubt, Seine voraussetzungs- und bedingungslose Liebe und Nähe schenken möchte – nicht erst im Jenseits, sondern gerade auch in der Unfertigkeit meiner Gegenwart.

In ihrem Gedicht „Abel steh auf“ lässt Hilde Domin für mich einen Weg aufleuchten, wie wir heute mit dem Begriff „Auferstehung“ umgehen sollten bzw. müssten.

Domin ist davon überzeugt, dass mit der Verneinung der Frage : „Bin ich der Hüter meines Bruders?“ die Menschheit zerrissen wurde; der Mensch war nicht mehr Schützer, sondern Feind des anderen. Der Text ist ein unüberhörbarer Schrei, der die sich ständig zuspitzende Gegenwartskatastrophe einer Selbstauslöschung des Menschen verhindern soll. Weil einmal eine falsche Antwort auf die „einzig wichtige“ Frage gegeben wurde, befindet sich die Welt auf einer an Tempo zunehmenden Talfahrt in den Abgrund. Von diesem Augenblick hat sich das Antlitz unserer ‚Mutter Erde’ zunehmend verdunkelt, ja sie ist unmenschlich geworden.
Für die Dichterin muss dieser tödlichen Talfahrt Einhalt geboten werden. Eine Lösung sieht Domin darin, dass das Nein in der Antwort des Kain in ein Ja verwandelt werden muss. Doch wie kann erreicht werden, dass Kain sich selbst korrigiert? Die Antwort lautet: Abel muss auferstehen – in uns!

Auf diese Auferstehung des Abel in uns wird nun die ganze Hoffnung gesetzt. Das ist kein einmaliger Vorgang. „Täglich“ muss er auferstehen; viermal gebraucht die Dichterin diese Vokabel. Nur so bekommt Kain, der die erste falsche Antwort gegeben hat, die Möglichkeit, ja zu sagen. Täglich wiederholt sich bei uns das Spiel zwischen Kain und Abel. Wenn Kain ja sagt, dann ist er nicht mehr Kain – der Mörder, der Zerstörer, der Feind, der Hasserfüllte-, sondern Bruder! Die Welt kann nur bestehen, wenn alle Menschen Brüder sind.

Sind wir Kain oder Abel? Kinder des Kain oder Kinder des Abel? Feinde oder Hüter der Brüder? Sind wir gar beides in einem? Die Dichterin bekennt sich zum Ja und möchte ein Kind Abels sein!

Jeder von uns ist aufgefordert, sich täglich dieser Problematik zu stellen. Jedes Bekenntnis des Menschen zum Bruder, der zu behüten sei, ist ein neuer hoffnungsvoller Anfang des Friedens. Alle Feuer dieser Erde – auch die der mörderischen Atomraketen – können zu Feuern des Abel werden, wenn jeder Mensch sich als Hüter des anderen begreift. Alles, was zur Vernichtung erdacht wurde, kann auch für den Frieden genutzt werden. Die Feuer des Abel sind von Versöhnung, Bruderliebe, Loslassenkönnen, Vertrauen und Teilen bestimmt. Sie können heilen, sättigen und Frieden schaffen. Die Feuer des Abel brennen allein zum Schutz eines jeden Menschen!

Paul Haverkamp, Lingen

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Sehr geehrte Journalisten der SZ! Sehr geehrte HirtInnen des chrismon! Sehr geehrter Herr Kopp!

Wenn die Auferstehung aus dem Grab und die Leere des Grabes nicht entscheidend sind, wie Sie, Herr Kopp, so betonen, dann gibt es eine weitere frohe Botschaft: Elvis lives!

Zwar wurde er nicht von 500 Brüdern zugleich gesehen, wie Paulus das über den auferstandenen Jesus schrieb, und nicht schon so kurz nach seinem Tod, wie Sie schrieben – dafür wurde Elvis aber auch von Frauen erblickt, die den Auferstandenen bei Paulus nie sahen (sondern nur bei den vier Evangelisten).

Ein Wunder ist des Glaubens liebstes Kind! Ein Wunder ist des Gauners liebster Trick!

Gott- und teufellos

Manfred Schleyer, München

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So, Christus ist also im Grab geblieben und später verwest. Hat er`s also doch nicht geschafft, obwohl er es seinen Aposteln versprochen hatte. Nach evangelischem Verständnis der Hl. Schrift eigentlich nicht verwunderlich, sagt doch die geniale Luther-Margot, dass Josef der Vater Jesu gewesen sei. So ist es natürlich einleuchtend, dass er im Grab geblieben ist. Schade auch für uns Christen. Glaubten wir doch bisher an die Auferstehung des Leibes. Aber ach, wenn der Herr es selbst nicht geschafft hat, wie soll er uns dann dazu verhelfen.
Haben Sie übrigens schon gelesen, was sich damals in Jerusalem zugetragen hat? Die Apostel verkündeten voller Freude die Auferstehung Jesu. Daraufhin zogen die Pharisäer mit einer großen Schar von Menschen zum Grab, ließen den Stein wegwälzen und deuteten auf den Leichnam mit den Worten: „Da liegt er doch!“ Die Apostel waren nun etwas verlegen, riefen dann aber, um zu retten, was nicht zu retten war, den Leuten zu: „Irgendwie ist er schon auferstanden, wir haben ihn schließlich gesehen.“ Wissen Sie was dann geschah? Die Leute haben die Apostel ausgelacht, denn damals konnte man die Menschen noch nicht für dumm verkaufen. Ende der Geschichte. Aber in der evangelischen Kirche geht „die Sache mit Jesus“ natürlich unverdrossen weiter.

Antwort auf von Johannes Kubon (nicht registriert)

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Danke für diesen erfrischend humorvollen Kommentar zu einem bedauerlichen Artikel, der sich vom Kern des christlichen Bekenntnisses leider weit entfernt. Dass Christus lebt hat jeder von uns heutigen Christen, die "bekennen dass Er der Sohn Gottes und HERR ist" und die "an seinen Namen glauben" auf die eine oder andere Weise persönlich, jedoch immer transzendental erfahren. Keiner von uns hat mit ihm gegessen, seine Nägelmale berührt oder seine Hand in Seine Seitenwunde gelegt. Der Autor will uns weismachen, dass das mit den ersten Christen nicht anders gewesen sei, er will damit die scheinbaren Widersprüche in den Schriften entkräften, indem er sie in Teilen für rein menschengemacht, historisch im Nachgang theologisch konstruiert und daher in diesen Teilen nicht für glaubhaft oder interpretierbar hält. Damit leugnet er denjenigen, der von Johannes "das Wort Gottes" genannt wird und uns in ebendiesem Wort nach Gottes Absicht begegnen will, auch wenn er dies geschickt vor seinen Lesern und möglicherweise auch vor sich selbst verschleiert, indem er die abstrakte Interpretation und Absicht hinter dem geschriebenen Wort als das eigentliche Wort Gottes, die eigentliche Offenbarung deklariert. So etwas kann man tun, aber dann ist man kein evangelisch-lutherischer Christ mehr, der sich mit dem "Sola Scriptum" Luthers eben solchen Hinzudichtungen und Vergeistigungen verweigert.
Ihr Kommentar lässt den Schluss zu, dass Sie als Katholik sprechen, der in jeder Messe ehrfürchtig mit der Formel "Wort des lebendigen Gottes" die Gegenwart des Auferstandenen in diesem Wort bekennt und glaubt. Lassen Sie sich versichern, dass dieses Verständnis auch einem signifikanten Teil der Gläubigen der evangelischen Kirche und der aus ihr hervorgegangenen evangelischen Kirchen und Freikirchen zu eigen ist. Dieser "Überrest" kann angesichts dieses Artikels - wenn er denn chrismon überhaupt liest - auch nur den Kopf schütteln und sich wichtigeren Dingen zuwenden als über die Verwesung des Auferstandenen zu debattieren. Falls der Autor damit versuchen will, den Auferstandenen Christus Jesus für Entkirchlichte oder bewusste Atheisten annehmbarer zu machen, so hat er dies wohl kaum bewirkt. Christus muss ein Ärgernis sein für die Weisheit dieser Welt, er entzieht sich der menschlichen Logik weitgehend, um als Person erfahren zu werden. Ich denke das hat der hochstudierte Autor an seinem eigenen Text demonstriert und sich damit zur "Welt" gesellt. Er dürfte staunen, falls er einmal die Gelegenheit haben sollte, sich vom Auferstandenen mit in jene Zeit nehmen zu lassen.

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