Georg Elser (1903–1945), Attentaeter vom Muenchener Buergerbraeukeller
Marco Wagner
Um 13 Minuten verfehlt
Er wollte Adolf Hitler töten, um größeres Blutvergießen zu verhindern: Georg Elser plante penibel – und scheiterte trotzdem. Der Film über ihn wurde im Mai ausgezeichnet.
24.03.2015

Im Bürgerbräukeller in München ist die  Naziprominenz versammelt: Adolf Hitler, Joseph Goebbels, Rudolf Heß, Heinrich Himmler, Martin Bormann, Wilhelm Frick. Seit ihrem gescheiterten Putsch von 1923 treffen sich die Kameraden hier jedes Jahr. So auch am 8. November 1939. Hitler spricht vor rund 1500 Anhängern. Seine Rede beginnt kurz nach 20 Uhr, sie soll zwei Stunden dauern.

21.20 Uhr: Eine Bombe explodiert. Die Decke kracht auf das Rednerpult, der Saal wird zum Trümmerfeld. Der Schreiner Georg Elser hatte den Sprengapparat konstruiert, mit Zeitzünder ausgestattet und in einer ausgehöhlten Säule untergebracht.

Doch die Explosion verfehlt Hitler um dreizehn Minuten. Wegen Nebels ist er früher als geplant abgereist. Acht Menschen sterben, eine Kellnerin und sieben Nazis, über fünfzig Menschen werden ­verletzt. „Ich wollte ja durch meine Tat nur größeres Blutvergießen verhindern“, sagt Elser nach dem Anschlag.

Er ist ein eigensinniger Mann. Den ­Ers­ten Weltkrieg hat Johann Georg Elser, 1903 auf der Schwäbischen Alb geboren, als Jugendlicher erlebt. Seither begleitet ihn ­eine große Furcht vor Hunger und Tod. Der Vater Fuhrunternehmer, Alkoholiker und jähzornig, er schlägt die Mutter – der Sohn leidet unter den Familienverhältnissen. Er wird Schreiner, unauffällig und diszipliniert. In den zwanziger Jahren bekommt er die schwierige wirtschaftliche Lage zu spüren. „Die seit 1933 in der Arbeiterschaft von mir beobachtete Unzufriedenheit und der von mir seit Herbst 1938 vermutete unvermeidliche Krieg beschäftigten stets meine Gedankengänge“, erklärt Elser später. Bald steht sein Entschluss: Der Diktator muss weg.

Hitlers persönlicher Gefangener

Elser beginnt mit seinen Vorbereitungen: In der Fabrik, in der er zu dieser Zeit ar­beitet, eignet er sich das nötige Wissen an und klaut Sprengmaterial. Im Sommer 1939 zieht er nach München und lässt sich immer wieder heimlich im Bürgerbräu­keller einschließen: Mehr als 30  Nächte arbeitet er dort, baut seinen Spreng­apparat in einen Pfeiler ein, scheuert sich die Knie dabei wund, wie besessen von seinem Plan. Was, wenn die Uhr stehen bleibt? Elser baut eine zweite Uhr ein. Was, wenn je­mand neben der Säule sitzt und das Ticken hört? Elser besorgt Dämmplatten. Und der Novemberabend rückt näher.

Noch bevor die Bombe hochgeht, wird Elser auf dem Weg in die Schweiz festgenommen. Eine Postkarte des Bürgerbräukellers, Werkzeug und Teile eines Zünders in seiner Tasche verraten ihn. Es folgen Folter und endlose Verhöre. Nach wenigen Tagen gesteht Elser die Tat.

Von nun an ist er ein „persönlicher Gefangener Hitlers“, er soll für einen möglichen Schauprozess nach Kriegsende am Leben bleiben. Zunächst ist er im Berliner Gefängnis, dann im KZ Sachsenhausen und später in Dachau. Er wird isoliert, aber  er darf Zither spielen, erledigt Schreiner­arbeiten für die SS.

Ein Einzeltäter? Für die Nazis unvorstell­bar. Die Suche nach Hintermännern, Drahtziehern, Auftraggebern beginnt: El­sers Familie wird stundenlang verhört, seine Schwester für einige Wochen inhaftiert. „Ein Agent des britischen Geheimdienstes!“, meinen die Nationalsozialisten. „Die Kommunisten!“, heißt es nach dem Krieg. Sogar: „Das waren die Nazis selber, um Hitlers Unverwundbarkeit zu demonstrieren!“ Pastor Martin Niemöller, der gemeinsam mit Georg Elser inhaftiert war, stützt dieses Gerücht. Bis Kriegsende steht das Heimatdorf Königsbronn unter Generalverdacht, „Atten­tatshausen“ nennen die Nationalsozialisten den Ort. Nach diesen Schikanen hat in Königsbronn lange niemand Interesse daran, das Andenken an Elser zu bewahren.

Am 9. April 1945, zwanzig Tage, bevor die Amerikaner das Lager befreien, erschießt die SS Georg Elser. Die Verhör­protokolle der Gestapo werden 1964 bekannt, erst danach beginnt die Auf­arbeitung des Anschlags von Georg Elser – einem Mann aus dem Volk, der ohne finanziellen, militärischen, ideologischen oder intellektuellen Hintergrund die ­gesamte Naziführung hatte töten wollen.

Elser - Er hätte die Welt verändert

Am 9. April, dem 70. Todestag Georg Elsers, kommt der Film „Elser – Er hätte die Welt verändert“ ins Kino. Mit Christian Friedel, Burghart Klaußner, Katharina Schüttler.

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Ihrer Redaktion gebührt Dank für die Erinnerung an Georg Elser. Das passiert nicht häufig, denn er ist bis heute oftmals noch verfemt und leider auch oft vergessen. Elser kann man durchaus einen mutigen Menschen in mutloser Zeit nennen. Auch gehört er zu einem anderen Deutschland. Er ist wahrlich ein Vorbild.

Thomas Fix

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Auch Bonnhöfer hätte überleben können ! Schon vergessen, wehrte Protestanten ? ! Es ist ja nicht so, dass es in dieser schrecklichen Zeit keine lichten Momente gegeben hätte, das wissen wir alle, aber es ist doch auffällig, wie rückschrittlich diese Zeitschrift geworden ist. Irgendwie schade. Stets auf der Suche, seine Schäfchen zu befriedigen, und statt echten Frieden zu suchen, werden stets nur die Wogen geglättet ! Schaut auf die Helden als Beweise Eurer Unfähigkeit, nicht aber zur Rechtfertigung für aufkommende Schuldgefühle !

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Sehr geehrte Chrismon-Redaktion,

Ihren Artikel über Georg Elser und der Hinweis auf den Film, der am 9. April in die Kinos kommt, habe ich als gebürtige Heidenheimerin mit großem Interesse gelesen. Allerdings möchte ich dazu eine Berichtigung anbringen: Georg Elser ist nicht in Königsbrunn (das liegt bei Augsburg in Bayern) geboren, sondern er lebte in dem kleinen Ort Königsbronn auf der Ostalb im Landkreis Heidenheim.  Königsbronn ist 10 km von Heidenheim entfernt und liegt am Brenz-Ursprung, wo auch ein kleines Georg-Elser-Museum eingerichtet wurde.

Im übrigen habe ich mich sehr gefreut, daß Elser nach jahrelanger Diskriminierung von Ihnen als Vorbild bezeichnet wird.

Mit freundlichen Grüßen

Erika Jäger-Vögtle, Langenau, Alb-Donau-Kreis

Sehr geehrte Frau Jäger-Vögtle,

vielen Dank für Ihre Richtigstellung, Sie haben, so wie viele andere Leser und Leserinnen, die uns geschrieben haben, vollkommen recht. Wir haben das in der Online-Version korrigiert.

Mit bestem Gruß - chrismon.de

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Mal angenommen, Jesus hätte diesen Artikel gelesen: Würde er Herrn Elser als Vorbild bezeichnen?

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