Waffen aus Deutschland werden in Länder geliefert, die Menschenrechte missachten. Das muss öffentlich diskutiert werden. Dazu ist eine Änderung des Grundgesetzes der erste Schritt
13.10.2011

„Gier Macht Krieg“. Unter diesem Motto steht in diesem Jahr die „Ökumenische Friedensdekade“. Sie wird im November in vielen Kirchengemeinden begangen. Das Motto ist mit Blick auf die Rüstungsexporte sehr passend, finde ich. Wer entwickelt eigentlich Waffen – und mit welchem Ziel?

Deutschland ist inzwischen auf den  unrühmlichen dritten Platz der Nationen aufgerückt, die Waffen exportieren. Mir ist unbegreiflich, dass Waffen in Länder ge­liefert werden, die Freiheit und Menschenrechte unterdrücken. Das ist doch ein ­Zeichen von politischem, ja gesellschaftlichem Versagen. 

Waffenlieferungen sind eher Geheimsache

Es gab eine kleine, kurze Aufregung im Sommer dieses Jahres: 200 Kampfpanzer vom Typ „Leopard“ sollen an Saudi-Arabien geliefert werden. Offenbar hatte der Bundessicherheitsrat am 27. Juni darüber entschieden, und auch Israel und die USA, die offenbar vorab angefragt wurden, ­hatten keine Bedenken. „Offenbar“ – deutlich wurde, dass Waffenlieferungen eher Geheimsache sind als im Parlament de­mokratisch und öffentlich diskutierte Vorgänge.  Warum eigentlich?

In ihrem Rüstungsexportbericht 2010 erklärte die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien sei „sehr schlecht“. Zudem haben erst vor kurzem saudi-arabische Truppen Demonstra­tionen in Bahrain militärisch niedergeschlagen. Als „sehr schlecht“ wird die Lage aber auch in Angola, Brasilien, Nigeria, Pakis­tan, Russ­land, der Türkei beurteilt – wohlgemerkt von einer ökumenischen kirchlichen Kommission!

Warum führt das nicht zu Protesten?

Alle diese Staaten haben in den vergangenen Jahren ganz legal Waffen aus Deutschland erhalten, so der Rüstungsexportbericht 2010 der GKKE. Warum führt das nicht zu Protesten? Am Ende beklagen wir die Konflikte, an denen wir auch noch verdienen, weil wir Waffen liefern und die Konflikte so in unverantwortlicher Weise anheizen.

Verstehen kann ich das Schweigen nicht. Von Deutschland ging im vergan­genen Jahrhundert zweimal ein grausamer Krieg mit entsetzlich zerstörerischen Folgen aus. Das verpflichtet uns heute, nicht wieder zu den Kriegen dieser Welt beizutragen! Waffenexporte müssen öffentlich diskutiert werden.

Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel!

Im Sommer dieses Jahre wurde eine Kampagne gegründet: „Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel!“. Es ist ein breites Bündnis mit dem Ziel, Artikel 26 Absatz 2 des Grundgesetzes so zu ändern, dass der Export von Waffen und Rüstungsgütern grundsätzlich verboten wird (www.aufschrei-waffenhandel.de). Der Kernsatz soll in Zukunft lauten: „Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter werden grundsätzlich nicht exportiert.“

Eine gute und unterstützenswerte Ini­tiative, finde ich! Und ich bin überzeugt: Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben sich in keiner Weise das heutige Ausmaß der Rüstungsexporte vorstellen können. Auch aus diesem Grund müssen die Rechtsnormen den heutigen Verhältnissen angepasst werden.

Die Kampagne macht es möglich, dass jeder Bürger und jede Bürgerin in unserem Land mit ihrer Unterschrift und ihren Ideen gegen den Waffenhandel antreten können. Beteiligung ist gefragt! Für mich persönlich ist das auch eine Glaubens­frage: „Selig sind, die Frieden stiften!“, sagt Jesus. Sein Gebot der Feindesliebe steht jedem Handel mit Waffen diametral entgegen. Ich kann der GKKE nur zustimmen, die sagt, dass „der Transfer von Mitteln der Gewalt prinzipiell nach den gleichen Kriterien zu beurteilen ist wie die Androhung oder Anwendung von Gewalt“.

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Die meisten Menschen wollen keinen Krieg. Aber ist gibt leider auf dieser Welt Menschen oder Machthaber, die ihre Ideologie verbreiten und Machtanspruch erweitern wollen. Um unbeteiligte Menschen schützen zu müssen,benötigen die Schützer nun einmal Waffen. Ob dies in aller Öffentlichkeit sachlich diskutiert werden kann, wo heute die Medien die Menschen stärker beeinflussen als in einer Zeit, in der eine schreckliche Ideologie verbreitet wurde, bezweifele ich. Ich halte solche Vorschläge für nicht durchführbar. Wäre es nicht besser, die Theologen würden mit ihren Gläubigen häufiger für den Frieden auf dieser Welt beten und die Theologen in der Welt die Lehre Christi, nämlich seine Friedensgebot verbreiten als gesellschaftspolitische Vorschläge zu verkünden, die nur dazu führen, dass die Bürger verunsichert und in Gruppierung aufgeteilt und gegeneinander aufgehetzt werden.
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Gebete für den Frieden hören nie in den Kirchen auf, aber ein mündiger erwachsener Bürger darf und muss eine eigene Meinung zu solchen und anderen Themen haben, und diese auch vertreten, dann erst können auch Gebete fruchtbarer sein! Ob Christ oder jeder andere, das spielt doch überhaupt keine Rolle. Wie sonst sind Einfluss und Verantwortung möglich, wenn nicht durch das persönliche Einstehen für die eigenen, und damit auch die der Allgemeinheit, Interessen? Vielleicht haben sich die Kirchen und die Gläubigen schon viel zu lange, zu ihrem eigenen Ungunsten, und ohne eigene Schuld, in ihrer Ohnmacht verschanzt ?
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Gerulf Herzog (nicht überprüft) schrieb am 2. November 2011 um 17:27: "Die meisten Menschen wollen keinen Krieg." -------------------------- Irrtum. Es stimmt zwar, dass verlorene Kriege ziemlich unbeliebt sind. Und es stimmt weiterhin, dass Kriege für nicht anerkannte Kriegsgründe in moralischem Verruf stehen. Dafür sind Kriege mit sauguten Kriegsgründen allen Moralisten eine Herzensangelegenheit. Dass dabei selbstverständlich das große Bedauern angestimmt wird, dass nun leider wieder mal Krieg sein müsste, gehört dazu wie das Amen zur Kirche. Auch Sie, lieber Herr Herzog, plädieren offenbar für Kriege zum Schutze Unbeteiligter. Wetten, dass der nächste Krieg, bei dem Deutschland direkt oder indirekt dabei ist, auch zum Schutze Unbeteiligter geführt werden wird? Unbeteiligte Syrer, unbeteiligte Iraner...., der freie Bürger wird es rechtzeitig aus dem Fernsehen erfahren, wer als Nächstes dran ist. -------------------------- Zitat: "Ob dies in aller Öffentlichkeit sachlich diskutiert werden kann..." Was soll da groß diskutiert werden? Schon heute steht fest, dass deutsche Waffen, egal, ob exportiert oder von original eingeborenen deutschen Soldaten eingesetzt, grundsätzlich nur für Kriege allererster Sahne eingesetzt werden. Darum geht es der Kampagne, zu der aufgerufen wird. Deutschland macht nur mit bei moralisch sauberen Kriegen! In falsche Hände sollen deutsche Waffen nicht gelangen! Vor allem nicht in die Hände der Gegner!
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Natürlich dürfen Waffen nicht in Krisengebiete exportiert werden. Ein Großteil deutscher Waffenexporte geht jedoch in verbündete Nato-Länder.

Leider braucht man auch Waffen, um sein eigenes Land und seine Mitbürger zu schützen. Heute spielt z.B. die Raketenabwehr gegen weitreichende ballistische Raketen mit Massenvernichtungswaffen eine wichtige Rolle. Im Kalten Krieg war die Panzerabwehr eine wichtige Aufgabe. Leider hätte sich eine angreifende rote Panzerwalze nicht mit "Sanftmut" und "Feindesliebe" aufhalten lassen. Da kommt man eben ohne Panzerabwehr-Raketen und einer Vernichtung des Gegners unter tapferem Einsatz des eigenen Lebens nicht aus.

Ich habe 30 Jahre in der Luft- und Raumfahrt sowie Wehrtechnik gearbeitet. Ich bin stolz darauf, meinen Beitrag zur Landesverteidigung geleistet zu haben.

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Warum hat Frau Käßmann, warum hat die EKD
ihre Stimme nicht gegen die Lieferung meherer (atomar bestückbarer) U-Boote an Israel laut protestiert? Dann wäre ihr jetziger Protest glaubwürdig!

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