Bernd Roselieb
Ist der Markt ein Gott?
Volker Jung und Udo Steffens sagen nein, schauen der „unsichtbaren Hand“ auf die Finger – und entdecken dabei Chancen für die Kirche
Lena Uphoff
Tim Wegner
19.03.2013

chrismon: Die Märkte belohnen und strafen. Machen sie Gott Konkurrenz?

Udo Steffens: Die Akteure auf den Finanzmärkten haben es zumindest geschafft, sich die Wirtschaft so zu organisieren, dass sie die Auserwählten sind. Sie verhalten sich fast sektisch. Ein Beispiel: Hurrikan Sandy hatte im Oktober in ganz Manhattan die Stromversorgung unterbrochen. Nur ein Bankhochhaus war hell erleuchtet; man hatte das Notstromaggregat nicht wie die anderen Banken in den Keller, sondern aufs Dach gestellt. Die Keller standen unter Wasser, nur bei dieser Bank wurde gearbeitet. Ihr Chef schickte ein Foto an alle Mitarbeiter per SMS, der Text zum Bild der strahlenden, sterngleichen Bank in tiefschwarzer Nacht lautete: That is why we are better – darum sind wir besser. Solche Aktionen beschwören einen religiös anmutenden Spirit!

Volker Jung: Ein sehr problematisches Selbstverständnis! Das erinnert mich an Adam Smith, den Vordenker der Marktwirtschaft, der von der unsichtbaren Hand des Marktes sprach. Man kann es fromm sagen: Da ist jemand, der das fügt – der Markt.

Steffens: Smith war ja auch Moralphilosoph, nicht nur Ökonom.

Jung: Wenn der Markt alles fügt, könnte man fordern: Gebt den Markt frei. Aber so wie eine Religion sich einer Religionskritik unterziehen muss, müsste sich auch die Marktgläubigkeit einer Kritik unterziehen. So eine SMS lässt vermuten, dass es mit der Selbstkritik nicht so weit her ist.

"Wachstum ist ein Elixier und ein Motor für Menschen, sich anzustrengen"

Und was kritisieren Sie an der ökonomischen Religion?

Jung: Mit Martin Luther würde ich sagen: Einen Gott haben heißt, dass da jemand ist, von dem ich alles Gute erwarte und bei dem ich Zuflucht suche in allen Nöten. Die Bundeskanzlerin hat einmal gesagt: „Wachstum ist der Schlüssel zu allem.“ Billigen wir dem Marktgeschehen damit eine Heilsqualität zu; eine religiöse Qualität, die ein kritisches Verhältnis zum Wachstum verhindert?

Steffens: Politiker, Unternehmen und auch die christlichen Kirchen, die ja lieber Mitglieder gewinnen als verlieren, setzen auf Wachstum. Es ermöglicht ein leichteres Management: Die Verteilung eines Mehr ist leichter als die eines Status quo. Wachstum ist ein Elixier und ein Motor für Menschen, sich anzustrengen.

Jung: Das bestreite ich nicht, diese Anstrengung hält Wirtschaft lebendig. Aber Wachstum kann nicht unbegrenzt sein, denn die Rohstoffe der Erde sind endlich. Kann Wirtschaft ohne Wachstum funktionieren?

Steffens: Das geht, das sehen wir in Spanien oder Griechenland. Die Bruttoinlandsprodukte schrumpfen, die Gesellschaften er­leben eine massive Krise, aber sie brechen nicht komplett aus­einander. Wachstum sollte man nicht zum Fetisch erheben; eine Gesellschaft sollte ein Minus von fünf bis zehn Prozent ver­kraften können. Viele Reiche würden sogar eine Einbuße von zehn Prozent verkraften. 

Jung: Wir haben Länder mit viel Wohlstand. Und es gibt arme Länder. Dürfen wir unser Wachstum auf deren Kosten realisieren und ihnen Rohstoffe und anderes entziehen?

Steffens: Dürfen wir nicht wachsen, weil wir das Wachstum anderer beschränken? Ich finde nicht, dass das so ist. Dann könnte man ja auch argumentieren: Wenn wir in Deutschland Arbeitsplätze abbauen und sie in Rumänien schaffen, ist das gut, weil die Menschen hier sozial abgesichert sind, in Rumänien und ­vielen anderen Ländern aber nicht. Nun sind vor Gott alle gleich. Steht den Menschen in Rumänien nicht auch Wohlstand zu? Wie entstehen Märkte? Warum organisieren wir uns als Gesellschaft überhaupt marktförmig? Das hängt fundamental mit Freiheit zusammen: Wir sind frei zu entscheiden, wie und wo wir arbeiten, wofür wir unser Geld ausgeben. Wir alle schaffen Märkte und sollten „den Markt“ daher nicht religiös überhöhen. Das gibt ihm eine Macht, die ihm eigentlich nicht zusteht.

Jung: Wir überhöhen aber die Rolle des Wachstums. Und immer auf Grundlage einer einzigen Größe, des Bruttoinlandsprodukts.

Steffens: Also ein Mehr an Produkten und Dienstleistungen.

Jung: Eben, es geht nur um Quantität, nicht um Qualität. Quantitativ erhöht auch die Arbeit einer Sondermülldeponie das Bruttoinlandsprodukt, obwohl sie eine Folge von giftiger Industrie­produktion ist.

Steffens: Panzer auch!

Jung: Genauso problematisch. Wichtiger wäre mehr Qualität, ­etwa – um beim Beispiel der Sondermülldeponie zu bleiben – dafür zu sorgen, dass solche Belastungen erst gar nicht entstehen. Oder ein anderes Beispiel: Viele Menschen sitzen drei Stunden am Tag im Auto, um in die Städte zur Arbeit zu kommen. Da verdienen sie auch mehr. Wenn sie näher am Wohnort eine Arbeit finden, dann haben sie vielleicht weniger Geld, aber drei Stunden mehr Zeit – für ihre Familie oder ein freiwilliges Engagement.

Steffens: Sie argumentieren aus der Sicht einer reichen Gesellschaft, in der die meisten Menschen ihre wichtigsten Bedürfnisse befriedigt haben: Sicherheit, Nahrung, Gesundheit, ein Dach über dem Kopf. Was ich sehr interessant und ein bisschen komisch finde: Aus dieser Position des Wohlstands heraus vermuten viele Menschen das Wirkliche, das Glück ausgerechnet auf dem Land. Man kann das ablesen an Magazinen wie Landlust oder Landliebe. Aber waren die Menschen glücklich, die auf einem kalten, zugigen Krummhörner Bauernhof lebten? Aus einer Position des hohen Wohlstands idealisieren sie etwas, was es meiner Meinung nach so nicht gab. Diese Idealisierung des Landlebens ist ein Ausdruck dafür, dass die Menschen Orientierung suchen. Hier sollte Kirche ansetzen. Die Aufgabe von Religion ist doch, Orientierung zu bieten, die nicht nur rückwärtsgewandt ist. Dann müssen Sie sagen: Auch quantitatives Wachstum ist der Schlüssel zu mehr Freiheit. Damit jeder in einem warmen Zuhause leben kann.

"Wir haben hier Grenzen erreicht. Müssen wir zum Einkaufen nach London?"

Jung: Ich will nicht die Agrargesellschaft zurück. Auch die Bibel ist nicht wachstumsfeindlich, denken Sie nur an das Alte Testament, da sind – salopp gesagt – die mit den großen Herden besonders gesegnet. Aber heute haben wir neue Herausforderungen, ein Beispiel: Die Betreiber von Flughäfen argumentieren, dass ihr Flughafen wachsen muss; das sei ein Motor für die Region, heißt es zum Beispiel hier in Frankfurt. Aber auf der anderen Seite haben die Menschen die berechtigte Angst, ob sie den Lärm noch aushalten und sie gesund bleiben. Da ist Wachstum in Konflikt mit der Lebensqualität. Ich sage: Wir haben hier Grenzen erreicht. Darin steckt eine Grundfrage an unsere Art des Wirtschaftens, an unsere Mobilität: Müssen wir zum Einkaufen nach London?

Steffens: Der Ökonom denkt stark in Risk-Return-Strukturen. Mit dem Flughafenausbau geht man das Risiko ein, die Lebensqualität vieler Menschen durch Lärm zu mindern. Dagegen ­rechne ich Returns, also Erträge. In Frankfurt musste man die nachhaltige Belästigung vieler tausend Menschen gegen Wachstum, Unternehmensansiedlungen und Arbeitsplätze abwägen.

Jung: Aber gilt das für die Finanzmärkte? Gibt es da diese Abwägung? Die Finanzkrisen zeigen, dass wir mit unreguliertem Wachstum Risiken eingehen. Es braucht globale Institutionen, die Regeln setzen und überwachen. Wir denken da leider immer noch sehr stark vom Nationalstaat aus.

Steffens: Kein Markt war so stark reguliert wie die Finanzmärkte. Dann begann in den Achtzigern eine lange Phase der Deregulierung. Jetzt kommen wir in eine neue Phase der Regulierung – bis hin zu Gehältern, die gedeckelt werden; bis hin zu Finanzprodukten, die nicht mehr erlaubt sind. Die Politik setzt wieder Regeln. Im Hintergrund läuft aber eine immense Konkurrenz zwischen Kontinentaleuropa und den angelsächsischen Staaten. Wir sehen, wie große US-Banken Urständ feiern. Was bedeutet es geopolitisch, wenn wir unsere Banken noch stärker regulieren?

Jung: Wir in der Kirche sind nicht die besseren Ökonomen, aber wir müssen die Frage stellen, wo Fehlentwicklungen das Leben der Menschen miteinander gefährden. Und das war in den diversen Finanzkrisen doch der Fall.

Steffens: Ein Ansatz wäre, dass die Kirche in Elitenbildung in­ves­tiert. Hier kann sie den Managern von morgen Werte und ­Haltungen vermitteln. Unsere Studierenden besuchen Ethikkurse. Die großen Business-Schools wie Harvard oder Stanford schicken ihre MBA-Studenten sogar mehrere Wochen in Entwicklungsländer. Dort beraten sie Unternehmer vor Ort und stellen sich den sozialen Realitäten. Sie müssen ihren Managementeid schwören, dass sie sich nicht fehl verhalten.

Jung: Ich weiß nicht, ob Ethikkurse dabei immer weiterhelfen. Es gibt hier in Frankfurt einen Stadtlauf, der von der US-Bank J. P. Morgan organisiert wird. Firmen aus dem ganzen Bundesgebiet ­lassen ihre Mitarbeiter mitmachen, ein Großereignis. Bei J. P. ­Morgan waren ja auch Milliarden verspekuliert worden. Die ­Mit­arbeiter unserer Landeskirche sind deshalb in einem Shirt gelaufen, auf dem stand „Joccupy – wir laufen gegen Zockerei“. Da­rüber hat man sich bei J. P. Morgan geärgert. Ich habe daraufhin mit Dr. Altenburg, dem Chef von J. P. Morgan in Deutschland, geredet, und er sagte, man hätte die Verursacher entlassen, so etwas werde nicht mehr passieren. Mein Punkt war aber, dass man grundsätzlich über die Folgen von bestimmten Spekulationsgeschäften nachdenken muss, bevor man sie macht! Allein ein Gerücht über eine Fehlspekulation kann ja andere Banken und die ganze Wirtschaft in den Abgrund reißen. Und wenn man weiß, dass Geschäfte eine ver­hängnisvolle Wirkung haben können, darf man sie nicht ­machen. Leider sind wir in dieser Frage nicht zusammenge­kommen. Mein Eindruck: Wir brauchen auch Gesetze, Verbote.

Steffens: Der Zug rollt, es kommen neue Regeln. Und doch sage ich: Die Marktsetzungsmacht der Banken, die jetzt wieder stark werden, wird sehr groß sein! Wir erleben da derzeit einen Survival of the fittest. Wir sind gut beraten, unsere starken Akteure nicht mit Gewichten zu behängen.

Warum sind die Finanzmärkte so mächtig geworden?

Steffens: Ein Beispiel: Angenommen Sie, Herr Kirchenpräsident, haben ein neues Auto. Damit sie bei einem Unfall versichert sind, kaufen sie eine Versicherung – ein Finanzprodukt.

"Das sind Geschäfte mit Geschäften von Geschäften"

Jung: Diese Transaktion ist ja wenigstens noch angebunden an ein reales Geschehen. Das Auto gibt es ja.

Steffens: Diese Versicherung kostet Sie 1500 Euro im Jahr. Und man schätzt das Risiko als gering ein, dass Sie einen Unfall ver­ursachen, weil Sie vorsichtig fahren. Der Versicherer verkauft diese Versicherung also an einen Investor weiter, der auf Rendite hofft, weil Sie ja als vorsichtiger Fahrer gelten. Dafür trägt er dann die Hälfte des Risikos. Solche Geschäfte sind mit allen möglichen Finanzprodukten geschehen, und so ist dieser riesige Markt immer weiter gewachsen.

Jung: Das sind Geschäfte mit Geschäften von Geschäften. Das wird immer unübersichtlicher und das finde ich bedrohlich, das muss man politisch begrenzen. Ohne Vertrauen funktioniert Wirtschaft nicht. Und der größte Vertrauensverlust ist doch: Viele glauben nicht mehr, dass die Politik die Kraft hat, Finanzmärkte wirksam zu kontrollieren.

Steffens: Die wirkliche Vertrauenskrise ist, dass die Staaten ihre Schulden nicht zahlen können, und da haben die Märkte eben gerade nicht versagt, sondern aufgezeigt, dass das Vertrauen in die Staaten weg war. Das Geld zog zurück nach Hause, Deutschland zahlt negative Renditen, nur damit das Geld hier sein kann. So komplex ist das mit dem Vertrauen! Ich glaube, diese Komplexität ist eine Chance für eine neue Religiosität, also auch für die Kirche. Ich bin vor vielen Jahren eine Kooperation mit der UPC, der Université Protestante au Congo, eingegangen und wurde dafür ausgelacht. Aber in den größten Krisen im Kongo hat die Kirche und hat auch die UPC funktioniert. Weil, vereinfacht gesagt, sonntags die Orgel spielt; Kirche und Uni bringen Gleichgesinnte zusammen, die Rituale und Traditionen pflegen und in der Krise zusammenhalten.

Jung: Natürlich kann die Kirche aus dieser Komplexität einen Nutzen ziehen. Glauben heißt anzuerkennen, dass ich mein Leben nicht allein schaffe und auf Gnade angewiesen bin. Das hat eine Kraft: Was ich bin und kann, wird mir geschenkt, es ist nicht allein an das Materielle gekoppelt. Davon macht mich der Glaube frei, das ist Freiheit! Das Materielle wird zum Gott, wenn ich meine Existenz darauf gründe.

Steffens: Die Suche nach Orientierung ist massiv, auch in der Wirtschaft.

Jung: Aber Orientierung darf nicht heißen, sich in ein vermeintlich klar definiertes Wertesystem zu flüchten. Das kann nämlich dazu führen, in zwei Welten zu leben – in der frommen Welt und in der anderen Welt, zu der auch der Markt gehört. Dann fallen Handeln und ethische Orientierung auseinander; dann höre ich in der frommen Welt die Predigt, handele aber in der anderen Welt überhaupt nicht danach. Ich finde, die Komplexität führt schon heute zu zwei Entwicklungen: Die Menschen kümmern sich vorrangig um das, was sie unmittelbar betrifft. Sie gehen, durchaus zu Recht, zur Demo gegen Fluglärm – in der Regel aber, ohne Wachstum grundsätzlich in Frage zu stellen. Die zweite Entwicklung ist die Personalisierung, die Frage, wer für einen Fehler verantwortlich ist. Aber was wir darüber hinaus dringend brauchen, ist eine Systemdebatte: Wie wollen wir leben?

Gibt es etwas, das Sie dem Markt nicht überlassen würden?

Jung: Es ist gut, dass wir die Medien nicht völlig dem Markt überlassen. Unser Mischsystem aus öffentlich-rechtlichen und privaten Anstalten ist sinnvoll. Sonst würden wir kultureller Zugänge beraubt. Wir müssen Themen anders bearbeiten können.

Steffens: Ein gewisser Grundzweifel an der unsichtbaren Hand ist sicher angemessen, weil sie eben nicht immer alles zum Besten für die Gesellschaft fügt. Wer sich vor 15 Jahren in Frankfurt ein Haus gekauft hat, ist heute gut dran. Aber ist es gesellschaftlich wünschenswert, wenn – Stichwort Gentrifizierung – die Innenstädte ganz homogen werden, weil sich nur noch Gutverdiener eine Wohnung leisten können? Ich saß mittags auch mal bei einer Arbeiterfamilie am Tisch, habe andere soziale Realitäten gesehen.

Jung: Genau! Das kann der Markt zum Beispiel nicht allein regeln: Leute zusammenzuführen.

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Die Fragestellung nach dem Markt als Gott, weiter Worte wie "Marktgläubigkeit" oder "Überhöhen der Rolle des Wachstums" erinnern mich mehr an einen Pastor alter Schule, der von hoher Kanzel seine Gemeinde gelegentlich auch mit "Ihr Sünder" ansprach. Markt ist die Sphäre, in der Unternehmer, vom kleinsten bis zum größten, die Chancen von Angebot und Nachfrage nutzen. Wo freie Akteure des Marktes durch Bürokratien ersetzt wurden, konnte man erleben, wohin das führte. Die Wachstumsrate kann mit dem Ergebnis eines Unternehmens verglichen werden. Ist sie positiv, bedeutet es, dass rückläufige wirtschaftliche Wertschöpfung in unzähligen Betrieben für die Wirtschaft als Ganzes mit positiven Entwicklungen in anderen Wirtschaftseinheiten überkompensiert wurde. Eine negative Wachstumsrate bringt stets höhere Arbeitslosigkeit mit sich. Wir hatten eine Vergangenheit, in der das Wachstum mehr brachte, als nur die alltäglichen Konsum- und Lebensbedingungen zu erfüllen. Es konnten eine Altersversorgung und ein Gesundheitswesen aufgebaut werden, die Erschwernisse des Lebens minderten und, das sei hier auch erwähnt, Hilfen gegen Hunger und Armut in der Welt zuließen. Angesichts bleibender, wenn auch abnehmender, Arbeitslosigkeit bei uns und steigendem Bedarf an Sozialleistungen ist es gar nicht zu verantworten, auf Wachstum zu verzichten. In meiner beruflichen Erfahrung mit der Wirtschaft, die vor mehr als 50 Jahren begann, habe ich in höchsten Führungspositionen immer wieder sehr engagierte Christen kennen gelernt. Will man die pauschal als Götzendiener des Marktes einstufen?

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Herr Jung und Herr Steffens machen sehr schwammig Aussagen, wo klare Aussagen möglich sind.

Wenn der frühere Vorstand der Deutschen Bank eine Eigenkapitalrendite von 25 % für alle Banken forderte, hätten Fachleute aufschreien müssen, denn eine solche Rendite ist nur zu erreichen, wenn die Hebelwirkung des Fremdkapitals extrem genutzt wird und Fremdkapital unbegrenzt dauerhaft, günstig zur Verfügung steht. Bedingungen, die hohe Risiken beinhalten und so nicht nur die einzelne Bank, sondern das ganze System gefährden. So eine riskante Geschäftspolitik ist mit verantwortlichem Umgang mit Ressourcen nicht vereinbar. Die oft gehörte Schutzbehauptung, wir müssen das so machen, weil die amerikanischen oder englischen Banken uns sonst übernehmen, liegt auf der Ebene: Wenn andere stehlen, muss ich auch stehlen dürfen, oder Alles was nicht ausdrücklich verboten ist, machen wir auch.

Eine andere Möglichkeit des extremen Gewinnstrebens ist: Zinsen berechnen für Einlagen 1 % und für Überziehungskredite 18 %. Wenn dann Leistungsstörungen auftreten, werden Inkassoinstitute und Rechtsanwälte eingeschaltet, die ihrerseits hohe Gebühren berechnen, so dass der Schuldner keine Chance mehr hat, die Schulden ohne Insolvenz loszuwerden.

Bankentscheidungen sind Zukunftsentscheidungen und die werden nach amerikanischem Vorbild nur noch nach Ratingnoten getroffen. Die Zukunft ist aber keine Zahl! Ohne die ursprünglich guten Ratingnoten hätte die Verschuldung in Irland, Griechenland, Portugal oder bei Subprime-Anleihen nicht so extreme Ausmaße angenommen. Das Ratingsystem dient der Überwälzung von Verantwortung für eigene Entscheidungen auf eine anonyme Agentur und trotzdem wurden die Gehälter und Bonifikationen der ‚Entscheider’  extrem ausgeweitet – ist das gegenüber den Mitarbeitern, die das Risiko des Arbeitsplatzverlustes tragen, verantwortliches Handeln?

Die Vertreter der Kirche, aber auch der Hochschulen haben die Verpflichtung Maßstäbe einzufordern, damit die teuflischen Kräfte der Märkte in Schranken gehalten werden. Die Interviewten haben dazu nichts beigetragen!

 

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