Tim Wegner
26.03.2012

Und da sind es nur noch sieben Spiele, in denen 21 Punkte zu vergeben sind. Nun brechen sie an, die Wochen der Angst – oder, wer es lieber optimistisch mag – die Wochen der Hoffnung.

Nun geht es an den Kern der Sache, es geht ans Gewinnen und Verlieren. Wobei so eine Liga ja noch gütiger ist als ein Turnier mit K.O.-System. Es gibt zwar nur einen richtigen Sieger, den Meister. Aber es gibt immerhin noch viele Plätze, die dazu berechtigen, sich als Sieger zu fühlen. Und zu feiern. Etwa ein Platz, der zur Champions League berechtigt. Oder der siebte Tabellenplatz. Klingt eigentlich nach Mittelmaß, aber weil mit Dortmund und Bayern zwei sichere Champions League-Kandidaten das DFB-Pokalfinale bestreiten, wird der Europa League-Platz, den es für den Pokalgewinn gibt, in der Liga nach unten gereicht.

Und als Sieger darf sich schließlich auch noch fühlen, wer eine bescheidene Saison gespielt hat, sich aber noch gerade so vorm Abstieg rettet. Vielleicht sogar erst im Relegationsspiel. Aber zwei richtige, lupenreine Verlierer, die wird es auch geben: die beiden direkten Absteiger.

In der SMS stand: "Sieht nach Reset-Taste aus bei euch..."

Weil mein Herz für einen Verein schlägt, den es in diesem Frühjahr durchaus erwischen kann, kann ich diese Essenz des Sports geradezu mit Händen greifen. Ist es vertretbar, dass sich die Angst vor dem Abstieg in den Gedankenreigen schleicht, der uns beim Aufwachen in den frühen Morgenstunden gern mal überfällt? Gibt es nichts Wichtigeres? Es passiert jedenfalls. Es fühlt sich so existenziell an, the winner takes it all. Und der Verlierer kriegt: nichts.

Man möchte sich dann gerne über die Vernunft aus dem Albtraum schummeln. „Ist doch nur Sport, ein Spiel, das hat mit meinem richtigen Leben nichts zu tun.“ Oder: „Anderes ist viel wichtiger!“ Oder: „So ein Jahr Zweite Bundesliga: da kann man mal ganz andere Städte bereisen als sonst – und dann steigt man wieder auf!“

Aber fragen Sie mal die Fans, die neben Ihnen in der nächsten Konferenz sitzen, mit zerkauten Fingernägeln. Jedenfalls die Echten unter ihnen werden sagen: das klappt nicht! Zum Sport gehört die Hoffnung auf den Sieg, auf den einen schönen Moment, der für den Gegner dann das Grauen bedeutet. Verloren, alles Futsch. „Sieht schon sehr nach der Reset-Taste aus“, smste mir neulich ein Freund ins Stadion, Zwischenstand 0:3 gegen die Meinen. Stimmt genau, Reset – alles ist weg, alles ist vorbei.

Wenn der Fußball auf seine Urteile zustrebt; wenn bald klar ist, wer Meister ist und wer nicht, wenn feststeht, wer absteigt und wer bleibt – puh, das lässt sich nur mit Sportsgeist ertragen. Und das ist dann wieder die gute Essenz des Sports.

Die Größe zu akzeptieren, dass Andere besser waren – das muss man üben. Und irgendwie hilft mir diese Erkenntnis, weil: Das ist im „richtigen Leben“ auch nicht ganz unwichtig

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Jeder Text auf dieser Plattform ist ein Triumph über den Verlust. So etwas ist nicht "von guten Eltern", und kein Sportsgeist, auch kein Großmut, denn Größe zeigt sich oftmals im Verzicht. Üben Sie also redlich...

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