Ursula Ott, die Chefredakteurin von chrismon
Ursula Ott ist Chefredakteurin von chrismon
Foto: Katrin Binner
Alles privatisieren
Erledigt - Frau Otts endgültige Ablage.
Tim Wegner
24.08.2015

Wir sagen den Griechen ja derzeit, sie sollen privati­sieren, was sich flott zu Euros machen lässt: Häfen, Flughäfen, Energiefirmen. Damit alles effizienter wird. „Der privatisierte Teil des Hafens von Piräus funk­tioniert“, so Alexander Kritikos vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, „der staatliche nicht.“

Guter alter Staat - hippe, private Sharing Economy

Ich bin keine Expertin und heiße nicht Ursulos. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass Privatbetriebe nicht grundsätzlich effizienter sind als der Staat. Ich hatte innerhalb einer Woche zweimal mit Bürokratiekram rund um den Führerschein zu tun. Einmal mit dem guten alten Staat und einmal mit der hippen, höchst privaten Sharing Economy. Beim Staat war es so: Mein Sohn wurde 18, an einem Freitag, da schließt das Bürgeramt um zwölf Uhr. Der Junge hatte aber bis zwölf Uhr ein Seminar. Und er wollte unbedingt, UNBEDINGT, mit dem kostbaren Führerschein am Samstag in Urlaub fahren. Nein, das war kein Notfall auf Leben und Tod, er hätte ja auch montags losfahren können. Aber es saßen drei furchtbar nette Frauen in diesem Bürgeramt, mit denen wir zwischen acht und zwölf Uhr viel telefoniert haben. Und die tatsächlich bis 12.21 Uhr aufs Geburtstagskind warteten, „Happy Birthday“ sagten und ihm den Lappen überreichten.

Was Liebe aushält

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Zwei Tage später, purer Zufall, wollte ich mich beim ­Car­sharing anmelden und lud mir eine App, einen QR-Code und Zugangsdaten aufs Handy. Auch dafür muss der Mensch aus Fleisch und Blut an einem realen Ort den Führerschein vorzeigen. Diesen bürokratischen Akt hat die Carsharing-­Firma outgesourct: an eine Autovermietung, einen Billigcomputerladen oder eine Postagentur. Die Autovermietung habe ich dreimal ver­geblich aufgesucht – es war angeblich der Scanner kaputt oder das System abgestürzt. Ich vermute, die Effizienz dieses Ladens besteht darin, seine Leute grottenschlecht zu bezahlen. Jedenfalls sagte die Hilfskraft heute ­Morgen entnervt: „Wissen Sie was, daran verdienen wir sowieso nichts, das lohnt sich für uns gar nicht.“

Hat sich für die Beamtinnen im Bürgeramt übrigens auch nicht gelohnt, auf das Geburtstagskind zu warten. Aber hat funktioniert. So kann der Sohn mich ja künftig durch die Gegend fahren. Danke, ευχαριστώ.

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Der Beitrag von Ursula Ott suggeriert, dass Serviceleistungen unter staatlicher Obhut doch wohl das Beste für uns Bürger seien und Privatisierungen im Wesentlichen zu Lohndumping und Unfreundlichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führten.

Schade! Gerade zu diesem wichtigen Thema einmal einen kurzen Beitrag soviel Staat wie nötig - sowenig wie möglich hätte not getan: allgemeine Infrastrukturleistungen, auf die jeder Bürger angewiesen ist, wie z. B. die Strom- und Wasserversorgung, der Bahnverkehr und Kita-Betrieb, sind am besten beim Staat aufgehoben, und zwar vor allem wegen der Versorgungssicherheit. Allerdings sollte es hier auch kein Streikrecht geben, sondern soziale Auseinandersetzungen letztinstanzlich von Schlichtern geklärt werden können. Alles andere kann die Privatwirtschaft besser, unter der Voraussetzung, dass der Wettbewerb gewährleistet ist, d.h. der Bürger ein echtes Wahlrecht hat, und der Staat seine Aufsichtspflicht ernst nimmt.

Beste Grüße und ansonsten weiter so!

Uwe Faust, Kelkheim

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Frau Ott, die Besserwisserin par excellence hat mich mit ihrer Rechthaberei schon oft geärgert, aber dieses Mal ganz besonders. Da hat sie EINMAL eine positive Erfahrung mit einem Amt gemacht, und schwupp ist sie sich sicher, dass die Wirtschaftsforscher falsch liegen, wenn sie Griechenland empfehlen, schlampig geführte staatliche Unternehmen zu privatisieren.
Aber was können Wirtschaftsexperten schon ausrichten gegen ein Amt, das wegen ihres Söhnchens 21 Minuten Überstunden macht.

Heidrun Egelhaaf

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