Ursula Ott ist stellvertretende Chefredakteurin von chrismon.
Tim Wegner
18.04.2011

Alles neu macht der Mai. Kreuzberg ist das neue Mitte. Facebook ist das neue Google. Silber ist das neue Gold. Snickers ist das neue Mars. Frankfurt ist das neue München. Pink ist das neue Schwarz. Obwohl – kommt drauf an. In der Computerbranche ist eher Weiß das neue Schwarz, seit dem iPhone aber auch wieder Schwarz das neue Weiß. In der Mode ist Blau das neue Schwarz, wohingegen im Autodesign Chrom das neue Schwarz ist. Und „Life ist das neue Live“. Steht wörtlich so in einer PR-Broschüre. Hä? Könnte es sein, dass doof das neue Schlau ist?

Ganz schön kompliziert geworden mit den Trends. Es reicht nicht mehr, den neuesten zu kennen, man muss auch den gerade abgelösten dechiffrieren. Wer nicht wusste, dass München die Stadt mit den höchsten Immobilienpreisen war, wird auch den Gag mit Frankfurt nicht verstehen. So schafft sich jede Community ihre Geheimsprache. „18.30 ist das neue 20 Uhr“ – verstehen nur Filmjournalisten, die sich über die frühen Kinozeiten von Pressevorführungen aufregen. „Hinten ist das neue Vorne“ erschließt sich nur den Fußballfans, bei denen es angeblich in ist, das Trikot nach dem Sieg falschrum anzuziehen.

Was ist neu seit Erich Kästner? Nicht viel!

Ach, und das lassen wir uns einfach so sagen, was gerade „in“ ist? Dass „40 das neue 20 ist“? Und „Grau das neue Blond“? Und wenn die Jungen das irgendwann blöd finden mit den superaktiven Silver Agern, und wenn sie dann dichten: „20 ist das neue 40“ – gehen wir dann alle zum Botox-Spritzen? Oder wird „Dioxin das neue Botox“, wie ein Kosmetikblog im Internet vermutet? Es hat sich nicht wirklich viel geändert seit Erich Kästners Gedicht von den „sogenannten Klassefrauen“. „Wenn es Mode wird, sich schwarz zu schmieren“, schrieb der große Satiriker, „wenn verrückte Gänse sich die Haut wie Chinakrepp plissieren, wenn es Mode wird, auf allen vieren durch die Stadt zu kriechen, machen sie’s.“ So viel Klartext schreibt heute keiner mehr? Doch, klar, der Kinderbuchautor Andreas Steinhöfel sei „der neue Kästner“, schreibt die „Berliner Zeitung“. Der ist echt gut. Aber er ist einfach nur – Steinhöfel.

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