Eine Politik der Widersprüche
Deutschland exportiert Waffen in hoher Zahl, auch in Länder, die im Krieg sind. Die Kirchen fordern restriktive Gesetze
Irmgard SchwaetzerJulia Baumgart
21.03.2017

Von deutschem Boden soll nie wieder Krieg ausgehen. Auch nicht indirekt. Aus gutem Grund interessiert sich die deutsche Öffentlichkeit dafür, wie viele Waffen Deutschland wohin liefert. Die Kirchen in Deutschland beobachten die Entwicklung der Waffenexporte genau und kritisieren die Exportpraxis. Dies ist Teil der Arbeit der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), ein konfessionsübergreifender Arbeitsverbund zur Entwicklungspolitik. Er spricht mit Parlament, Regierung und gesellschaftlichen Interessengruppen über Nord-Süd-Politik und Entwicklungszusammenarbeit.

Deutschland versorgt auf hohem Niveau Staaten auch außerhalb der Nato mit schweren Waffen. So ist es im 20. Rüstungs­exportbericht der GKKE zu lesen*. Obwohl sich die Bundesregierung auf Zurück­haltung in der Exportpolitik verpflichtet hat, ist kein Rückgang der Waffen­lieferungen zu beobachten. Besonders problematisch sieht die Konferenz die Be­lieferung von Katar und Saudi-Arabien, die direkt in kriegerische Kon­flikte auf der arabischen Halbinsel verwickelt sind. Es gibt also einen deutlichen Widerspruch zwischen dem erklärten Willen zu restriktiver Rüstungsexportpolitik einerseits und einer alles andere als restriktiven Genehmigungspraxis andererseits. Das beklagen die beiden großen Kirchen seit vielen Jahren. Dieser Widerspruch schadet der Glaubwürdigkeit deutscher Friedens-und Sicherheitspolitik. Bei der Vorstellung des Berichts kommt der Bevollmächtigte des Rates der EKD bei der Bundesregierung, Prälat Martin Dutzmann, zu dem Schluss: „Wir brauchen eine Revision der gesetzlichen Grundlagen.“

"Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein."

Dass die Exporte von Kleinwaffen zurückgegangen sind, wird im Bericht positiv gewürdigt. Auch dass sich die Transparenz der Exportpolitik durch die jährlichen Berichte der Bundesregierung erhöht hat. Aber jetzt geht es um einen neuen Schritt, in eine Zukunft mit einer erkennbar res­triktiven Politik. Richtlinien, wie sie jetzt bestehen, können nur allzu leicht mit Ausnahmeregelungen ausgehebelt werden. Ein Gesetz würde demgegenüber die gewünschte Verbindlichkeit schaffen. „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.“ Darin waren sich die 147 Vertreterinnen und Vertreter auf der ersten Versammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 1948 in Amsterdam einig. Konfessionsüber­greifend. Das ist so klar formuliert – und doch so schwer umzusetzen.

Immer wieder entzündet sich politischer Streit an der Frage, wie weit allein schon die Verfügbarkeit von Waffen die Lust am Krieg fördert. Ein Blick in die Geschichte zeigt: Eine Welt ohne Waffen hat es noch nie gegeben. Aber Abrüstung ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, den Frieden zu erlangen und zu erhalten. Das ist die Erkenntnis, die die Welt aus dem furchtbaren Zweiten Weltkrieg und der Aufrüstung im sogenannten Kalten Krieg gewonnen zu haben glaubte. Die erfolgreichen Abrüstungsverhandlungen zwischen den Staaten der Nato und der damaligen Sowjetunion in den 80er Jahren haben Vertrauen gefördert. Ein Vertrauen, ohne das die Wieder­erlangung der deutschen Einheit 1990 viel komplizierter geworden wäre. Niemand verkennt, wie komplex die politischen Entscheidungen in Sachen Rüstungs­export sind. Aber sie erfordern eine besondere Verantwortung. Wer den Frieden fördern will, muss die Verfügbarkeit von Waffen verringern. Diese klare friedensethische Haltung ist es, die Politik und Gesellschaft heute besonders nötig haben.

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