101. Deutschen Katholikentag in Münster
Währrend dem Gottesdienst zu Christi Himmelfahrt auf dem Schlossplatz in Münster am 101. Deutschen Katholikentag. Credit: katholikentag.de / Fabian Weiss
katholikentag.de/Fabian Weiss
Was ist christlich am Abendland?
Der Katholikentag sorgt sich um die ökumenische, vor allem aber um die politische Großwetterlage
Portrait Eduard KoppLena Uphoff
11.05.2018

Hoch oben im gotischen Gewölbe der Lambertikirche von Münster sind sie alle vereinigt. Dutzende lila und gelbweiße Lichtflächen tanzen über die Säulen und Gewölberippen, sie kreuzen ihre Bahnen und schweifen wieder auseinander. Zu Musik und Bibeltexten entwickelt sich vor den Augen der Katholikentagsbesucher etwas, was die Künstler "Glaubensfeuer" nennen.

Die spätgotische Marktkirche in der Innenstadt von Münster ist nicht nur für ihre Schönheit bekannt, sondern auch wegen ihrer drei eisernen Käfige außen am Turm. In ihnen zeigte die Stadt im Jahr 1536 drei Leichen: die der gefolterten und hingerichteten Anführer des rigiden Täuferreiches. Mit deren Tod hatte das Terrorregime ein Ende. Heute pflegt die katholische Gemeinde das Verbindende, nicht das Trennende. Und so lassen sich die lila und gelbweißen Lichttänze im Kreuzgewölbe als Symbol der Ökumene lesen. Da ist viel in Bewegung, und keine lässt sich ausbremsen. Und die besseren Zukunftschancen nach innen und außen haben die Kirchen, wenn sie sich entschlossen zusammentun.

Die gemeinsame Teilnahme an Abendmahl und Kommunion

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezog das ganz konkret auf die gemeinsame Teilnahme von Katholiken und Protestanten an Abendmahl und Eucharistie. Er als Protestant und seine katholische Ehefrau erwarten von der katholischen Kirche, dass sie ihre Vorbehalte gegen eine wirkliche, praktizierte Ökumene aufgeben. Bei der Eröffnungsveranstaltung machte er deutlich: "Lassen Sie uns Wege suchen, den gemeinsamen christlichen Glauben auch durch gemeinsame Teilnahme an Abendmahl und Kommunion zum Ausdruck zu bringen." Das ist eine freundlich vorgetragene, sachlich aber klare Kritik an den konservativen deutschen Bischöfen, die den ökumenischen Kompromiss der Bischofskonferenz zu torpedieren versuchen.

Der 101. Katholikentag steht unter dem Motto "Suche Frieden", entlehnt aus Psalm 34. Das soll nach Wunsch der Veranstalter, dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), politisch, sozial und theologisch verstanden werden. Außerordentlich scharf verurteilte das ZdK ein Tag vor Beginn des Katholikentags in ihrem Münsteraner Manifest rassistische politische Rede, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit. Nicht nur der Bischof von Münster, Felix Genn, dachte dabei auch an die AfD. Genn sagte bei einer Pressekonferenz knapp und deutlich: "Wir haben diese Leute auch in unseren Gemeinden." Nun haben sich die Katholiken klar positioniert: "Wir stehen für ein vielfältiges, gewaltfreies und demokratisches Miteinander", heißt es in dem Manifest. "Wir haben unsere bitteren Lektionen aus der Geschichte gelernt. Wir stehen auf für ein friedvolles Zusammenleben." Die Katholiken wollen sich der religiösen Intoleranz und Gewalt entgegenstellen. Wie dieser "Aufstand" im weiteren aussehen wird, muss sich zeigen.

Steinmeiers Kritik an Donald Trump

Eher unscharf ist die Haltung des offiziellen Katholikentags gegenüber dem alltäglichen Rechtspopulismus. Da heißt es im Manifest und in den Äußerungen der ZdK-Spitze: "Für den sozialen Frieden bedarf es der Integration aller Menschen. Den Armen und Schwachen wird unsere Gesellschaft gerecht, wenn sie ihnen materielle, soziale und kulturelle Teilhabe ermöglicht." Hier wird es erst richtig interessant: Was ist damit politisch konkret gemeint? Soll es ein uneingeschränktes Arbeitsrecht für Zuwanderer geben, vielleicht sogar ein Wahlrecht? Sollen Flüchtlinge mehr Geld bekommen? Was ist mit dem erweiterten Familiennachzug?

Was christliches Engagement angesichts des Katholikentagsmottos "Suche Frieden" ist, führte Bundespräsident Steinmeier beispielhaft vor: am Thema des Ausstiegs der USA aus dem Atomabkommen. Die Entscheidung des US-Präsidenten sei eine Absage an den "Frieden durch internationale Kooperation". Wenn das Abkommen falle, sei das eine Tragödie für den Iran, für die Region, aber auch für die internationale Diplomatie. Es müssten zur Not die verbleibenden anderen Mächte mit dem Iran sprechen, also Großbritannien, China, Russland, Deutschland, Frankreich und die EU.

"Atheismus kann jeder"

Ein Paar mit schwarzen T-Shirts strebt auf den Domplatz, der Eröffnung des Katholikentags entgegen. In weißer Schrift steht auf dem Rücken zu lesen: "Atheismus kann jeder". Es macht ihnen sichtlich Spaß, damit aufzufallen. Aber Provokationen lösen sie damit nicht aus – nicht in Münster. Die Stadt gilt als eine der katholischsten in Deutschland. Provokativ wäre vielleicht gewesen: "Katholizismus kann jeder."

Der Katholikentag ist so attraktiv wie seit Jahren nicht mehr. Mehr als 50.000 Menschen haben eine Dauerkarte gekauft, hinzu kommen 20.000 bis 30.000 Tagesteilnehmer. Seit dem historischen Katholikentag 1990 in Berlin, kurz nach dem Fall der Mauer, haben nicht mehr so viele Menschen den Weg zum Katholikentag gefunden. Der letzte Katholikentag, 2016 in Leipzig, hatte bescheidene Ausmaße. Doch auch er war eine Dokumentation des Glaubens, dort allerdings in einer weithin säkularisierten Umwelt.

Göring-Eckardts Konfirmationskreuz

Das ist gegenwärtig ein Thema, dessen sich die CSU besonders angenommen hat. Als Bayerns Ministerpräsident Markus Söder im April 2018 anordnete, in den Amtsstuben des Landes Kreuze aufzuhängen, erntete er dafür viel Kritik. Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, erzählte beim Katholikentag davon, dass sie ein Kreuz mit Halskette zur Konfirmation von ihrer Lübecker Patin geschenkt bekam. Das allerdings durfte sie in ihrer DDR-Schule nicht tragen. Aufgrund dieser Erfahrung, so berichtete die Politikerin, trete sie heute dafür ein, dass jede und jeder ein Zeichen seines Glaubens zeigen dürfe, sei es eine Kippa, ein Kopftuch oder ein Kreuz. Aber: es sei allein die Entscheidung des Einzelnen, dies zu tun oder auch nicht. Niemand dürfe religiöse Zeichen von oben anordnen, niemand unter die religiösen Zeichen eines anderen gezwungen werden.

In Münster waren offensichtlich keine Katholikentagsbesucherinnen und -besucher mit Kippa unterwegs, um ihre Sympathie mit den Juden zu zeigen, die unter antisemitischen Übergriffen zu leiden haben. Eher fielen bunte afrikanische Turbane, Barrette orthodoxer Würdenträger und die Hauben der Ordensfrauen auf. Aber auch das ergab ein buntes Bild.

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