Engelsorchester von Christoph Markschies
Christoph Johannes MarkschiesThomas Meyer/OSTKREUZ
17.11.2016

Natürlich. Es ist Kitsch. Schlimmer Kitsch. Und sicher auch keine gute Musik, die da geboten wird. Die Orgel spielt "Stille Nacht", das Klavier "Oh du fröhliche" und der Engel am Pult dirigiert: "Ihr Kinderlein kommet".
 

Die Engel sind – vorsichtig gesprochen – eher vollschlank, sie dürften in den dünnen weißen Hemdchen ziemlich frieren, wir haben auch viel zu viele Bläser auf der Wolke und zu wenig Streicher und so weiter und so fort.

Aber wenn die Kerzen auf der Wolke hinter dem Engelsorchester angezündet werden und der milde Schein des Lichtes die grünen Flügel mit den weißen Punkten beleuchtet, dann fallen alle solchen Bedenken von mir ab. "Haben Sie aber viele schöne Engel", rufen die, die zu Besuch kommen in diesen adventlichen Tagen, oder "schön viele Engel".

Beides stimmt eigentlich. Und wenn ich mich dann zurücklehne und darüber nachdenke, warum ich so gern auf die Engelskapelle mit den vielen Engeln sehe, dann fallen mir sofort ganz viele Gründe ein, fast so viele, wie Engel auf dem schwarzen Stutzflügel stehen.

Ein paar will ich aufschreiben: Weihnachten hat nun eben auch mit sentimentaler Erinnerung zu tun, mit Erinnerung an eine heile Kinderwelt, an eine heile Welt: "Heut schleußt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis / der Cherub steht nicht mehr dafür, Gott sei Lob, Ehr und Preis". Also muss ich gar nicht die sentimentalen und leicht kitschigen Elemente von Advent und Weihnachten mit dem scharfen Messer strenger theologischer Zensur abschneiden von meinem Feiern.
 

Und dann die drei verschiedenen Stücke, die die Kapelle spielt: Ist eben eine Engelskapelle auf Wolken im Himmel. Hier auf Erden würde es kein gutes Konzert, wenn das Orchester aus verschiedenen Noten spielen müsste. Dort, bei Gott, wird das, was hier auf Erden dissonant geblieben ist, in eine einzige große, himmlische Harmonie zusammengeführt. Ein schönes Bild für etwas, was natürlich ganz anders sein wird als alle ach so begrenzten irdischen Bilder. Aber das, was auf dem Klavier steht, ist gleichnisfähig für die himmlischen Töne.

Und dann: Das Weihnachten, an das wir schon im Advent erinnern, hatte nichts Großartiges. Auch damals, im jüdischen Lande zur Zeit des Königs Herodes, als Cyrenius Landpfleger (wie Luther sagte, historisch präziser: als Quirinius Statthalter) in Syrien war, war Kleidung knapp und wurde der Heiland der Welt nicht unter denen geboren, die im Römischen Reich für schön, stark und mächtig galten. Und es war doch plötzlich unendlich viel Wärme, Herzlichkeit und Menschlichkeit in der Welt.

Auf solche Gedanken kann man kommen, wenn man länger auf die kleinen Musikanten schaut – und wie ich von seinen Eltern übernommen hat, dass diese erzgebirgischen Figuren eben nicht nur kommerzieller Kitsch, Verniedlichung von etwas unendlich Hohem, sondern ein in aller irdischen Beschränktheit doch gleichnisfähiges, gleichsam durchsichtiges Adventsvergnügen sind.

Aber vielleicht noch besser, wenn wir vielleicht im nächsten Jahr doch ein paar weitere Streicher dazustellen.

Gesegnete Adventstage!

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