Zerstörtes Haus im Badeort Pedernales
Wer birgt Überlebende und Tote? Zerstörtes Haus im Badeort Pedernales
Foto: Johannes Süßmann
Zwei Tage nach dem Erdbeben
Johannes Süßmann war in Quito, als Mitte April die Erde bebte. Jetzt ist Katastrophenhilfe nötig. Die ist hart
Foto: Privat
23.05.2016

Es war, als würde der Boden unter meinen Füßen zu Wackelpudding. Das Erdbeben am 16. April erlebte ich in der Hauptstadt Quito, mehrere Hundert Kilometer vom Epizentrum entfernt. Das Gefühl, ausgeliefert zu sein, war furchtbar. Aber wir kamen hier mit dem Schrecken davon. Anders die Küstenstadt Pedernales, die ich eineinhalb Tage später besuchte, um von dort zu berichten. Hier reihte sich Ruine an Ruine. Helfer bahnten sich ihren Weg über meterhohe Schuttberge. Es war un­erbittlich heiß, und über allem lag ein ­beißender Geruch. Von verderbendem Müll und von Verwesung.

###autor###Wie geht man um mit der ­Katastrophe? Was kann ich tun? Im Bus zurück nach Quito kam ich mit Sebastián ins Gespräch, er war etwa 30 Jahre alt. Während des ­Bebens war er im kleinen Küstenort Canoa, er hatte dort einen Freund besucht. Auch dort waren Menschen umgekommen. Sebastián hatte Tod, Elend und Zerstörung gesehen, und er hatte nur einen Gedanken gehabt: weg von hier. Seinen Freunden in Quito und anderen Städten hätte er kurz danach mit Nachdruck ausgeredet, ihrem ersten Impuls zu folgen, ins Katastrophen­gebiet zu fahren, um zu helfen. „Dafür gibt es ausgebildete Spezialkräfte, und die fahren jetzt da hin“, hätte er ihnen gesagt. „Die haben Erfahrung mit solchen Situationen und sind vorbereitet auf die Gefahren. Ich selbst kann nur etwas tun, wenn ich am Leben bleibe.“

Spendenbereitschaft und Solidarität sind überwältigend

Es kostet mich einige Mühe, mich auf Sebastiáns Gedanken einzulassen. Man muss doch helfen?! Aber ich habe die Zerstörung in Pedernales gesehen. Und auch ich kann mir nicht vorstellen, wie ich mit meinen kleinen Händen an meterdicken Betonplatten zerre.

Die Arbeit der Katastrophenhelfer ist hart, unermesslich hart. Aber gerade in den ersten Stunden nach dem Unglück ist es ihre Arbeit. Nicht die von Sebastián. Und auch nicht die von mir. In Quito verabschieden wir uns: „Lass uns tun, was wir tun können. Lass uns nach Hause fahren und Spenden sammeln, um sie an die Küs­te zu schicken.“

Zehntausende tun das dieser Tage in Ecuador. Spendenbereitschaft und Solidarität sind überwältigend. Und mit ein paar Tagen Abstand zeigt sich, wie recht Sebas­tián hatte. Es gibt nicht viele Menschen, die wissen, was in einem Katastrophen­gebiet zu tun ist, die Leid und Zerstörung in diesem Ausmaß ertragen können. Helfen aber kann jeder – auf seine Art.

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