Flüchtlinge in Griechenland
Übernachten wir hier? Kind am griechisch-­mazedonischen Grenz­übergang Idomeni
Foto: Getty Images/Anadolu Agency
"Rückstau" auf der Balkanroute
Ulrike Weber mit einer E-Mail aus Griechenland
Foto: Privat
14.02.2016

Update vom 15. März:

Die Ereignisse überrollen uns. Jeden Tag gibt es neue Informationen und Fakten. Momentan bekomme ich fast täglich Anfragen aus Deutschland: „Wie können wir helfen?“

###autor###Mittlerweile gibt es am Stadtrand von Thessaloniki ein Lager mit 2000 Flüchtlingen; die Grundversorgung ist gewährleistet, das Essen kommt vom Militär. An manchen Tagen schmeckt es und an manchen eben nicht. So wie wir kommen viele freiwillige Helfer aus der griechischen Bevölkerung und bringen zusätzlich Bananen, Joghurts und Süßes für die vielen Kinder. Aber was sind 50 Bananen für 2000 Menschen?

Überall in Nordgriechenland werden jetzt neue Lager aufgetan. Ziel ist es, die Menschen von Idomeni in festere Unterkünfte zu bekommen und die Lage zu entspannen. Aber entspannend wird die ganze Situation hier in Griechenland noch lange nicht. Auch wir können nur stellenweise helfen und unterstützen. Immer wieder bekomme ich Anfragen, ob wir Personen aus Idomeni herausholen können. Viele Mails gehen dann hin und her. Nun aber konnten wir in Idomeni den 16-jährigen Jungen einer syrischen Familie, die schon in Deutschland ist, per Handy finden und hier in einem betreuten Wohnen für Minderjährige unterbringen. Jetzt päppeln wir ihn auf, diesen schmalen Jungen, der noch viel jünger aussieht als er ist.

Wir sind als Sammelstelle der Stadt Thessaloniki registriert und nehmen Sachspenden entgegen. Die geben wir dann weiter. Es erreichen uns auch Hilfspakete aus Deutschland, die mit viel Phantasie auf die Reise gebracht werden! Diese Solidarität tut uns gut!

Die Not verändert das Land, die Flüchtlingssituation verändert das Land. Wie das aber am Ende aussehen wird, weiß noch keiner.


So sah die Situation Anfang März aus:

Oberflächlich betrachtet ist in Thessaloniki alles wie immer: Die Geschäftsstraßen sind belebt, die Leute flanieren die Promenade entlang, man trifft sich in Cafés.

Die Veränderungen sieht man erst auf den zweiten Blick. Die Einkaufstüten sind nicht mehr prall gefüllt, die Portemonnaies ohnehin schon lange nicht mehr Dabei sind noch nicht alle Sparmaßnahmen umgesetzt. Die Rentner demonstrieren gegen Kürzungen, die Bauern legen mit ihren Traktoren Innenstadt und Auto­bahnen lahm. Nächste Woche ist mal wieder ein Generalstreik angesagt.

Und an der Stadt vorbei ziehen die Flüchtlingsströme. Die Menschen kommen von Lesbos aus mit dem Fährschiff in Kavala an, 150 Kilometer östlich von hier, und gehen oder fahren weiter nach Idomeni an der mazedonischen Grenze.

Der Übergang ist nicht immer offen. Mal wird er gegen Mittag dicht gemacht, mal ist er am späten Abend für ein paar Stunden auf, aber nur für Flüchtlinge mit syrischem, afghanischem oder irakischem Pass. Die ständige Ungewissheit zerrt an den Nerven. Die Flüchtlinge, die nicht weiterkommen, bringt man mit Bussen nach Athen. Für Thessaloniki ist ein Lager in einer Kaserne am Stadtrand im Gespräch, aber man weiß nichts Genaues. Vor allem nicht, wie die Versorgung für so viele Menschen aussehen soll.

Zurzeit läuft vieles im Kleinen. Hilfsorganisationen mieten billige Hotelzimmer an, in denen einzelne Flüchtlings­familien für kurze Zeit unterkommen. Eine Initiative unterhält ein Haus für allein reisende Frauen mit Kindern. Die Menschen wollen ja nicht bleiben, sie versuchen alles, um weiterzukommen. Im vergangenen Jahr haben wir den hoffnungsvollen Flücht­lingen auf ihrem Weg noch eine gute ­Reise gewünscht. Nun bleibt uns der Wunsch im Hals stecken. Es ist eine schwierige Zeit für alle.

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Danke an Ulrike Weber für ihren empfindsamen Bericht. Gebete für gute politische Entscheidungen und sehr viel Geduld für alle, begleiten Sie, Griechenland und überhaupt jeden, der derzeit mit Herz, Seele und Verstand, sowohl in Gedanken als auch aktiv, dabei ist.
Mit freundlichen Grüßen

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