Papst Franziskus packt die Reform seiner Kurie mit Elan an
Portrait Eduard KoppLena Uphoff
10.02.2015

chrismon Redakteur Eduard Kopp
Die Härte der Worte war ungewohnt. Der Heilige Vater ­schenkte seiner römischen Kurie nichts. Deutlich redete Ende Dezember Franziskus den Kurienmitarbeitern – von den Verwaltungskräften bis zu den höchsten Kardinälen – ins Ge­wissen: „Eine Kurie, die sich selbst nicht kritisiert, die sich nicht auf den neuesten Stand bringt und verbessert, ist ein kranker Körper.“ Er diagnostizierte gleich eine ganze Palette an Krankheiten: „spirituellen Alzheimer“, „geistige Versteinerung“, „Pathologie der Macht“, „Vergötterung der Chefs“, ­„theatralische Strenge“, „existenzielle Schizophrenie“. Auch von Verleumdungen und Diffamie, von Drang nach weltlichem Erfolg war die Rede. So redet nur einer, der entweder vor ­seiner Aufgabe kapituliert oder Großes vorhat.

Das Letztere ist der Fall. Die harschen Worte sind Vorboten von einschneidenden Reformen in der Kurie. Franziskus Vorgänger Benedikt hatte erleben müssen, wie ihn selbstherrliche Behördenleiter demontierten, indem sie ihn wiederholt ausbremsten (so beim Thema Pädophilie) oder ins Messer laufen ließen (so bei der Rehabilitierung des Holocaust­leugners Bischof Richard Williamson). Sein eigener Privat­sekretär schnüffelte den Papst aus, offensichtlich weil er von vatikanischen Seilschaften dazu gedrängt wurde. Und: Die Vatikanbank betrieb offensichtlich Geldwäsche im großen Stil.   

 Franziskus geht endlich an, was seit fünfzig Jahren als nötig erkannt wurde, woran aber seine Vorgänger scheiterten: die Kurienreform. Das größte organisatorische Problem des Vatikans ist das fehlende Kabinett. Zwar vereint der Papst die drei Gewalten in seiner Person (Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung), doch mangelt es an der Einbindung der ­Ministerien, also der vatikanischen Ämter. Auch die Vielzahl der Kommissionen und Kongregationen ist fragwürdig. Etliche werden zusammengelegt werden und Köpfe werden rollen.

Mitte Februar, beim nächsten großen Kardinalstreffen im Vatikan, wird Franziskus seine Pläne für die große Kurien­reform auf den Tisch legen. Nicht unwahrscheinlich, dass dann der lange erwartete Schritt folgt: aus dem Irrgarten der Kompetenzen und harter Rivalitäten eine Institution zu ­machen, die reibungsloser funktioniert.

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Ist es unziemlich, in diesem Forum über die "Konkurrenz" zu lamentieren? JA, weil es uns egal sein könnte und NEIN weil unser Boot ähnlich schaukelt.

Zitat:„Eine Kurie, die sich selbst nicht kritisiert, die sich nicht auf den neuesten Stand bringt und verbessert, ist ein kranker Körper."

Wer kann denn da "die Kurve" zum neuesten Stand nicht einschlagen? Es ist ja nicht nur die Kurie, es sind ja auch die Gläubigen und bei uns die Verantwortlichen vor Ort, die an den lieb gewordenen Riten und Vorstellungen auf jeden Fall festhalten wollen und damit dann denen den Weg verbauen, die vorwärts schauen wollen. Dann nehmen Sie doch mal den Polen die Göttlichkeit von Maria. Das Problem ist doch dadurch entstanden, dass wir es bisher –zumindest bis vor ca. 40 Jahren- gewohnt waren, auch unsere kirchlichen Probleme vorrangig aus nationaler, oder im objektivsten Fall, aus europäischem Blickwinkel zu sehen. Der interne Blickwinkel der alten Kurie könnte noch enger sein und eher dem des von Tebarts gleichen. Und jetzt kommt ein Südamerikaner und präsentiert einen ganz anderen globalen Spiegel der Erkenntnis. Diese Revolution entlässt ihre Kinder nicht ungeschoren und eine Zerreißprobe droht. Die Globalisierung der Werte macht auch vor der Kurie und vor den Kirchen nicht halt

Die Kirchen sind immer noch betäubt von dem Andenken an die vergangene Macht, als man noch das Monopol für die Krönungen hatte. Den Engländern mit ihrem Commonwealth geht es ähnlich. Wenn es im eigenen Land auch nicht mehr zum Machtvollsten steht, wird eben die noch bestehende Macht zwecks Erhalt des Ansehens internationalisiert. Der Machtapparat wird sich doch nicht freiwillig der Waffen (Beichte, Erbsünde, Zwangskirchensteuer bei uns) und Rückzugsgebiete (geheimnisvolle Ansprüche, Aktien und Latifundien, Reichtümer der Bischofssitze) begeben um volksnah zu sein. Außerdem wäre nicht sicher, ob das Volk einer so entmachteten Autorität noch folgen möchte. Stellen sie sich einmal vor, die Kirche müsste im Addidasdress und nicht im Amtsschmuck, ohne ihre Heiligen, ohne Maria und ohne die tägliche Angst vor der Hölle und dem Nirwana im jenseitigen Nichts regieren und die Schäfchen zusammen halten. Was wäre denn die Kirche in Südeuropa und in den lateinamerikanischen Ländern ohne ihren äußeren Anspruch? Bei all diesen Unsicherheiten dann doch lieber so wie bisher und Augen zu und durch. Sprach- und gedanklich im eigenen „Burgtheater“ bzw. in der ideellen Wagenburg auszuharren, ist doch auch sehr angenehm. Auch in der hiesigen evangelischen Kirche ist doch die gleiche Einstellung zu finden, wenn auch nicht so ausgeprägt wie im Vatikan. Zu allem Verdruss geht es dabei auch nicht vorrangig um Hierarchien, Personen, Denkmäler und Besitzstandswahrung. Das größte Problem sind die Glaubensinhalte und Dogmen, die sich global verselbständigt haben. Da schlägt dann auch in der täglichen Realität der universelle Anspruch des Vatikanischen Stuhls (was für eine arrogante Bezeichnung!) gnadenlos ins Gegenteil der frühreren Ansprüche zurück . Die evangelischen Krichen haben es, zumindest in diesem Asprkt, mit ihrer Differenzierung etwas bequemer. Die Kirchen sind in der gleichen Situation wie in den Bundesländern die Notwendigkeiten von Verwaltungsreformen. Auch hier werden alle erdenklichen Vorbehalte solange vorgebracht, bis niemand mehr die Kraft zur Reform hat. Der Vergleich mag hinken, aber die Feinmotorik der Zusammenhänge ist frappierend.

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In einer evangelischen Publikation gehört zu einem solchen Kommentar, dass der Zustand des eigenen Hauses auch begutachtet wird.
Die Kultur in unseren Synoden ist völlig verwahrlost. Das presbyterial-synodale System wurde uns praktisch unterm Hintern weggeschossen und die Synodenmitglieder zucken nicht mal. Der Move zum Zentralismus und zur Entmachtung wie Entmündigung der Basis und der Wildwuchs eines gigantischen intransparenten Behörden und Gremien-Dschungels erstickt jedes Leben an der Basis.
Während die katholische Kirche -wie die anglikanische und die Schweizer Reformierten- sich längst erneuern, katholisiert sich die Kirche im Mutterland der Reformation. Dass dies pünktlich zum 500. Jubiläum geschieht, ist schon sehr ironisch.
Kann es sein, dass die Autoren hier sehr viel sachkundiger in katholischer Historie und Organisation sind als in evangelischer?

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