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Warum Deutschland kein Kontingent mit Irakflüchtlingen aufzunehmen braucht
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
16.07.2014

Erst im Juni beschloss die deutsche Innenministerkonferenz, 10 000 weitere Syrer aufzunehmen, die vorm Bürgerkrieg geflohen sind. Ein gutes Signal. Aber schon bahnt sich neues Unheil an. Kämpfer der Terrorgruppe ISIS errichten im Nordosten Syriens und im Nordwesten des Irak ein fundamenta­listisches Kalifat. Sie haben die irakische Provinzhaupt­stadt Mossul erobert. Sie zerstören Kirchen und Moscheen. Christen, Schiiten und Jesiden fliehen um ihr Leben. Die Islamisten schneiden die Flüchtigen in angrenzenden kurdischen Gebieten von Wasser, Strom und medizinischer Versorgung ab. Der kurdische Nordosten des Irak muss mehr Flüchtlinge aufnehmen, als er derzeit bewältigen kann. Die Lage ist bedrückend. 

Wie könnte Deutschland helfen? Etwa mit noch einem Flüchtlingskontingent? Immerhin werden die flüchtigen Christen auf lange Sicht nicht in den Teil des Irak, den derzeit die ISIS kontrolliert, zurückkehren können.

Nein, den irakischen Bürgerkriegsflüchtlingen in gleicher Weise zu helfen wie den syrischen wäre kontraproduktiv. Jetzt gilt es, auf Stimmen zu hören wie die des kirchlichen Oberhaupts Emanuel Youkhana, der die Flüchtlingshilfe im Nord­irak koordiniert. Er sagt: Lasst die Christen und die anderen religiösen Minderheiten im Land! Sie sollen lieber am Aufbau des kurdischen Nordirak mitwirken und die 2000-jährige ­Kirchengeschichte des Landes fortschreiben. Man sollte sie nicht auch noch mit Versprechen aus dem Irak herauslocken.

Den Menschen in ihrem eigenen Land eine Jobperspektive geben

Wer solche Appelle verstehen will, muss näher hinsehen. Die meisten irakischen Christen leben ohnehin in den nördlichen kurdischen Provinzen. Dort herrscht ein vergleichs­weise säkularer und toleranter sunnitischer Islam.

Kurdische Peschmerga-Milizen sichern das Gebiet militärisch. Und seit sie auch die Ölindustrie von Kirkuk kontrollieren, hoffen die Kurden auf wirtschaftlichen Aufschwung. Wir Europäer mögen die rohe Gewalt und kulturelle Verarmung in den von Islamisten beherrschten Gegenden beklagen. Umso mehr muss uns jetzt am Aufbau eines autonomen kurdisch-irakischen Landesteils gelegen sein. Wir müssen den Kurden helfen, das Flüchtlingsdrama in den Griff zu bekommen und den Menschen eine Jobperspektive zu geben. So würden wir auch die letzten Reste christlichen Lebens im Irak erhalten helfen.

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