Stehen lassen und erklären
Die Reste der Nazizeit zu vernichten wäre fatal, sagt ein Kunsthistoriker
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
02.11.2014

chrismon: Wie sollen wir in Deutschland mit Naziarchitektur umgehen?

Matthias Donath: Wir sollten sie stehen lassen, erklären und einordnen. Dass man nach dem Zweiten Weltkrieg Symbole der Nazis zerstört hat, ist verständlich. Heute ist die NS-Zeit aber eine vergangene und abgeschlossene Epoche. Es wäre fatal, wenn wir die verbleibenden Zeugnisse vernichten.

Meinen Sie Hakenkreuzsymbole?

Ja, aber auch die Gebäude. Es gibt ohne­hin kaum noch öffentlich zugängliche Hakenkreuze. Das Gemeindehaus der Chris­tuskirche in Dresden-Strehlen hat eine Art Hakenkreuz an der Wetterfahne. Man kann sie aber kaum erkennen. Gut sichtbar sind die schmiede­eisernen Fenstergitter am Bayerischen Wirtschaftsministerium in München. Sie enthalten als Leitmotiv immer ein Hakenkreuz. Noch steht keine Erklärung dabei.

Und was tun mit Gebäuden wie der Martin-Luther-Gedächtniskirche in Berlin-Mariendorf?

Problematisch ist dort vor allem die Vorhalle, eine Ehrenhalle für die Weltkriegsgefallenen mit martialischen Sprüchen und dem Halbrelief von Hindenburg. Es wurde nach 1945 ein­gefügt – als Ersatz für einen Hitlerkopf. Trotzdem sollte das Ensemble so er­halten bleiben, aber kommentiert und musealisiert. Auf keinen Fall sollten wir die Symbole aus dieser Epoche aus unserer Lebenswirklichkeit ausgrenzen.

Ich teile die Meinung, dass NS-Symbole und NS-Architektur nicht einfach zerstört werden sollten, weil es sich um Geschichtszeugnisse handelt. Geschichte kann man nicht ungeschehen machen, indem man so etwas zerstört. Aus meiner Sicht ist es aber wichtig, eine Glocke mit Hakenkreuz und Hitler-Inschrift abzuhängen und auf keinen Fall mehr zu läuten. Man sollte sie "museal" zeigen, als Zeugnis einer - Gott sei Dank!!! - vergangenen Epoche.

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