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Die Waffenlieferungen an die Kurden sind falsch!
Kriegsgerät in Krisengebieten macht alles nur noch schlimmer
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
05.10.2014

Terroristen vertreiben Christen, Jesiden und Sunniten aus dem Nordirak und tyranni­sieren die Bevölkerung ganzer Landstriche. Irakisch-kurdische Peschmerga und türkische PKK scheinen als Einzige die gnadenlosen Kämpfer des Islamischen Staats (IS) aufhalten zu können. Soll die Bundesregierung also die Kurden mit Waffen unterstützen?

Reflexartig wünscht man den Kurden jede Unterstützung. Immerhin wehren sie sich gegen Barbaren, die im Internet mit Hinrichtungsvideos für sich werben. Auch deshalb hat sich die Bundesregierung dazu durchgerungen, Sturm- und Maschinengewehre sowie Panzerabwehrwaffen und Handgra­naten an die Peschmerga zu liefern.

Doch bei näherem Hinsehen zeigt sich: Die Entscheidung der Bundesregierung ist falsch. Es war einmal Konsens in Deutschland, grundsätzlich keine Waffen in Krisengebiete zu liefern. Zu diesem Minimalkonsens sollten wir schnellstmöglich zurückkehren.

Denn mit ihrer Strategie der Ertüchtigung von Kriegsparteien durch Waffenlieferungen ist die Bundesregierung längst gescheitert. Das Gerät, mit dem Kämpfer des IS sich ihr Gebiet erstritten haben, stammt zu einem nicht unbeträchtlichen Teil aus deutschen Lieferungen. Wir erinnern uns: 2011 unterstützte die Bundesregierung libysche Rebellen gegen das Gaddafi-Regime, Deutschland wollte sich nicht an einer Luftoffensive beteiligen. Vieles spricht dafür, dass heute der IS mit dieser Ausrüstung kämpft.

Auch rüstete die Regierung Merkel die Golfstaaten aus – als Gegengewicht zum Iran. Saudi-Arabien hat 2013 für 34,7 Mil­lionen Euro deutsche Klein- und Leicht­waffen gekauft, fünfmal mehr als im Jahr zuvor. Erstaunlich, dass die Bundesregierung dies genehmigte, hatte doch die saudische Regierung lautstark eine Bewaffnung von syrischen Rebellen gefordert. Wobei die Saudis nicht säkulare Freiheitskämpfer, ­sondern Islamisten belieferten. Radikale, ­
die teilweise nun unter dem Namen IS ihre Gräueltaten verüben.

Waffen führen nur zu noch mehr Krieg

Gewiss: Anders als libyschen Rebellen und saudischen Autokraten kann man den Kurden schon eher Vertrauen schenken. Sie erscheinen gemäßigt und vernünftig. Doch Waffen halten lange. Niemand kann ab­sehen, wozu die irakischen Kurden das Kriegsgerät in ein paar Jahren brauchen. Vielleicht um sich mehr Autonomie gegenüber der irakischen Zentralregierung zu ­erstreiten. Vielleicht um die kämpfenden Kurden in Syrien und in der Türkei zu unterstützen. Vielleicht entflammt auch ein Konflikt, den heute noch niemand absehen kann.

Nein, Waffenlieferungen machen alles nur noch schlimmer. Weitsichtiger ist da das Drängen des Papstes, der hier die UN in der Pflicht sieht. Und wenn die UN derzeit nicht in der Lage sind, auf die Schnelle zu rea­gieren, dann ist vorübergehende Luftunterstützung für die Peschmerga immer noch besser als der deutsche Waffendeal. Ortsfremde Einsatzkräfte nehmen ihre Waffen nach dem Kampf wieder mit.

Die Erfahrung zeigt: Waffen an Konfliktparteien zu liefern, führt nur zu noch mehr Krieg. Nur einer profitiert wirklich von dieser kurzsichtigen Politik: die deutsche Waffen­industrie.

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