Fotos: Yvonne Seidel
Almauftrieb – das heißt heute meistens: Touristenauftrieb. Auf der Schwäbischen Alb ist noch ein richtiger Hirte unterwegs. Ende März bricht Thomas Landis mit seiner Herde wieder auf, Richtung Sommerweide. Wie im vergangenen Jahr
06.03.2014

Vor einer Stunde ist der Hirte aufgebrochen. Mehr als 1000 Schafe ziehen hinter ihm her. Auf der Schwäbischen Alb haben es die Temperaturen so früh am Morgen noch nicht über den Gefrierpunkt geschafft. Ein rauer Ostwind pfeift über Wiesen, die mehr braun sind als grün. Der Hirte hat rote Ohren. Das schmale Gesicht zwischen dem Filzhut und dem Kragen des Loden- mantels sieht nach frischer Luft aus.

Der Feldweg führt jetzt leicht bergan. Links liegt ein saftiges Rapsfeld. Die Pflänzchen sind noch keine zehn Zentimeter hoch. Wenn Thomas Landis seine Herde da reinließe, hätte der Bauer seinen Raps umsonst gesät. Deshalb ruft er: „Rumo, auf!“

Rumo ist ein altdeutscher Schäferhund, schwarz und zottelig. Jetzt rennt er wie aufgezogen an der Grenze des Rapsfelds rauf und runter. Zwickt ein Schaf, das gerade angefangen hat zu fressen, in die Flanke. Das Tier springt zurück auf den Weg. Rücken an Rücken wogt die Herde voran.

Thomas Landis ist einer der letzten Wanderschäfer. Am 2. ­Dezember war er mit seiner Herde in Münsingen, 700 Meter hoch auf der Schwäbischen Alb gelegen, losgezogen, hinunter zur Winterweide. In der Nähe des Bodensees ist das Klima milder, dort finden die Tiere auch in der kargen Jahreszeit genug zu ­fressen. Jetzt ist der Hirte auf dem Rückweg: In sechs Tagen legt er mit seiner Herde 70 Kilometer zurück. Heute Abend will er die Sommerweide erreichen, die er vor vier Monaten verlassen hat.

Ende März bricht Thomas Landis mit seiner Herde wieder auf, Richtung Sommerweide.
Seither hat der Schäfer jeden Tag mit seinen Schafen verbracht. Es gab kein freies Wochenende, und er war nie krank. An ­Weihnachten hat er seine Herde geweidet, und an Silvester auch. Da ist er um Mitternacht kurz wach geworden vom Feuerwerk und hat sich gesagt: „Ach, jetzt kommt das wieder.“ Dann hat er weitergeschlafen.

Einsamkeit findet er nicht schlimm

Der Hirte ist 52 Jahre alt. Als Jugendlicher hat er eine Lehre als Fernsehtechniker gemacht, anschließend ist er durch die Welt getingelt. Als er Mitte zwanzig war, kam er eher zufällig zur Arbeit mit einer Herde. Er liebt den gleichförmigen Rhythmus, der das Leben der Hirten prägt. Der hagere Mann bewegt sich geschmeidig, ohne Hast. Seine Füße stecken in Gummi- stiefeln ohne Fußbett. Unter dem Lodenmantel trägt er eine Weste und einen Pullover – alles aus Schafwolle, genauso wie die Unterwäsche und die Hose. Die sei den teuren Funktionstextilien der Freizeitin­dus­trie haushoch überlegen, sagt er.

Thomas Landis klagt nicht über Wind und Kälte. Die Einsamkeit findet er nicht schlimm. Gesellige Menschen werden selten Hirte.

Seit dem 15. Jahrhundert haben die Wanderschäfer die Landschaft der Schwäbischen Alb geprägt. In den vergangenen hundert Jahren wurden Straßen und Industriegebiete angelegt, landwirtschaftliche Flächen intensiv genutzt. Die Weidefläche ist klein geworden.

Die Schäfer schlafen nicht mehr im Schäferkarren, diese Gefährte stehen nur noch vereinzelt als romantische Touristen­attraktion auf der Alb. Am Abend baut Thomas Landis einen ­Elektrozaun auf, pfercht die Herde ein und fährt mit dem Auto nach Münsingen. Dort bewohnt er den Winter über ein Zimmer, seine Familie lebt in der Schweiz.

Im motorisierten Zeitalter braucht es zwei Hirten: Einer zieht mit den Schafen, der andere fährt das Auto neben der Herde her. Der grüne VW-Bus parkt auf einer Kuppe. Gerhard Stotz, der andere Hirte, lehnt auf seiner Schäferschippe. Sie ist sein wichtigstes Werkzeug. Einfach, aber durchdacht: Der lange Stiel ist aus Schwarzdorn. Dieses Holz gibt nach, wenn sich der ­Schäfer aufstützt, und es biegt sich nachher wieder zurück. Mit der ­geschmiedeten Schippe kann der Hirte unerwünschte Pflanzen aus der Weide stechen. Oder ein bisschen Erde aufnehmen und in die Luft werfen. Wenn ein paar Krümel auf die Schafe rieseln, laufen sie schneller.

Gerhard Stotz ist der Chef von Thomas Landis. Ihm gehört die Herde, er betreibt die Schäferei in vierter Generation. Der Mann mit dem markanten Gesicht ist 57 Jahre alt, lacht herzlich und bewegt sich etwas unbeholfen. Sein Schafhof liegt am Rand von Münsingen. 14 Mitarbeiter stehen auf der Lohnliste. Mit Thomas, dem Hirten, hat er sich auf einen Taglohn geeinigt.

Lächelnd beobachtet Gerhard Stotz, wie die Herde brav das Rapsfeld passiert. Er zitiert aus dem Johannesevangelium, ­Kapitel 10: „Meine Schafe hören meine Stimme, und sie folgen mir.“ Die Tiere haben sich seit der Zeit seines Urgroßvaters nicht wirklich geändert. Aber er musste den Betrieb so umgestalten, dass er heute wirtschaftlich funktioniert. Stotz steuert seine Herde so, dass die Schafe nicht nur wie von der Natur vorgesehen im Frühjahr ablammen, sondern viermal im Jahr – damit er 52 Wochen frisches Lammfleisch anbieten kann. Die Wolle, mit der seine Vorfahren ihr Geld verdienten, ist heute kaum noch etwas wert.


Ob Schafe ein Andreaskreuz erkennen? Thomas Landis braucht Zeit, wenn er mit der Herde über die Gleise will.
Nach dem Rapsfeld kommt eine Wiese. Hier hält Landis an und lässt die Tiere fressen. Es ist so still, dass man das hören kann: ein rupfendes Geräusch. Kein Auto lärmt, kein Traktor und kein Hund. Am Rand der Wiese liegt ein Schotterhaufen, ein paar Jungtiere tollen ausgelassen darauf. Der Hirte holt aus seinen geräumigen Manteltaschen ein Snickers und eine Thermoskanne. In der rissigen Haut seiner Hände hat sich schwarzer Dreck gesammelt. Seine Handschuhe hat er den ganzen Winter nicht gebraucht. „Der war mild“, sagt er.

Die Tiere haben ein langes Fell. Die dichte Wolle ist fettig, der Staub der Wanderung hängt in dem zotteligen Vlies. Die Schafe fressen gierig. Immer wieder hebt eins den Kopf und schaut mit großen Augen zu den Menschen, die da am Rand der Herde stehen. Wenn man sich ihnen nähert, kommt der Instinkt des Fluchttiers durch und sie laufen davon.

Gerhard Stotz wurde in Münsingen konfirmiert, er ist mit den Hirtenbildern der Bibel auf- gewachsen. Psalm 23, der Herr ist mein Hirte. Lukas 2, die Hirten von Bethlehem. Johannes 10: Ich bin der gute Hirte. Das lateinische Wort für den Hirten heißt Pas­tor.

„Ich muss wie ein Schaf denken“, sagt Thomas Landis. Wenn er bei seinem Zug durch das karge Frühjahr sieht, dass seine Tiere den Tag über nicht genug zu fressen gefunden haben, lässt er sie am Abend halt eine Stunde länger weiden, bevor er sie einpfercht. Wenn er sich um 19 Uhr ins Auto setzt, braucht er noch eine ­Stunde für die Heimfahrt. Und unterwegs muss er fürs Abendessen einkaufen.

Bevor er mit seiner Herde losgezogen ist, hat er für die langen Abende einen Roman gekauft, er heißt „Eine Frage der Zeit“. Aber in diesem Buch ist er nur bis Seite fünf gekommen. Er hat viel geschlafen. Das helfe dem Körper gegen die Kälte, sagt er. ­Die Arbeit des Hirten ist hart. „Ich mach’s nicht für den Chef – ich mach’s für die Schafe“, sagt Landis.

Beim Gedanken an ein Leben ohne Herde ist ihm nicht wohl

Im Heutal muss die Herde eine Straße überqueren. Gerhard Stotz zieht eine orangefarbene Warnweste an und hält mit einer roten Kelle den Verkehr an. Thomas Landis schabt mit seiner Schäferschippe über den Asphalt. Die Schafe hören das kratzende Geräusch und laufen schneller.

Gerhard Stolz ist der Chef des Wanderschäfers.
Am Nachmittag zieht die Herde an einem Wäldchen vorbei. Die Schafe husten, weil es bergab geht und der Magen auf die Lunge drückt. Ein paar Tiere hinken. Eines ist auf der Wanderung am Herzschlag gestorben.

Morgen wird sich Thomas Landis ins Auto setzen und zu ­seiner Familie zurückfahren. Was er im Sommer machen will, weiß er noch nicht. Bei dem Gedanken an ein Leben ohne Herde ist ihm nicht wohl. Seine drei Kinder sind erwachsen und aus dem Haus, und die Beziehung zu seiner Frau beschreibt er so: „Das ist wie ein strapazierter Teppich.“ Er war vier Monate weg. „Als Hirte wirst du eigenbrötlerisch“, sagt er lapidar.

Das Licht über den Wiesen ist diesig. Erst am späten Nach­mittag zeigen sich kleine Stückchen vom blauen Himmel. Die Schafe passieren eine Straßenunterführung, die Herde fließt wie dicke Milch in einen Trichter. Gegen fünf Uhr zieht Gerhard Stotz einen  Schlüssel aus der Tasche. Der passt in eine Schranke am ehemaligen Truppenübungsplatz von Münsingen.

Gerhard Stotz bückt sich, reißt einen bräunlichen Halm ab und zerreibt ihn zwischen den Fingern. Es riecht schwach nach Thymian. „Sieben verschiedene Arten wachsen hier. Und Salbei, und Rosmarin auch.“ Kräuter, mit denen man eine Lammkeule würzt. „Im Juni könnt ich mich reinlegen in die Wiesen“, sagt Gerhard Stotz und strahlt.

Die Herde muss noch ein paar Hundert Meter auf dem harten Beton zurücklegen, der für die Panzer gedacht war. Hier wächst kein Hälmchen. Aber die Tiere ahnen anscheinend, dass die gute Weide kommt. Sie laufen schneller. Thomas Landis schüttelt verwundert den Kopf und sagt: „Auf der ganzen Wanderung waren sie nicht so rappelig wie jetzt.“
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(Von A. Röck): ...muß man sich vor allem durch eines auszeichnen, nämlich ein Schaf zu sein".
II) Und 1933 hatten viele, viele diese Auszeichung u. rannten ihrem Führer brav hinterdrein; aber schon vorher, 1914, gab es genügend Schafe, (Sogar Künstler, Akademiker), die freiwillig sich für den 1. Weltkrieg meldeten! Dann, ab 1933 bzw. 1936, waren es noch viel mehr, vom Radio-Volksempfänger gleichgeschaltet, die unaufhaltsam den 2. Weltkrieg wollten.
III) Und so ist es das Schlimmste für die Staatsräson, als vor Jahren jemand den Satz erfand: "Stellt Euch vor, es ist Krieg, und keiner geht hin!"
IV) Deshalb sagte ein gewisser Hitler, (bezüglich der paar Widerständler), damals, weil er viele treudoofe Schafe brauchte: "Bringt mir nicht ihre Pistolen, sondern ihre Schreibmaschinen!" Denn der Widerstand schrieb so entlarvende Sachen, wie sie hier stehen!
V) Aber: Bei der Invasion der Alliierten, inkl. USA, am 6. Juni 1944 wurde das Ende Hitlers eingeleitet mit 156.ooo Mann, die in der Normandie landeten!
7000 Schiffe +10500 Flugzeuge, kamen, die - NAzis waren baff, denn: Sie hatten doch Tag u. Nacht alle Funkfrequenzen abgehört, und in dieser Nacht funkte überhaupt kein Feind! Der Äther- ein Nichts! Totale Funkstille - u. bei dem extra schlechten Wetter, würde der Feind gewiss nicht kommen. Aber er kam- lautlos- erst der Flugmotorenlärm verriet es- da war es zu spät. Es waren nämlich die erfahrensten 2000 US-Piloten voraus geflogen- denen Sixtant u. Kompass + Stoppuhr genügten, ohne den verräterischen Funk, der die Richtung verraten hätte, u. die angelernten Piloten flogen in Sichtweise hinterher.
VI) Heute haben wir den mainstream: 60 % Nichtwähler, WM, oder Europa- u. Chamions-Leage. Die meisten interessiert eine neue Gefahr nicht die Bohne, die einschleichende Islamisierung in Europa u. Dtl.; algebraisch ist es einfach: Muslime haben 3,6 Kinder/ Fam., Dt. 1,1).
VII) A) Zitat: Gadhafi, lybischer Ex-Präsident: "Das Problem Islam u. Europa löst sich von selbst, denn die fleissigen Leiber unserer Frauen erledigen das".
VII) B) Zitat (DER SPIEGEL 32/2012): Die Hodschas gehen von Fam. zu Fam. u. raten soviele Kinder, wie möglich zu haben, um in 20 Jahren einen muslimischen Bundeskanzler zu haben". 7.6.2014, A. Röck

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