Isabela Pacini
Aus Neuburg und Bremen
Die St.-Matthäus-Gemeinde und die Apostelkirche haben gewonnen - mit apfelgrünen Zetteln und einem Kinderzentrum
Gabriele MeisterLisa Strieder
21.06.2013

Apostelkirche Neuburg: Stark in der Ökumene
Der Sieg der evangelischen Apostel­kirche in ­Neuburg an der Donau hat viel mit apfelgrünen Zetteln zu tun. Unermüdlich hatte das Pfarrehepaar Stempel-de Fallois die Zettel in Gottesdiensten, im Bürgerhaus und auf dem Marktplatz verteilt und um Abstimmung für die Gemeinde gebeten. In der Konfirman­dengruppe kursierte der Slogan: „Vor oder nach dem Essen das Klicken nicht vergessen.“

Bald klickten sogar die ­katholischen Nachbarkirchen mit, der Italiener von der Eisdiele mobilisierte seine Verwandtschaft in der Heimat, Leute aus Kolumbien, Tschechien und der Türkei bekundeten ihre Sympathie für die bay­erische Gemeinde und stimmten auf chrismon.de für sie ab.

So viel Stimmen und Zustimmung erhält nur eine Gemeinde, die auch Menschen anderer Glaubensrichtungen mit offenen Armen empfängt. In einer katholisch geprägten Umgebung mit vielen Migranten ist das die Mehrheit. Deshalb feiern im Gemeindehaus der Apostelkirche die Vietnamesen Neujahr – und muslimische Familien ihre großen Feste.

So kann man sich vorstellen, was es bedeutet, wenn in eben diesem Gemeindehaus nur noch zwei von sieben Räumen benutzbar sind. Manche Türen und Fenster schließen nicht mehr, es riecht nach Schimmel. Einige Gruppen haben sich bereits andere Orte für ihre Treffen gesucht. „Als wir die Kirchenleitung deshalb um Geld gebeten haben, hieß es, wir hätten ja gerade erst einen neuen Kindergarten bekommen“, sagt Anne Stempel-de Fallois. Die Gemeinde hat sich davon nicht ent­mutigen lassen. Sie hat einfach selbst angefangen, Geld zu sammeln – mit einem Teestand auf dem Christkindlmarkt, mit Benefiz­konzerten und beim Erntedankfest. Gut 70 000 Euro sind mittlerweile zusammengekommen. Bis die Gemeinde die nöti­gen 400 000 Euro aufgebracht hat, wird es noch dauern. „Der Preis ist ein guter Ansporn für uns, weiterzu­machen“, sagt die Pfarrerin.
 

Preisverleihung im Ökumenischen Forum in der Hafencity

St.-Matthäus-Gemeinde Bremen: Glauben fördern im Hochseilgarten
„Es war uns immer wichtig, Neues auszuprobieren und durchzuziehen, statt gleich zu sagen: Das haben wir noch nie gemacht, da könnte ja jeder kommen“, sagt Pastor Lothar Bublitz von der Evangelischen St.-Matthäus-Gemeinde Bremen. 1,6 Millionen Euro hat die Gemeinde gesammelt, um ein offenes Kinder- und Jugendzentrum zu bauen. Jeden Tag kommen 60 bis 100 Kinder und nutzen Krabbelraum, Indoorspielplatz und Hausaufgabenhilfe.

Nichts ist zu experimentell, um es nicht mal auszuprobieren: Neuerdings können hier Kinder mit Leseschwächen Hunden vorlesen. „Die hören geduldig zu, lachen und kritisieren nicht“, sagt Bublitz. Natürlich gebe es ab und zu „Rohrkrepierer“ bei den Ideen, zum Beispiel die Erneuerung des Eheversprechens in einem speziellen Gottesdienst. Das habe die Leute einfach überfordert.

Mit dem Preisgeld will die Gemeinde ihren Hochseilgarten ausbauen. Hochseilgarten? Im Bremer Stadtteil Huchting, wo jedes dritte Kind von Sozialhilfe lebt, sind die Bewegungsanlagen der Kirchengemeinde eine Attraktion. Das Gerüst soll nun noch besser nutzbar werden – für gemeinschaftliche Übungen zum Thema Vertrauen zum Beispiel.

Für ihr Engagement bekam die St.-Matthäusgemeinde schon häufiger Preise, aber damit will Bublitz nicht prahlen: „Es engagieren sich so viele auch in anderen Gemeinden, aber oft erleben sie keine äußere Anerkennung.“ Solche Gemeinden wolle er ermutigen, sich nicht mit dem Spendenaufkommen oder der Zahl der Ehrenamtlichen woanders zu vergleichen. „Man muss von der Sache her denken: Was ist für unser Umfeld richtig? Wenn wir gewusst hätten, wie viel unser Kinder- und Jugendzentrum kostet, hätten wir mit dem Geldsammeln gar nicht erst angefangen.“

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