Thomas Meyer/Thomas Meyer/ OSTKREUZ
Männer sind Schluffis...
... sagt Katrin Bauerfeind. Vielleicht, sagt Bjarne Mädel. Aber Schluffis bedienen die Waschmaschine!
Portrait Anne Buhrfeind, chrismon stellvertretende ChefredakteurinLena Uphoff
Tim Wegner
20.02.2012

chrismon: Wenn Sie sich mit vier Attributen selbst charakterisieren, Herr Mädel – welche wären das?

Bjarne Mädel: Hm. Sympathisch, humorvoll, melancholisch, intelligent.

Katrin Bauerfeind: Ich stimme zu!

Interessant, nur wüssten wir jetzt nicht, ob Sie eine Frau oder ein Mann sind!

Mädel: Obwohl, witzig, da weiß man doch Bescheid!

Bauerfeind: Dein Punkt! Das hält sich unter Männern wahnsinnig, dass es keine witzigen Frauen gibt, das hört man immer wieder. Ist aber eine Lüge.

Gibt es außer Ihnen denn noch witzige Frauen?

Bauerfeind: Ganz viele. Dieses Thema lebt doch nur noch von der Wiederholung. Warum? Ist das Revierabstecken?

Mädel: Nein, aber es stimmt doch schon, dass es weniger witzige Frauen gibt.

Was macht denn Männerwitz aus?

Mädel: Im Fernsehen ist es oft so: Frauen sind komisch, wenn sie sich zum Obst machen. Cindy aus Marzahn ist so lustig, weil sie aussieht, wie sie aussieht. Oder früher Helga Feddersen. Andererseits: Die meisten männlichen Komiker sind ja auch nicht so hübsch.

Bauerfeind: Bei Brad Pitt heißt es auch, der muss nicht witzig sein, der sieht gut aus. Also, Hackfresse haben heißt, witzig sein zu müssen.
 

"Ich weiß, wie ein Auto funktioniert – und kann Klicklaminat verlegen"


Wie sind Männer, was ist typisch männlich?

Bauerfeind: Was ist männlich? Was ist weiblich? Das weicht immer mehr auf. Ich finde, es gibt mittlerweile viele Schluffis. Vielleicht ist das aber nur ein Problem in meiner Generation.

Was ist denn ein Schluffi?

Bauerfeind: So jemand, der immer sagt: Weiß nicht. Der keine Haltung hat, keine Meinung, keine Ziele, keine Leidenschaft.Nichts, wofür man brennt. Männer, die froh sind, wenn die Mutti kommt und sagt, so machen wir’s – und dann machen wir’s auch so. So unentschlossen dem Leben gegenüber.

Interessant, eigentlich unterstellt man eher Männern, dass sie Aufgaben wollen, Ziele vor Beziehungen stellen, vorankommen wollen.

Bauerfeind: Ich beobachte das in meinem Umfeld leider nicht. Ist das anders, Bjarne?

Mädel: Anders geworden? Ich glaube, auf dem Land gibt es sie noch, die typischen Männer, die in den Wald gehen, einen Baum umhauen, gerne mal schießen oder angeln gehen. Das hast du in der Stadt nicht, da gleichen sich Männer und Frauen an. Ich sehe es so: Es ist nicht wichtig, ob eine Frau das sagt oder ein Mann, es ist eben ein Mensch. Es gibt vielleicht mehr Schluffis, aber auch viel mehr toughe, harte, selbstbewusste Frauen. Dieses klassische Bild vom Mann als Bestimmer und Vorweggeher, das verblasst vielleicht. Nicht auf dem Land, da wird auch noch viel mehr geheiratet, die Männer haben noch das klassische Bild – die Frau muss kochen können.

Nun haben die Männer sich verändert, und schon sind sie Schluffis. Toll!

Bauerfeind: Aha, da fühlt sich einer angesprochen, wunderbar! Also, ich muss das jetzt mal sagen: Die Emanzipation ist mittlerweile auch eine gute Ausrede für viele Männer. Im Zweifel war’s die Emanzipation. Das ist wehleidig! Der Mann hat ja trotzdem die Möglichkeit, etwas zu tun und kein Schluffi zu sein.

Bedeutet Schluffi sein, dass ein Mann weibliche Anteile hat?

Bauerfeind: Nein, Schluffi ist ja nicht weiblich. Es gibt ja heute ganz viele Frauen, jedenfalls in meinem Umfeld, Frauen, die rausgehen und Karriere machen und wissen, was sie wollen. Sei es die Familienplanung, sei es der Job, sei es die Gehaltsvorstellung. Die sind alle sehr tough, haben aber oft Männer dabei, da denke ich, wow – so muss es früher gewesen sein. Bloß andersrum.

Und verdienen diese Frauen jetzt auch mehr? Kriegen sie denn die Topjobs?

Bauerfeind: Oft sind das immer noch die Männer, ja.

Und in Ihrem Job?

Bauerfeind: In meinem? Wir reden doch nicht über Geld! Keine Ahnung, weiß ich nicht.

Mädel: Am Theater ist es auf jeden Fall so, bei gleicher Erfahrung kriegst du als Mann mehr Grundgehalt als die Frau.

Da gibt es doch Tarife!

Bauerfeind: Die sind natürlich immer noch beschissen. Und bei den Leuten, die ich kenne, bringt nicht immer der Mann mehr Geld mit nach Hause als die Frau.

Und das ist kein Problem?

Bauerfeind: Nein.

Mädel: Für den Mann ist es, glaube ich, schon ein Problem.

Bauerfeind: Das glaube ich auch, für die Männer: ja!

Mädel: Weil du als Mann doch irgendwie denkst, dass du verantwortlich sein musst für deine Familie.

Und wäre es für Sie ein Problem?

Mädel: Wenn es einen gewissen Grad der Abhängigkeit erreicht hat, wäre das schon komisch. Aber nicht weil meine Freundin eine Frau ist, sondern einfach weil ich nicht abhängig sein will. 

Bauerfeind: Dann ist das doch schon mal gleich: Der Mann will nicht abhängig sein von der Frau, aber Frauen wollen auch nicht mehr abhängig sein.

Mädel: Aber der Mann hängt noch an dem herkömmlichen Bild. Das ist schon viel Stress, ich will ein guter Sohn sein, ein guter Vater vielleicht auch mal – aber will ich ein richtiger Kerl sein? Für mich nicht wichtig! Ich versuche, als Mensch irgendwie in Ordnung zu sein und mich sozial zu verhalten, aber jetzt bitte nicht noch irgendeine Rolle zu erfüllen.

Aus der Ernährerrolle kann man ja raus, dann arbeitet die Frau eben 15 Stunden am Tag, und der Papa bleibt zu Hause.

Mädel: So weit sind wir dann doch noch nicht mit der Gleichberechtigung.

Oder müssen sich die Männer einfach nur dringend an diese Perspektive gewöhnen?

Mädel: Ja, und das ist aber noch mal anders auf dem Land. Ich habe mal einen Holzfäller gespielt, und da haben wir gemerkt: Die Männer im Dorf hatten oft ein Problem mit ihrer Männlichkeit. Die harte körperliche Arbeit wird nicht mehr gebraucht, also wussten sie nicht mehr wohin mit ihrer Identität als Mann.

Wohin geht man in der Stadt mit seiner Identität als Mann?

Mädel: Da braucht man solche Orte vielleicht nicht mehr so. Klar, beim Fußball sind viele Männer. Aber das macht ja den Mann auch nicht aus.

Körperliche Arbeit verschwindet aber wirklich. Wozu dann noch Männer?

Mädel: Da werden die Männer unterschätzt, es gibt ja auch welche, die was im Kopf haben.

Bauerfeind: Männer sagen ja auch nicht, jetzt kann ich kochen, wozu noch Frauen?

Aber brauchen wir den Unterschied noch zwischen Männern und Frauen – als Rollenmodell?

Bauerfeind: Auch wenn es sich angleicht: Es wäre brutal schade, wenn alles gleich wäre.

Also, was sollten sich Männer nicht abgewöhnen?

Bauerfeind: Gehts hier um Parkettboden verlegen?

Wenn Sie uns aufs Handwerk reduzieren wollen?

Bauerfeind: Nein!

Mädel: Kommt drauf an, worauf man gerade aus ist. Nehmen wir eine Frau auf Stöckelschuhen. Als Bjarne Mädel finde ich es total albern, sich die Beine kaputt zu machen und den Rücken. Wenn meine Partnerin solche Schuhe anzieht, sage ich: Bist du be­scheuert! Aber als Mann gucke ich trotzdem, weil das schlanke Beine macht und einen schönen Po. Natürlich gucke ich, das sind ja Schlüsselreize, wie rote Lippen. Das kann ich erotisch finden, aber es würde mich nicht dazu verleiten, mit einer Frau eine Beziehung zu führen. Mich interessiert eher jemand, der interessant ist.

Bauerfeind: Finde ich auch. Hm, dann hätten wir das, was Alice Schwarzer wollte, geschafft und müssten uns nicht mehr über Unterschiede unterhalten. Tun wir aber!

 

"Ich wasche total gern Wäsche. Dreckig rein, sauber raus – meine Lieblingsarbeit"


Wir haben mal unter Freunden und Kollegen herumgefragt, nach Unterschieden, denen ist immer was eingefallen. Männer können nicht nach dem Weg fragen...

Mädel:...altes Klischee, ich frage sofort. Ich habe da weniger Stolz als meine Freundin. Hey, aber ich habe mal gehört, dass Frauen keine gute dreidimensionale Wahrnehmung haben. Sogar das Fernsehen nehmen sie anders wahr. Vielleicht hängt das mit dem Einparken auch damit zusammen.

Mit solchen Klischees füllt Mario Barth riesige Hallen, und Buchtitel, in denen „einparken“ und „Frau“ vorkommt, verkaufen sich wie geschnitten Brot. Warum nur?

Bauerfeind: Keine Ahnung, weder lese ich solche Bücher, noch gucke ich mir die Show von Mario Barth an. Und ich kann astrein einparken!

Im Gefängnis sitzen 60 000 Menschen, 57 000 sind Männer. Ein großer Unterschied!

Bauerfeind: So sprachen schon die Vorreiterinnen der Emanzi­pation.

Mädel: Frauen, geht mehr klauen!? Vielleicht doch nicht der richtige Weg, um die Gleichberechtigung durchzusetzen.

Und doch deutet das darauf hin, dass deutlich mehr Männer ein Problem mit ihren Aggressionen haben als Frauen. Herr Mädel, haben Sie schon mal zugeschlagen, wenigstens im Film?

Mädel: Privat konnte ich Schlägereien seit der Schulhofzeit vermeiden. Im Film gab es den einen oder anderen Kinnhaken, aber ich hätte große Lust, mal einen gewalttätigen Charakter zu spielen. Es reizt mich, mich mal in jemanden hineinzudenken, der kein Sympathieträger ist, sondern einfach grundlos böse und aggressiv.

Die Bundeswehr ist auch immer noch eine Männerdomäne.

Bauerfeind: Bei der Bundeswehr sind wir auch beim körperlichen Unterschied, den es ja nun mal gibt. Auch wenn bestimmt viele Frauen gern und gut durch den Schlamm robben.

Hausarbeit ist immer noch eher Frauensache, auch wenn beide berufstätig sind. Und wenn, dann macht der Mann die sauberen Sachen, und die Frau sortiert schmutzige Wäsche.

Bauerfeind: Ich bin das Gegenbeispiel!

Mädel: Ich auch, ich wasche total gern Wäsche. Ich finde es toll: Die Wäsche kommt dreckig rein, aber sauber und gut riechend wieder raus aus der Maschine. Und dann aufhängen – meine Lieblingshausarbeit!

Bauerfeind: Dann wärst du ein sehr guter Mann für mich, ich möchte sie nur aus dem Schrank rausholen, und es riecht gut.

Mädel: Klo putzen mag ich nicht, das mag keiner. Da kommen wir dann auch auf den einzigen Unterschied, den ich sehe: Männer können im Stehen pinkeln, aber das wird uns ja auch genommen.

Bauerfeind: Legst du Wert drauf?

Mädel: Ich mache das ganz gerne mal.

Aber doch nicht zu Hause!

Bauerfeind: Nee, nur bei Fremden auf die Klobrille!

Herr Mädel, hat man ein Vorbild – als moderner Mann?

Mädel: Nein, das ergibt sich so.

Bauerfeind: Ich habe jetzt die Bücher von Alice Schwarzer ge­lesen, eine interessante Erfahrung. Dabei habe ich gemerkt, wie luxuriös ich aufgewachsen bin, weil ich mir keine Gedanken mehr darüber machen muss, was Gleichberechtigung ist.

Welchen Mann hätten Sie gern mal in Ihrer Sendung, Frau Bauer­feind?

Bauerfeind: Ich hatte schon mehr Männer als Frauen in meiner Sendung, darunter viele interessante – aber wenn Ashton Kutcher mal Zeit hätte...

Herr Mädel, Jugendliche ringen immer irgendwann um ihre ­sexuelle Identität. Gab es in Ihrer Jugend mal den Punkt, an dem Sie sich gefragt haben, ob sie männlich genug sind?

Mädel: Nein, aber heute denke ich manchmal: Ich bin handwerklich und technisch total schlecht, man hat mir tausendmal erklärt, wie so ein Auto funktioniert, aber ich weiß es nicht. Damit hätte ich ein Problem, wenn ich mal Vater bin, da muss ich meinem Sohn das doch erklären!

Bauerfeind: Ich kann das, und ich kann Klicklaminat verlegen.

Mädel: Du bist der Mann in unserer Beziehung.

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Ich saß mit meinen beiden Söhnen (2 und 5 Jahre) auf dem Sofa und bot ihnen an ein Bilderbuch vorzulesen. Während der Zeit des Aussuchens und Einigens las ich das Interview von Katrin Bauerfeind und Bjarne Mädel. Nachdem sich beide Jungs für ein Buch entschieden hatten, sollte jedoch SOFORT gelesen werden. Ich bat sie, einen Augenblick abzuwarten. In ihrer Ungeduld des Wartens fragten sie, neben mir sitzend, "Mama, wer ist das da auf dem Foto?" - "Bjarne Mädel, ein Schauspieler." - "Und das?" - "Katrin Bauerfeind, eine Journalistin." - "Ist das ein Artikel?" - "Ja, das ist ein Artikel, in einer Zeitschrift. Ich möchte bitte diese Seite noch zu Ende lesen, dann lese ich euch euer Buch vor." - kurze Pause - "Mama, und was steht da mit den großen Buchstaben?" Eigentlich hätte ich gerne 1 Minute ungestört zu Ende gelesen, ich erkannte jedoch in dem Zitat die Gelegenheit meine Söhne für die Zukunft zu prägen und las: "Ich wasche total gern Wäsche. Dreckig rein, sauber raus - meine Lieblingsarbeit." - Das sagt der Bjarne Mädel." Da strahlte mein Sohn mich an und erwiderte: "Toll, der wär doch was für uns, dann muss Papa das nicht mehr machen!"

Wunderbar! Das zum Thema und herzliche Grüße an Bjarne Mädel. Vielen Dank für diese so sympathische und entspannte Haushalts-Lebens-Haltung!

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Soooo eine wunderschöne Geschichte, von Gast zu Gast, vielen Dank an Gast und Ihre beiden Süssen!
Oh, die Bosheit hat hier ihren Spaß!:-))) , und mancher Radiosender bietet dann und wann, zur Unterhaltung auch Putzdienste an !
Ungelogen:-)

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Die Moderatorin Frau Bauerfeind ist eine typische emanzipierte Frau wie sie im Buche steht. Frau Schwartzer wird Stolz auf sie sein.
Ich mag solche Frauen nicht. Wahrscheinlich wird sie auch grün wählen.
Wenn man eine zeitlang in Asien gelebt hat, dann ist die Abneigung um so größer. Dort wird es auch in Hundert Jahren keine Emanzipation geben, weil die Asiatinnen die "Gleichberechtigung" ablehnen, so wie sie bei uns verstanden wird. Die Asiatinnen können sehr wohl spüren lassen, wo es lang zu gehen hat.
Eine Frau bei uns will dominieren und versuchen die Männer zu kopieren.
Die Weiblichkeit sollte sich ja nicht nur durch ihr Äußeres definieren, sondern vor allem im Kopf. Die Emanzipation hat teilweise Formen angenommen, die absurd sind Die Idee eine Frauenquote einzuführen, käme keiner Frau in Asien in den Sinn. Gott sei Dank!, daß es Länder gibt, die ein anderes Lebensmodell vorziehen.

15.3.2012

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