Im November 2010 berichteten wir in chrismon über einen Verein, der Mädchenschulen in Afghanistan fördert. Jetzt traf die Vorsitzende bei einer Reise durchs krisengeschüttelte Land Frauen, die auf dem Sprung sind. Sie berichtet per E-Mail.
Portrait Hanna Lucassen, Redaktion chrismon, Redaktions-Portraits Maerz 2017Lena Uphoff
11.11.2012

Von: Hanna Lucassen, chrismon
Liebe Frau Flader,

viele Grüße aus der chrismon-Redaktion in Frankfurt! Ihr Mann sagte mir am Telefon, dass Sie zurzeit in Afghanistan sind – und Ihren Laptop dabei haben! So frage ich per E-Mail: Vor zwei Jahren riefen wir in chrismon zu Spenden auf, damit Ihr Verein zur Unterstützung von Schulen in Afghanistan helfen kann. Wie ging´s weiter?


Von: Marga Flader
Liebe Frau Lucassen,

herzliche Grüße aus Andkhoi, einer Kleinstadt in der Steppe im Nordwesten Afghanistans. Wir haben gerade zu Abend gegessen und sitzen draußen, es ist im November noch sehr warm. Damit ich Ihnen schreiben kann, läuft der Generator, der Strom ist zu schwach für den Computer. Hier in Andkhoi steht das Mädchengymnasium, für das die chrismon-Leser gespendet haben: ganze 12.000 Euro kamen damals zusammen! Wir haben das Geld für den Bau eines neuen Gebäudes mit sechs Klassenräumen verwendet.  Seit letztem Jahr findet hier Unterricht statt, auch laufen unsere Vorbereitungskurse für diejenigen, die an die Universität wollen. Im letzten Jahr wurden auch die Wände außen  rosa und innen beige  gestrichen mit besonders schön verzierten Gittern vor dem Gang im ersten Stock. Wir danken Ihren Lesern sehr herzlich! Was uns freut: Einige von Ihnen sind uns treu geblieben und spenden heute noch.

Rund um Andkhoi leben etwa 300.00 Menschen. Sie handeln mit selbstgeknüpften Teppichen,  betreiben Landwirtschaft und Viehzucht. Während des Krieges wurden viele Schulen zerstört. Auch die einzige Mädchenschule – das Yuldoz Gymnasium – war damals geschlossen.  Für unseren „Verein zur Unterstützung von Schulen in Afghanistan“  bin ich jetzt schon das zwanzigste Mal hier – und glücklich zu sehen, wie viel sich getan hat. 1998 gab es in der ganzen Region nur eine Mädchenschule. Heute gibt es Unterrichtsplätze für fast 18.000 Mädchen, an 15 Mädchen- und 14 gemischten Schulen. Fünf Oberschulen werden von Frauen geleitet. Sie engagieren sich besonders. Shakila, die Schulleiterin im abgelegenen Bezirk Khancharbagh, erzählte, sie habe immer wieder Gespräche mit Eltern und dem Ältestenrat des Dorfes geführt. Mit Erfolg: Früher gingen die Mädchen spätestens nach der siebten Klasse von der Schule ab. Heute gibt es in Khancharbagh schon eine 11. Klasse, im Juni 2014 werden die ersten Schülerinnen die Hochschulreife erlangen können! Ja, die Mädchen aus dieser Region sind ehrgeizig geworden. 23 studieren in Mazar e Sharif, sie erhalten über unseren Verein einen monatlichen Zuschuss von 15 Euro. Zwei von ihnen, Medizinstudentinnen, haben wir auf dieser Reise besucht. Was für eine Freude, sie zu sehen!


Von: Marga Flader
Liebe Frau Lucassen,
am Freitag kam ich aus Afghanistan zurück.  Was ich erst in Deutschland erfuhr: Während wir am Morgen des Opferfestes  in Kabul zum Flughafen fuhren – vorbei an betenden Menschen vor Moscheen, in Gärten und auf Fußwegen – sprengte sich in der Provinzhauptstadt Maimana ein Selbstmordattentäter in die Luft. Er riss 40 Menschen in den Tod und verletzte mindestens weitere 50 schwer. Maimana ist etwa 100 Kilometer von Andkhoi entfernt.

Das macht mich traurig und wütend und trübt die Freude und Zufriedenheit, mit der ich von dieser Reise zurück kam. Aber es bestätigt mich auch darin, wie wichtig unsere Arbeit ist. Ich denke an die vielen fröhlichen und selbstbewussten jungen Leute, die ich in den vergangenen Wochen traf. Und bin überzeugt davon, dass mit ihnen ein friedliches Afghanistan möglich ist.
 

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