Die Hebamme und der Philosoph über Glück und Schrecken der Geburt im 3. Jahrtausend nach Christus
Tim Wegner
Hedwig Gafga, Autorin
07.10.2010

chrismon: In der biblischen Geschichte kündigt ein Engel der Maria die Geburt ihres Sohnes Jesus an. Wie ist das heute, wenn jemand ein Kind erwartet?

Magdalene Weiß: Von einem Engel sind wir meilenweit entfernt. Es wird ein Schwangerschaftstest gemacht, und die Frauen gelangen in ein relativ enges Raster der Überwachung. Sie bekommen den Mutterpass, der Frauen zu achtzig Prozent zu Risikoschwangeren erklärt. Dann machen sie einen Test nach dem anderen und sind über lange Zeit in Unsicherheit, ob mit ihrem Kind alles in Ordnung ist. Schwangerschaft hat bei uns viel mit Kontrolle, mit Technik und auch mit Angst zu tun. Der Gegensatz dazu wäre ein Vertrauen auf das werdende Leben.

Peter Sloterdijk: Dieses Verhalten hängt zusammen mit der Umwandlung des modernen Sozialklimas im Ganzen, wo Sicherheitsthemen immer weiter in den Vordergrund geschoben werden. Die aktuelle Gesellschaft misstraut jeder Art von Zuwanderung. Hier gibt es zwei Arten von Grenzen zu kontrollieren, die Landesgrenzen und die Leibesgrenzen. Und die Mütter stellen das subversivste Potenzial dar, das es in einer Gesellschaft gibt! Wenn eine Mutter Bürgerin eines Landes ist, kann kein Gesetz der Welt ihr die Hervorbringung von neuen Bürgern verbieten. Was Sie an medizinischen Kontrollen in der Schwangerschaft beschreiben, wird eher begreiflich, wenn man sich klarmacht, dass wir geschultes Personal vor jedem Geburtskanal platzieren und dazu anleiten, die sich ankündigenden Einwanderer so früh wie möglich auf ihre Integrationsfähigkeit hin zu befragen.

Weiß: Wir gehen mit Einwanderern oft nicht sehr pfleglich um, wir begrüßen sie nicht freudig. Auch in der Geburtshilfe gestalten wir den Akt der Begrüßung eher mit Vorsicht. Für ein Wesen, das man einer Begrüßungszeremonie für würdig hält, müsste man überschäumende Begrüßungsgesten finden.

Sloterdijk: Die Analogie geht noch weiter: Ausländer können sich bei uns, wie man so schön sagt, naturalisieren. Wenn sie uns plausibel machen, dass sie aus guten Gründen im Land bleiben wollen, können sie einen Einbürgerungsantrag stellen und einen deutschen Pass bekommen. Neuerdings soll es sogar bei uns so etwas wie eine Begrüßungszeremonie geben. Neugeborene naturalisieren sich gewissermaßen von selber, müssen aber ihrerseits förmlich begrüßt werden - das geschah traditionell mit der Taufe. Dieser Akt hatte zuweilen eine dunkle Kehrseite: In manchen ländlichen Gebieten glaubte man, ein neugeborenes Kind sei, solange es nicht getauft ist, Eigentum des Teufels und erwerbe erst durch die Taufe die Staatsbürgerschaft im Gottesstaat.

Weiß: Kinder bekommen bei ihrer Ankunft heute oft nicht das, was sie brauchen. Wir haben in der Geburtshilfe die Balance zwischen Überwachung und Zuversicht verloren. Ich wünsche mir sehr, dass die Frauen wieder mehr Raum bekommen, um guter Hoffnung zu sein, ihr Kind in Ruhe unter dem Herzen tragen zu können und Zuversicht und Freude zu entwickeln. Schwangerschaft und Geburt, das ist ein gewaltiges kreatives Geschehen. Mir gefällt Ihr Bild von der Mutter als einer Schatzinsel. Wenn wir wieder dahin kämen, dass wir die Fähigkeiten der Mütter würdigen und sie darin unterstützen, sie auszuleben, dann wäre die Gefahr nicht so groß.

Sloterdijk: Viele Frauen haben sich noch nicht richtig klargemacht, dass die historischen Gründe für die Unlust an der Mutterschaft heute prinzipiell überwunden sind. Sie stammen großteils aus der Zeit, als man in Europa ein über 400 Jahre währendes biopolitisches Großexperiment durchführte: die systematische Überproduktion von Bevölkerung aus machtpolitischen Gründen - mit der daraus resultierenden systematischen Überlastung der Mütter. Denken Sie an die Urmutter der deutschen Pfarrersfrauen, Katharina von Bora. Die hatte mit ihrem Martin selber schon eine Menge Kinder, doch als eine Schwester von Luther starb, konnte der arme Reformator nichts anderes tun, als die Schar der Waisenkinder, die sie hinterließ, in seinen Haushalt aufzunehmen. Damals ist ein heroischer Typus von Frauen entstanden, von denen man erwartete, dass sie die eigene Überlastung überspielen können. Noch immer ist es ein Habitus bei manchen deutschen Müttern, dass sie sich abends ins Bett legen mit dem Gefühl, sie hätten allein für diesen Tag die Tapferkeitsmedaille verdient. Weiß: Mit der Antibabypille konnten Frauen festlegen, wie viele Kinder sie haben wollten. Das war ein Segen für viele, die nicht mehr ihrer Fruchtbarkeit ausgeliefert waren. Im Moment schießen wir aber übers Ziel hinaus. Das Kontrollbedürfnis hat sich zu einem Machbarkeitswahn entwickelt. Es entstand der Glaube, alles dem eigenen Willen unterwerfen zu können. Die Einstellung, die noch unsere Mütter und Großmütter zu ihrer Fruchtbarkeit hatten, ging verloren. Wenn ein Kind kam, nahmen sie es als gottgegeben. Dieses schicksalhafte Annehmen verschwindet.

chrismon: Mutter und Kind nehmen bereits in der Schwangerschaft eine Verbindung zueinander auf. Sie, Herr Sloterdijk, sprechen von der "Zweieinigkeit" von Mutter und Kind.

Sloterdijk: Die Forschung hat im Bereich des vorgeburtlichen Lebens dramatische Perspektiven eröffnet. Man kann heute sehr präzise über subtile Dinge Auskunft geben. Allgemein gesehen darf man die technischen Fortschritte der Menschheit nicht per se als eine Verirrung charakterisieren. Aber wenn diese Entwicklungen mit einer Haltung zusammentreffen, in der Desensibilisierung, Achtlosigkeit und entgeisterte Routinen vorherrschen, können sich fatale Folgen einstellen. Der moderne Mensch verliert mehr und mehr den Respekt vor dem, was früher als gottgegeben galt, bei den Schwangerschaften nicht anders als beim Wetter. Kündigt sich ein verregneter Sommer an, reagiert man nicht mehr mit frommer Resignation, sondern fährt woanders hin. Beim Kindersegen und bei schlechtem Wetter hat man sich früher der höheren Gewalt anheimgegeben. Heute treiben manche Frauen ab, wenn es ihnen nicht in ihre Urlaubspläne passt. Weiß: So leichtfertig geschieht das nicht. Ich erlebe, dass Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen, zwischen zwei Übeln abwägen: welche Entscheidung ist mit weniger Schmerz verbunden? Sloterdijk: Was ich erwähne, sind also Einzelfälle? Weiß: Womöglich.

chrismon: Die Pränataldiagnostik gibt Hinweise, ob ein Embryo Missbildungen aufweist. Wie sollte man damit umgehen?

Weiß: Ich nehme das Beispiel von einem Kind mit Downsyndrom. Da liegt eine Chromosomenabweichung vor. Die Kinder sind anders, nicht krank. Trotzdem ist diese Abweichung ein Grund für einen Abbruch. Ich erlebe immer wieder, dass Frauen, die wegen dieser Diagnose die Schwangerschaft abbrechen, noch nie ein mongoloides Kind gesehen haben. Sie haben nur die Vorstellung, es sei etwas Schreckliches und müsse weg. Wir Hebammen begleiten Frauen, egal wie sie sich entscheiden. Aber manchmal wünschte ich, dass die Frauen mehr darüber wüssten. Trotzdem ist ihnen bewusst: es ist eine Entscheidung über Leben und Tod. Das sind die dunklen Seiten der Pränataldiagnostik.

chrismon: Herr Sloterdijk, müssen wir Menschen von dem Wissen, über das wir verfügen, auch Gebrauch machen? w

Sloterdijk: Ja nun, dem Wissenszuwachs kann man nicht entkommen. Manche Menschen treffen immerhin die Entscheidung, dass sie das Geschlecht ihres Kindes nicht im Voraus bestimmen lassen wollen - was mir im Übrigen gefällt, weil man für Überraschung offenbleibt.

Weiß: Eine Überraschung wenigstens noch! Es ist ja sonst alles so durchsichtig.

Sloterdijk: In einer Kultur, in der die Aufnahmestrukturen hinsichtlich des neuen Lebens gut eingespielt sind, wird gynäkologisches Wissen zu einem Teil des Begrüßungsrituals. Aber in den nicht gastfreundlichen Kontexten gerät es zu einem Aspekt eines Selektionsverfahrens, mit verheerenden Folgen, wie man etwa an den Mädchenabtreibungen in Indien beobachtet. Ein Weg aus dem aktuellen Ungleichgewicht wäre sicher der, den Sie eben bezeichnet haben: dass man wieder an der Ausbalancierung zwischen dem Gefühlspol und Wissenspol arbeitet. Das andere ist aber, dass man eine Kultur der Willkommenheit schafft. Dazu gehört, die Mütter an ihre Schatzinsel-Eigenschaften zu erinnern - natürlich nicht im Sinn einer weiteren Belastung, sondern im Sinn einer Ermutigung. Die Mutter kann ihren Kindern durch ihre unbemühte Verfügbarkeit einen Archetypus des Reichseins einprägen. Das lernt ja jedes wohlgeratene Kind: dass in der Welt sein und zaubern können dasselbe ist. Es genügt offensichtlich, die eigenen Stimmbänder zu aktivieren, um ein Entgegenkommen seitens der Welt auszulösen: Ich schreie und mir wird geholfen. Wenn ich so etwas kann, wer bin ich dann? Das muss doch etwas ziemlich Tolles sein! Mit dieser Erfahrung von Wirken-Können ausgestattet, ist man a priori reich.

chrismon: Wenn das Kind schreit?

Sloterdijk: Es ist reich, wenn es erlebt, dass es von sich her Zeichen setzen kann, die der Welt nicht gleichgültig sind. Umgekehrt werden tiefe Formen von Melancholie, Resignation und Armutsstimmung die Folge sein, wenn eine frühe Erfahrung von Resonanzlosigkeit sich einprägt. Weiß: Absolut.

chrismon: Aber Sie schreiben auch, man dürfe die Mutter nicht überschätzen.

Sloterdijk: Das soll heißen: Man darf sie nicht in die Überlastung treiben. Sie überschätzen und überlasten, das läuft aufs Gleiche hinaus. In allen Kulturen ist Mutterschaft seit jeher ein arbeitsteiliges Verhältnis. Die Historikerin Sarah Blaffer-Hrdy spricht von Müttern und Mitmüttern und von deren unentbehrlicher Kooperation. Schon die Hebamme ist eine Mitmutter bzw. eine Allo-Mutter. Wenn die Hilfen von dritter Seite nicht ausreichend sind, geraten Frauen mit Kindern auf die schiefe Ebene. Sogar die Mütter der Gegenwart riskieren dann, die enorme Prämie zu verlieren, die sie zunächst besitzen aufgrund der Tatsache, dass sie viel weniger Kinder haben als ihre Vorgängerinnen. Hat man wenige Kinder, wird aber alleingelassen, ist die Last ebenso groß, wie wenn man zehn hätte und helfende Hände.

Weiß: Der Moment, wenn das Kind kommt, wird kulturell sehr unterschiedlich gestaltet. Manchmal ist es so, dass eine Hebamme das Kind entgegennimmt und es der Mutter gibt. Es gibt aber auch Hebammen, die sagen: Mach du es doch selber! Spür, wie es kommt. Hol es zu dir! Frauen, die ihre Position, in der sie das Kind bekommen, aussuchen, die knien oder aufrecht sind, können das Kind selber zu sich nehmen. Das ist bereits der erste Akt der direkten Annahme, etwas sehr Bewegendes. Die erste Phase nach der Geburt ist etwas enorm Tiefgreifendes. Mutter und Kind sind ganz offen füreinander, da sind alle Antennen gestellt. Sie haben alle Möglichkeiten, sich zu verlieben, ineinander zu wurzeln, damit sie dieses Leben gemeinsam schaffen können. Es ist ganz anders, als wenn ich als Hebamme das Kind der Frau gebe. Im Grunde geht es ja um eine lebenslange Annahme, das fängt an bei der Geburt und wird immer weitergehen.

Sloterdijk: Ein wunderschöner Akzent, den Sie da setzen. Aber auch die mittelbare Übergabe enthält eine Botschaft, die für die Mutter sehr wertvoll ist: dir wird in der Extremsituation geholfen. Das kann so weit gehen, dass die Gesellschaft als Ganze als eine adoptionsfähige Größe im Hintergrund der Geburten sichtbar wird. Im Übrigen, wenn es einen Grund gibt, warum die katholische Kirche sich bei diesem Thema Mitspracherechte erworben hat, dann auch deswegen, weil sie in der Vergangenheit oft Adoptionsmacht letzter Instanz war. Vom Mittelalter an deponierte man unwillkommene Kinder auf den Stufen zur Kirche oder in einer Durchreiche im Bereich der Sakristei. Wenn Sie die Telefonbücher von Neapel oder Madrid unter dem Buchstaben "E" anschauen, finden Sie Seiten um Seiten mit dem Namen "Esposito", der den ausgesetzten Kindern gegeben wurde. Die Botschaft ist unmissverständlich: Wir nehmen auch die Ausgesetzten auf, denn wer geboren wurde, soll unbedingt leben dürfen. Ich finde es wichtig, dass man gegenüber der individualistischen Grundstimmung unserer Tage daran erinnert, dass Adoption ein grundlegender Vorgang ist, in jedem Leben. Auch die leiblichen Mütter müssen ihre Kinder adoptieren. Man kennt ja das Phänomen der sogenannten Rabenmutter, bei der sich der psychobiologische Adoptionsvorgang aus irgendwelchen Gründen nicht abspielt. Die Mutter bleibt dem eigenen Kind gegenüber kalt.

chrismon: Und das Kind?

Sloterdijk: Hat später zeitlebens mit Kompensationen zu tun. Ich würde so weit gehen zu behaupten, dass die Religionen der letzten zweieinhalbtausend Jahre Verfahren gewesen sind, die entmutigten Menschen auf dem zweiten Bildungsweg mit der Nachricht auszustatten: So gleichgültig und abgeschnitten, wie du dir vorkommst, warst du nicht gemeint und bist du letztlich auch nicht. Was wir unter dem Wort Erlösung ansprechen, ist der Sache nach eine Art Bejahungstherapie, die Wiederherstellung des verlorenen Resonanzvertrauens. Eine etwas häretische Spekulation: Wenn die gute Nachricht von der Nichtgleichgültigkeit der Existenz bereits an das werdende Leben im Mutterleib gerichtet wird, wenn also die Mutter schon pränatal auf der Frequenz der Begrüßung sendet - dann müsste sich ein Strukturwandel der Religionen ergeben. Die Menschen würden einen gewissen Typus von Erlösungsbotschaft viel weniger brauchen ...

chrismon: Sie meinen, wenn Mütter die gute Botschaft frühzeitig übertragen würden, bräuchten die Kinder keine Religion?

Sloterdijk: Das Problem würde sich anders stellen. Sie wären von Anfang an auf die Frequenz der Bejahung gestimmt und müssten nicht nachträglich mit priesterlichen Mitteln mühsam an eine positive Einstellung herangeführt werden. Man sieht, die vorgeburtlichen Dinge sind, was die subtileren metaphysischen Fragen angeht, von unabsehbarer Tragweite.

Weiß: Eine Tagung mit Hebammen und Theologinnen hat kürzlich die Frage gestellt, was notwendig wäre, damit das Heilige, das in vielen Geburten ein fundamentaler Bestandteil ist, spürbar werden kann.

chrismon: Ereignet sich bei der Geburt etwas Heiliges?

Weiß: Das Heilige ist anwesend. Wir können es in vielen Situationen erleben. Wichtig ist, dass eine Frau sich entfalten kann, das Kind Platz hat und keine Störungen von außen stattfinden. Dann entsteht manchmal bei allen Beteiligten ein Gefühl von Ehrfurcht. Dann ist dieses Ungeheuerliche zu spüren, das mit dem Ankommen eines Menschen da ist. Das lässt mich an Weihnachten denken, weil mit der Ankunft eines Menschen etwas tief Spirituelles verbunden ist. Wir erleben das in der Hausgeburtshilfe, die weniger technisiert ist, und wir erleben es in der klinischen Geburtshilfe eher zu Ausnahmezeiten, in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden, wenn weniger Störungen auftreten.

chrismon: Was ist denn das Heilige?

Sloterdijk: Das Heilige ist kein philosophischer Begriff, aber man kann es philosophisch umschreiben. Es deutet auf die Momente, in denen reine Gegenwart aufscheint. Der Wundermoment ist da, wenn alle Routinen und Wahrscheinlichkeiten weggeräumt sind - man steht vor dem nackten Dass, vor der puren Tatsächlichkeit. Alle Sicherheiten fallen beiseite, man sieht nur noch die Ereignishaftigkeit des Lebens, das gelingt. Die Selbstverständlichkeiten sind weggenommen, trotzdem geschieht das Einmalige, als könne es nicht anders sein. Das sind die besonderen Augenblicke.

chrismon: Welche Rolle spielt dabei der Vater?

Sloterdijk: Der Vater ist in der Mannschaft der Mit-Mütter ein wichtiger Spieler.

Weiß: Und trotzdem hat er eine randständige Rolle bei der Geburt. Ich finde es wunderbar, wenn Männer dabei sind, weil dieses tiefgehende Erlebnis nur bedingt mitteilbar ist. Die Arbeit muss die Frau machen. Wenn Männer sich bemühen, der Frau einen Teil der Arbeit abzunehmen, muss man ihnen sagen: Lass es deine Frau machen. Aber mach deine Arme weit auf!

Sloterdijk: Doch kann der Herr Papa im Begrüßungskomitee eine halbwegs überzeugende Figur abgeben. Ich erinnere mich gut an mein eigenes Erlebnis. Als alles vorüber war, wurde mir mein Kind in der Klinik quasi fertig übergeben, so ein kleines Paket, hübsch eingekleidet und appetitlich anzusehen. Dieses erste Auf-den-Arm-Nehmen war etwas absolut Erstaunliches. Weil meine Frau wegen einer Kaiserschnittoperation noch träumte, hatte ich den Vortritt bei der Begrüßung. Ich bin da mit dem kleinen Wesen im Arm auf dem Korridor hin und her gegangen und hatte eine Zeit lang das Gefühl: Es sieht eigentlich aus wie meine Mutter, man macht sich von höherer Seite über mich lustig. Später bin ich nach Hause gefahren, habe mich auf das Sofa gesetzt und habe, da an Schlaf nicht zu denken war, wie ein anderer Johannes der Täufer bis sechs Uhr früh über mögliche Namen meditiert.

Weiß: Hatten Sie die Wahl des Namens offen gelassen?

Sloterdijk: Wir waren aus irgendeinem Grund überzeugt, dass es ein Junge wird. Es war eine Tochter, und ich muss zugeben, dass ich mich darüber wahnsinnig gefreut habe. Seit 14 Jahren laufe ich in der Welt herum und verkünde auch Leuten, die es nicht hören wollen: Ohne Tochter wäre mein Leben ein Irrtum.

 

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