Andree Volkmann
Übles Erbe
Das Thema Sünde füllt heute Romane und Filme. Aber so radikal wie die Reformatoren redet darüber lange keiner mehr
Portrait Eduard KoppLena Uphoff
25.09.2016

Zwar gilt er als viel versöhnlicher als sein Freund und Professorenkollege Martin Luther, aber beim Thema Sünde vergisst auch Philipp Melanchthon seine übliche Zurückhaltung. „Gottlos und fluchwürdig“ nennt er die Theologen, die aus der Bibel ein ganz ­falsches Sündenverständnis herausge­lesen haben. Und dann räumt er auf.  

Sind wir Menschen von Geburt an Sünder? Diese Frage beantwortet Philipp Melanchthon ganz klar mit Ja. Das Böse, so sagt der zweite große Wittenberger Reformator neben Luther, ist ein Zwang, von dem sich Menschen nicht aus eigener ­Kraft befreien können. Sie haben, so schreibt Melanchthon, eine „angeborene Neigung, einen anerzeugten Drang und eine Kraft, die sie zum Sündigen wegzieht“ (in den „Loci Communes“ aus dem Jahr 1521). Nur das Heilswirken Gottes könne die Menschen aus dieser Ver­strickung zur Sünde befreien.

Sündige Schöpfung

So radikal lesen es die Reformatoren in der Bibel, und deshalb wenden sie sich auch gegen die Lehren von Thomas von Aquin. Dessen Scholastik war damals die an den meisten Universitäten ge­lehrte Philosophie und Theologie. Ihr wirft ­Luther, zu Recht oder zu Unrecht, vor, die Sünde zu verharmlosen und den Menschen vorzugaukeln, sie könnten sich aus eigener Kraft das Heil verdienen – wenn sie denn nur Gott lieben und ­gute Werke tun. Luther hält das für einen großen Irrtum: Auch was nach außen gut aussieht, sei innerlich voller Sünde. Und Melanchthon schreibt: „Die Sünde ist ein krummer (verkehrter) Affekt, eine krumme Bewegung des Herzens“, quasi unausrottbar in ihm drin, ganz tief in ihm verwurzelt. 

Im umgangssprachlichen Sinn versteht man die Sünde heute meistens als Einzeltat, als Verstoß gegen eine Regel oder ­Konvention. Vor allem die katholische Kirche, die vom scholastischen Denken stark geprägt ist, hat zur Verbreitung ­dieses Sündenverständnisses beigetragen: früher vor allem durch die Verbreitung ihrer Beichtspiegel – umfangreicher Regelwerke zur Vorbereitung der Beichte. Dagegen betonen die Reformatoren oft die sündige Grundstruktur der Schöpfung. 

Der Mensch erhöht sich

Warum das? Einerseits gelten die wichtigsten Normen als von Gott gestiftet,andererseits besteht zwischen Gott und Mensch ein Treueverhältnis. Dazu gehört die Vereinbarung bestimmter Regeln, wie sie in der Bibel besonders schön im Bundesschluss Gottes mit Noah und den Überlebenden der Sintflut ins Bild gefasst ist. Kündigt der Mensch diese Beziehung auf, begeht er die eigentliche, die größte Sünde: die der Abkehr von Gott. Einzelsünden ziehen immer auch die Beziehung zu Gott in Mitleidenschaft. In diesem Sinne kann man sogar sagen, dass es nur eine Sünde gibt: die der zerstörten Beziehung zu Gott. Im Dekalog, den Zehn Geboten des Alten Testaments, beziehen sich nicht zufällig die ersten drei auf den Glauben an Gott. Und deshalb wurde das missverständliche Wort Erbsünde inzwischen auch abgelöst von dem der Ursünde. 

Die Erbsünde des Augustinus (354–430), des einflussreichsten Theologen des ersten Jahrtausends, stellt demgegenüber eine folgenreiche Verengung dar. Augustinus war geprägt von körper- und sexualitätsfeindlichen christlichen Traditionen und hatte zudem sprachliche Probleme mit den Texten des Paulus. Nach seiner Lehre ziehen sich ausnahmslos ­alle Menschen die Sünde durch die Geburt zu. Sexuelles Begehren und Zeugung übertragen die Sünde auf die nachfolgende Generation. Aus diesem sündigen Verhängnis gibt es kein Entweichen. Die Sexualität ist für Augustinus Ausdruck der süchtigen Eigenliebe der Menschen und ihres Hochmutes gegen Gott. 

Warum der Mensch gleichzeitig gut und böse ist und wie sich das Verständnis von Sünde gewandelt hat, erzählt Pastor Henning Kiene im Gespräch mit Hans-Gerd Martens.
Gut, dass die Bedeutung seiner Sün­den­lehre inzwischen verblichen ist. Für die Auffassung, dass sich die Sünde durch Sex und Geburt fortpflanzt, gibt es keinen Beleg in der Bibel. Aber die grundsätzliche Frage der Reformatoren, warum sich die Menschen über Gott erheben, ­ist eine der ältesten – und von bleibender Bedeutung.

 

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(Erb)Sünde: "Ende eines Fluches" (Eduard Kopp), "Sind wir von Geburt an böse?" (derselbe), "Wie undankbar!" (Christoph Markschies) in chrismon plus 10/2016

 

Sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere sehr geehrte Herren Kopp und Markschies,

 

Ihre Beiträge befassen sich, mal im Rahmen der Betrachtung der Textänderungen in der neuen revidierten Lutherbibel (die einige frühere Neuübersetzungen rückgängig macht), mal im Rahmen der von Reformatoren (Melanchthon) außerhalb von Bibelüberset-zungen und von Kirchenvätern (Augustinus, Thomas von Aquin) geäußerten dogmatischen Ansichten, mal in der Auseinandersetzung mit "antiquierten" Ausdrücken mit der Frage der Unausweichlichkeit der Sünde und beziehen (Titelzeichnung zu "Sind wir von Geburt an böse?") auch neugeborene Kinder mit ein.

Zunächst: Die Bibel nicht besser übersetzen, sondern uminterpretieren ist ein gefährliches Unterfangen. Wenn wir etwa meinen, wir wüssten besser als Jesus (oder genauer als er es nach den Evangelientexten gesagt hat), wie es richtig ist, dann relativieren wir die Bibel so, dass sie nicht mehr Grundlage unseres (angemaßten) Glaubens ist. Manches an älterer Übersetzung kann man auch stehen lassen, wenn man sich klar macht, dass es die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse im Auge hat. Natürlich wendet sich Paulus an die "Brüder"; er ist ein Mann seiner Zeit; nur was Männer sagen, gilt, und er selbst sagt: Das Weib schweige in der Versammlung. Er ging sogar soweit, zu behaupten, nie könne ein Weib Bischof werden, denn das Weib habe seinerzeit durch Anbieten des Apfels an Adam als erstes die Ursünde des Ungehorsams begangen. Ob großartige Frauen in der Urchristengemeinde hervortraten oder schwiegen oder fehlten, spielt da keine Rolle. Wir können heute sagen, dass Paulus für uns nicht verbindlich ist. Was Paulus sagen würde, wenn er heute lebte, ist Spekulation. (Bis heute kann keine Frau katholischer Bischof werden, weil - natürlich und nicht, weil Jesus keine Frauen in der Jüngerschaft duldete - die Zwölf alle Männer waren.)

Nun zum Thema: Wir haben einen natürlichen Hang nicht zur Sünde, die uns heute eine eher sekundäre Kategorie ist, sondern zur Wahrung des Eigeninteresses. Das beginnt in der Tat beim Säugling; hätten wir diesen Selbstbehauptungswillen nicht, dann wäre es unser Untergang. Dass des Menschen Trachten böse sei von Jugend an, ist übertrieben und in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Viele Sünden sind so, dass sie selbst vor irdischen Richtern milde oder gar nicht geahndet würden. Das gilt auch für die Sünde Adams und Evas mit dem Apfel. Der Rausschmiss aus dem Paradies wegen Ungehorsams dieser Qualität hätte, wie die gleichzeitige Ver-fluchung der Schlange, vor heutigen Gerichten keinen Bestand gehabt. Die Äußerungen über Sünde entstammen einem archaischen Gottesbegriff, den Jesus als so nicht zutreffend bezeichnet. Allerdings sagt auch er eindeutig, dass wir ohne ihn und Gottes Gnade da nicht heraus können. Das soll uns vor allem zeigen, dass wir mit Gott nicht rechten dürfen. Wir sind nichts ohne seine Gnade, und jedes Pochen auf unsere positiven Seiten ihm gegenüber ist Anmaßung. Dass bereits neugeborene Kinder (zumindest die ungetauften unter ihnen) wegen ihrer Sündhaftigkeit nicht in den Himmel kommen können, wurde lange von christlichen Pfarrern gelehrt. Wenn aber der Mensch von Anbeginn (weil es ihm angeboren ist und er so geschaffen wurde) nicht anders sein kann, dann trifft die Verant-wortung Gott, und die Gnade, die er im Zweifel den Kleinen dann doch erweist, ist zwar unverdient, aber keine Gnade im Sinne eines Gnadenaktes, wo man Gnade vor Recht ergehen lässt. Anmaßung im Verhältnis zu Gott wird besonders sichtbar, wenn wir ihm vor-werfen, etwas zugelassen und nicht verhindert zu haben, und deshalb aus der Kirche austreten.

Jesus hat uns gezeigt, dass nicht Rechthaben eine Rolle spielen kann (trotz "Selig sind, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen"), sondern dass es um Liebe geht, um Beachtung des Mitmenschen, für dessen Not wir mitverantwortlich sind (ohne uns auf-opfern zu müssen), und dass Gott nicht Gnade, sondern Liebe ist. Die Rechtfertigungslehre hat deshalb den falschen Namen. Wir haben die alte Sexualmoral überwunden und sehen nun, dass die Kirche meist Sexualmoral meinte, wenn sie "Sünde" sagte. Sün-digen wird auch gesagt, wenn es sich um eine Sahnehaube auf der Sahnetorte handelt. Wer geschieden war oder im Konkubinat lebte, konnte lange kein evangelischer Pfarrer werden. Betrug im kriminellen Sinn, Veruntreuung, selbst Tötung durch Unterlassen, alles Sünden, waren nicht Gegenstand des Interesses.

Mein Fazit: Die Sünde als Begriff spielt in Ihren Betrachtungen eine zu große Rolle dafür, dass wir Vergebung erlangen können, wenn wir selbst zur Vergebung bereit sind.

Mit freundlichen Grüßen,

Ulrich von Heyl, Lampertheim,  29.09.2016.

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Das ist diskussionsökonomisch gesehen günstig, dass gilt: " In diesem Sinne kann man sogar sagen, dass es nur eine Sünde gibt". Das erspart manche Umstände. Die Sünde besteht in einer Kündigung. "Kündigt der Mensch diese Beziehung auf, begeht er die eigentliche, die größte Sünde". Da stellt sich für mich eine Frage. Kündigen kann man nur, was man vorher vorsätzlich abonniert (Zeitschrift), gemietet (Wohnung), abgeschlossen (Arbeitsvertrag) hat oder eingegangen (Freundschaft) ist. Unkündbar sind alle Sorten von Zwangsverhältnissen. Kindschaft, Standardstaatsbürgerschaft, Militärdienstpflicht und Inhaftierung wären da einschlägig. Die kann man nicht kündigen. Gegen deren üble Folgen kann man vielleicht kämpfen. Das ist aber was ganz anderes als eine Kündigung.
Wer freiwillig zur Firmung oder Konfirmation gegangen ist und dann die Beziehung zu Gott kündigt, klar, der ist Sünder. Wer aber das Glück oder Pech hatte, je nach Standpunkt eben, nie der Einladung zum Betreten der Glaubensbahn gefolgt zu sein, sondern ein freundliches "Nein, danke!" bevorzugte, ist nie eine Beziehung zu Gott eingegangen. Also gibt es nichts zu kündigen. Somit ist er frei von Sünde. Dass er dadurch eine Steinewerferlizenz erwirbt, ist den Bibelkundigen geläufig. Ob er scharf auf eine solche Lizenz ist oder gar keine Steine werfen will, ist eine andere Frage. Sündenfrei bleibt er auf jeden Fall. Ist doch praktisch, oder echt geil, wie es auf modern heißt?
Oder habe ich mal wieder alles völlig falsch verstanden? Können interessierte Leser mir das klar machen? Auf Herrn Adam Mair setze ich wie immer große Hoffnungen. Aber vielleicht gibt es noch weitere Diskussionlustige?
Thea Schmid

Als Ihr großer Hoffnungsträger möchte ich Sie selbstverständlich nicht enttäuschen, liebe Frau Schmid. Aber auch ich fände es erfreulich, sollten sich noch andere Diskutanten dazugesellen.
Ob Sie mal wieder alles ganz falsch verstanden haben, kann ich noch nicht sagen. Sie haben auf jeden Fall Wichtiges falsch verstanden. Sie monieren, dass der/die GeburtsatheistIn gar keine Beziehung zu Gott hat und deswegen nichts kündigen kann. Nein, nein, so einfach kommen Sie Gott nicht aus. Gott hat doch den Noahbund mit den Menschen geschlossen. Da selbst gestandene Gläubige die Bündnisdetails nicht immer parat haben, bitte hier nachlesen: Genesis 9, 8 - 17. Sollte Ihnen der Einwand kommen, dass Sie weder zu Noahs Söhnen zählen noch zu dem Viechzeugs, das der Arche entstiegen ist, dann lässt das den anderen Bündnispartner, Gott nämlich, ziemlich kalt. Der kann auf Sie gut verzichten. Der ist doch die Selbstverpflichtung eingegangen, auf Spektakel wie Sintfluten fürderhin zu verzichten. Und wenn Sie das jetzt nicht großartig finden, sondern eher dem bürgerlichen Mindestanstand zurechnen wollen, ist das natürlich Ihr Bier.
Nur für den Fall, dass Ihnen die eindrückliche atmosphärisch-optische Erscheinung mit zweifacher Brechung und Dispersion und zwischendrin noch einer Reflxion, besser als Regenbogen bekannt, nicht als Symbol eines Gottesbundes einleuchten will, denken Sie einfach an mindestens ebenso interessante Bündnisse namens Gesellschaftsvertrag (Hobbes, Locke, Rousseau, Kant) oder Generationenvertrag (Deutsche Rentenversicherung). Da waren Sie auch nicht dabei! Oder doch?
Mit evangelischem Gruß
Adam Mair

Lieber Herr Mair, Ihren Hinweis auf den Gesellschafts- und den Generationenvertrag finde ich durchaus diskussionsfördernd. Da glaubt manch einer, er würde vom Staat gezwungen, Steuern zu zahlen, seine Telefonverbindungsdaten speichern zu lassen und den gewählten Amtsinhabern zu gehorchen. Es kommt nicht oft vor, aber mancher empfindet darüber sogar den einen oder anderen Verdruss. Doch weit gefehlt! Die Staatskundigen von Hobbes bis Kant machen klar, dass hier überhaupt kein unschöner Zwang vorliegt, sondern ein Vertragsverhältnis. Also Freiwilligkeit und Nutzen für den Staatsbürger und die Staatsbürgerin sind angesagt.
Ebenso bei der Rente. Erst geht tüchtig und ohne jede Freiwilligkeit was vom Brutto ab und ergibt ein überschaubares Netto. Ist man dann RentenbezieherIn, ist die Rente auch nicht Grundlage für Sorgenfreiheit. Darüber sich ärgern, möglicherweise sogar nachdenken und zu einem anderen Ergebnis kommen als "Ist halt leider nicht anders machbar!"? Nein, nein, das ist alles Ausfluss eines Vertages, nämlich des Generationenvertrages.
Sowohl die Vorstellung von einem Gesellschaftsvertrag wie auch die von einem Generationenvertrag sind also grobe, vorsätzliche Fehlinterpretationen der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Abhängigkeit und Zwang werden umgedeutet in Freiwilligkeit. Die dahinter stehende Absicht ist die Rechtfertigung von Macht.
Bei den verschiedenen Bünden, die Gott angeblich mit den Menschen geschlossen haben soll, wären entsprechende Überlegungen angebracht. Ich werde sie wohlweislich nicht darlegen. Sonst kommt am Ende die Feuerwehr mit Löschwasser. Und ich würde mir sagen lassen müssen, dass ich gesündigt habe gegen einen Moderationsvertrag zwischen mir und der Redaktion.
Thea Schmid

Da kann ich Sie nur unterstützen in Ihrem Entschluss, von destruktiver Kritik am Neuen und Alten Gottesbund Abstand zu nehmen. Wir möchten die Kommentarfunktion für aufbauende Kritik genutzt sehen. Sie haben hoffentlich nichts dagegen, liebe Frau Schmid, wenn ich Ihnen dazu Vorschläge unterbreite.
Unser Cheftheologe Herr Eduard Kopp weist zu Anfang sehr zu Recht darauf hin, dass das Thema Sünde heute Romane und Filme füllt. Damit ist schon mal sichergestellt, dass was dran sein muss an der Sünde. Ein sehr gelungenes Beispiel für konstruktive Kritik ist die vorgenommene Umbenennung der Erbsünde in Ursünde. Da erwarte ich jetzt von Ihnen wohldurchdachte Alternativen. Bei Ursünde klingt Urknall und Urzeit an. Das raunt doch sehr bedeutungsvoll. Wollen Sie nicht vielleicht alternativ die Umbenennung in Ahnensünde vorschlagen? Dann könnte ganz sachlich um die Vor- und Nachteile beider Umbenennungen gerungen werden.
Wie wäre es mit folgender Argumentation? Die Ursünde lässt erahnen, wie es in der Urzeit mit der Sünde bestellt war. Auch heute werden wir hektisch von der Uhrzeit getrieben. Trotzdem haben wir eine Ahnung, was Sünde ist. Deshalb schlage ich die Umbenennung in Ahnensünde vor.
Sie wollen einwenden, das sei keine Argumentation, sondern assoziatives Verknüpfen gleich- und ähnlichlautender Begriffe? Keine Sorge, auf diese Unterscheidung legen wir Protestanten genau so wenig Wert wie unsere anderen Brüder und Schwestern in Christo.
In Erwartung Ihrer konstruktiven Antwort verbleibe ich
Mit evangelischem Gruß
Adam Mair

Antwort auf von Adam Mair (nicht registriert)

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Meine Antwort ist weder konstruktiv, noch destruktiv. Kritik kann nie konstruktiv sein. Sie kann auch nie destruktiv sein. Kritik kann zutreffen oder verfehlt sein, also richtig oder falsch sein. Die beliebte Aufforderung, doch bitte schön konstruktive Kritik zu leisten, ist die Aufforderung, auf Kritik zu verzichten und statt dessen Partei zu ergreifen. Diese Parteinahme soll überdies nicht offen erfolgen, sondern die Form alternativer Ratschläge annehmen. Wer verlangt, man solle konstruktive Kritik an der Regierung, der Opposition, den Arbeitgebern, den Gewerkschaften oder der Kirche leisten, will gerade nichts von Kritik wissen. Die würde nämlich davon handeln, warum es Regierung, Opposition, Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Gläubige gibt, was deren Bestimmung ausmacht, was die warum miteinander und gegeneinander treiben. Das soll alles gerade nicht zur Sprache kommen. Statt dessen soll man sich in die Regierung usw. hineinversetzen, also deren Zwecke fraglos teilen und dann gute Tipps erteilen.
Ich verbleibe in Erwartung Ihrer Antwort, an die ich nicht den Maßstab anlegen werde, ob sie konstruktiv oder destruktiv ist, sondern ob sie sachlich zutrifft.
Thea Schmid

In der Beziehung zu Gott ist alles machbar, d.h. er ist für alles offen. Die Kirche ist kündbar, nicht aber die Beziehung zu Gott. Eine zerstörte Beziehung ist daher auch nicht unbedingt ein Grund zur Kündigung.
Am schlimmsten ist die moralische Bewertung, über die Sie hinauswachsen müssen, um eine neue Beziehung aufbauen zu können.
Kündigung der Beziehung, Abkehr von Gott, Überhöhung des Menschen : und die Sünde ist damit komplett, die Beziehung zerstört, so der Autor, d.h. der Mensch wendet sich von Gott ab, und sich selbst zu. Besser ist es natürlich, wenn er sich selbst in Gott wiederfindet.
Mit anderen Worten: Die Beziehung zu Gott mag zwar zerstört sein, aber sie ist unaufkündbar ! Doch anders als Her Mair, bin ich der Ansicht, dass der Bund, den Gott mit Noah eingegangen war, für alle gilt. Und falls es IHN, Gott nämlich, "kalt lässt", ob ich, oder Sie, oder Du, oder wer auch immer, an Bord ist, weil Er sich, wie Herr Mair betont, "selbstverpflichtet hat, um " auf Sintfluten fürderhin zu verzichten ", dann muss man sich nicht wundern, dass eine so einseitige Beziehung mit der Zeit Brüche erleidet.
Etwas an diesem protestantischen Selbstbildnis ist schief.

Antwort auf von G.L. (nicht registriert)

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Liebe(r) Herr oder Frau G.L., Sie schreiben: "Die Beziehung zu Gott mag zwar zerstört sein, aber sie ist unaufkündbar !" Verstehe ich richtig, dass es mit Gott so zu geht, wie man es von Ehepaaren, prototypischerweise von katholischen des 19. Jahrhunderts, her kennt. Es fliegen die Fetzen, dass es nur so kracht, aber die Ehe muss aufrecht erhalten werden. Was sollen sonst Gott oder die Nachbarn denken?
Ich habe mich offenbar nicht klar genug ausgedrückt und danke Ihnen, dass Sie mir Gelegenheit zur Verdeutlichung geben. Ich bin keineswegs der Meinung, dass irgend jemand dem Noahbund entkommen kann. Der gilt für alle. Das gehört mit zu den beachtenswerten Besonderheiten, wenn der eine Bündnispartner ein Gott ist. Wenn der beschlossen hat, dass er mit allen Menschen einen Bund macht, dann haben die Menschen keine Möglichkeit, diesem Bund zu entkommen. Wie sie ja selber sagen: Unkündbar! Dass dieser Beziehung eine gewisse Einseitigkeit anhaftet ist deshalb schlecht zu bestreiten.
An welchem protestantischem Selbstbildnis ist jetzt bitte was schief?
Mit evangelischem Gruß
Adam Mair

Antwort auf von Adam Mair (nicht registriert)

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ich fürchte, nun müssen Sie Ihre Ansichten korrigieren. Da Sie aber die Vorgehensweise Ihrer Kirche sicher kennen, dürfte es Ihnen kaum schwerfallen, sich ihren Ansichten zu unterwerfen.
Was Ihr Gott wohl davon hält ? Es lässt IHN sicher "kalt" .
Das Unrecht der langen Jahre religiöser Kämpfe könnte derweil als Kollateralschaden festgeschrieben werden. Eine Sünde ohne Gleichen ! Lässt sich auch so ohne Weiteres nicht der katholischen Kirche in die Schuhe schieben.
Aus diesem Grunde auch, empfinde ich die Selsbtzufriedenheit des Herrn Kopp als reine Kaltschnäuzigkeit.
Aber ich hoffe auf Frieden.

Mit freundlichen Grüßen, G.L.

Antwort auf von G.L. (nicht registriert)

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Dieser Kommentar ist eine Offenbarung, aber eine des totalen Unverständnisses. Voll von den üblichen Redewendungen, voll von angenommenen, vom gutwilligen Leser aber nicht nachvollziehbaren Inhalten, voll von Glauben Einzelner aber ohne echte Gewissheit. Jedem das Seine und allen anderen Gläubigen der innige Privatglaube? Ist das der wahre Zustand des Protestantismus? Hier wird der Glaube einem Christen wahrlich schwer gemacht, so dass ihm als letzter Anker nur noch das Vaterunser bleiben könnte. Zuletzt muss dann noch aus dem AT der alte Nichtschwimmer Noah herhalten, wo doch sonst immer vom AT ein ekliger Abstand eingehalten wird, weil dessen Inhalte mit dem NT nun wahrlich nicht kompatibel sind. Zitat:"...Kündigung der Beziehung, Abkehr von Gott, Überhöhung des Menschen..die Sünde ist damit komplett, die Beziehung zerstört, ..der Mensch wendet sich von Gott ab und sich selbst zu. Besser ist es natürlich, wenn er sich selbst in Gott wiederfindet". Und das soll ein "Heide" verstehen? Geht es nicht noch ein bisschen esoterischer? Und warum sollten wir uns trotz "Kündigung" nicht in Gott ohne alle Vorbehalte wiederfinden, wo er uns doch selbst nach seinem Ebenbild geschaffen hat? Und ist das nun auch wieder falsch verstanden, obwohl der Inhalt der Schöpfungsgeschichte doch eigentlich klar sein sollte? Dieser Verhau unerschöpflicher intellektueller Variationen von Bibelinhalten ist nur ein Zeichen totaler Ohnmacht. Spätestens 2017 muss ein neuer Luther her, der diesen Tempel der willkürlichen Glaubensinhalte mit dem Kärcher reinigt. Wir werden wohl vergebens warten, wenn nicht doch "von höherer Warte" ein Einsehen zur allgemeinen Erleuchtung kommt.

Das erklären Sie mir bitte, lieber Herr Ockenga! Sie schreiben: "Und warum sollten wir uns trotz "Kündigung" nicht in Gott ohne alle Vorbehalte wiederfinden". Wiederfinden kann man nur, was man verloren oder verlegt hat. Der eine verlegt sein Handy, der andere, wenn die degenerativen Alterserscheinubgen einsetzen, findet seinen Wohnungsschlüssel im Kühlschrank wieder. Sich selbst in Gott wiederfinden, mit oder ohne Vorbehalt, setzt voraus, dass einer sich selbst verloren oder verlegt hat. Wie man Geldbeutel, Autoschlüssel oder Brieftasche verlegt oder verliert, ist mir, teils aus persönlicher Erfahrung, bekannt. Mich selbst habe ich jedoch noch nie verlegt oder verloren. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie das gehen soll. Deshalb sehe ich mit Interesse Ihrer Antwort entgegen.
Da ich öfters bei Ihnen gelesen habe, dass Sie aus Sorge um die gelingende Heidenmission manche Formulierungen von Mitchristen kritisieren, darf ich doch davon ausgehen, dass bei Ihrer Aussage kein Wortgeklingel mit Tiefsinnsanstrich vorliegt.
Sepp Stramm

Antwort auf von Sepp Stramm (nicht registriert)

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Stramm und voll daneben. Herr Stramm, vor dem von Ihnen als zu erklärend genannten Satz steht das Wort Zitat. Dann folgt in Anführungszeichen der Satz, für den ich ja auch gerne eine Erklärung hätte. Allerdings stammt der Satz nicht von mir, sondern er steht in dem Bezugsartikel von G. L.. Das kommt davon, wenn man den Zusammenhang nicht erkennt und wieder einmal (ähnlich Thea Schmidt, früher war IWAN auch hierfür bekannt) sich wild und mit herabwürdigenden Formulierungen auf die Beiträge anderer stürzt, das eigentliche Thema aber draußen vor lässt. Ihre sarkastischen Redewendungen sind zweifellos nobelverdächtig. Leider ist es Ihr Ziel, mit diesen Sätzen Personen zu treffen und nicht dem eigentlichen Thema zu dienen.

Tja, was machen wir da, wenn die Welt voll Teufel ist und Sie verschlingen will? Wieder mal auf einen starken Mann warten, den neuen Luther? Im Falle meiner Bosartigkeit habe ich besseren Trost für Sie parat. Sie brauchen nur noch einmal selber genau zu lesen, was G.L., was Sie und was ich geschrieben haben. Was fällt Ihnen jetzt auf? Richtig, ich habe Sie ausdrücklich nach dem gefragt, was Sie geschrieben haben, nicht nach der Vorlage von G.L. Ich verrate Ihnen sogar, warum ich das gemacht habe. Bei Ihnen bin ich mir sicher, dass Sie inhaltlich diskutieren wollen. Wie ich auch. Das dürfen Sie nun aber nicht bei allen voraussetzen. Die meisten, die zum Bahnhof gehen, wollen mit dem Zug fahren oder jemanden abholen. Es gibt aber auch Leute, die zum Bahnhof gehen, um jemanden zum Quatschen zu haben. Ist ja keine Schandtat. Aber Sie brauchen nicht zu versuchen, mit denen über den Fahrplan zu reden. Der interessiert die nämlich nicht.
Und noch ein kleiner, freundlicher Tipp, lieber Herr Ockenga. Nicht gleich hinter jedem christlichen Gedankengut, das Ihnen begegnet und Ihnen nicht gefällt, die Evangelischen von der von Ihnen nicht geschätzten Strömung vermuten. Es gibt auch noch jenseits des Protestantismus Christen. Ziemlich viele sogar. Sie als bekennender Liebhaber des deutschen Südens, insbesondere eines Bundeslandes mit eigener christlicher Partei, sollten das nicht ganz vergessen.
Kopf hoch!
Sepp Stramm

Hallo Herr Stramm! Ihr Zitat: „Das erklären Sie mir bitte, lieber Herr Ockenga! Sie schreiben: Und warum sollten wir uns trotz "Kündigung" nicht in Gott ohne alle Vorbehalte wiederfinden". Kommentar von OC: Sie sollten aus dem Zusammenhang schon verstehen können, dass es sich hierbei um eine zitierte Frage handelt, die wohl auch G. L nicht verständlich beantworten können wird, geschweige denn Sie und ich. Ihre weiteren Auslassungen sind umsonst. Auf welcher Geistes- und Gemütsverfassung gründen denn derartige Aussagen der Unentwegtgläubigen, die bei Fragen nach klaren Inhalten sehr schnell schlingern? Fragen Sie doch mal konkret nach, dann wird mit einem beliebigen Zitaten-Schwall aus der Bibel geantwortet. Schnell ist ein Gleichnis zur Hand. Dem folgt ein Weiteres. Die Kette ist eröffnet. Sie können mühelos jedes Zitat mit einem Gegenzitat konterkarieren. Und wenn Sie dann noch mit dem Inhalt des AT anfangen, sind der Konfusion keine Grenzen gesetzt. Der Protestantismus hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark von esotherischen Inhalten und deren Redewendungen beeinflussen lassen. Yoga und Evangelisch sind nicht mehr total unvereinbar. Der Glaube an Bachblüten, an Tages-, Wochen- und Jahresedelsteine muss nicht mehr zuverlässig mit dem Protestantismus kollidieren. Selbst die ach so irdische Politik wurde vom Protestantismus vereinnahmt. Im krampfhaften Bemühen, linkspolitisch korrekt zu sein, wurde das Risiko der politischen Spaltung der Gläubigen in Kauf genommen. Mit noch anderen Worten: Die Inhalte des Protestantismus sind beliebig und links geworden. Es lebe die Toleranz der Intoleranz! Ja, ich bin ein Konservativer um aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen. Schon mit diesem Eingeständnis können Sie sich leicht in den inneren Zirkeln (Synoden!) in ein ablehnendes Fahrwasser begeben. Sie können unbesorgt davon ausgehen, dass hier kein billiges Wortgeklingel mit Tiefsinnsanstrich vorliegt. Keine Angst Herr Stramm, mein Kopf bleibt oben, wenn sich auch die Haare kräuseln. Gegenseitig unverbesserlich und MfG Ockenga

Antwort auf von OCKENGA (nicht registriert)

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Lieber Herr Ockenga, Sie erheben den Vorwurf: "Die Inhalte des Protestantismus sind beliebig und links geworden." Beides gleichzeitig kann nicht sein. Entweder sind die Inhalte links, dann sind sie eben nicht rechts und somit auch nicht beliebig. Oder sie sind beliebig, dann kann es aber nicht sein, dass sie links festliegen. Da müssten Sie sich entscheiden, welchen Vorwurf Sie erheben möchten. Die dritte Möglichkeit, dass der Protestantismus weder links noch beliebig ist, wäre auch noch zu untersuchen.
Um wieder mehr zum Thema zurückzukehren: Der Artikel schließt mit der Zusammenfassung: "Aber die grundsätzliche Frage der Reformatoren, warum sich die Menschen über Gott erheben, ist eine der ältesten – und von bleibender Bedeutung." Diese Vorstellung ist auf jeden Fall weder links noch beliebig, sondern schlichtweg falsch. Da ist also der Normalmensch ein Arbeitsleben lang braver Mitarbeiter oder hartzt auch zwischendrin, geht irgendwelche Parteien wählen oder schenkt sich das auch, ist gehorsamer Staatsbürger und schaut, wie er über die Runden kommt. Dann fällt er noch etwas länger als erwünscht der Rentenkasse zur Last. Schließlich geht es ab in die Grube. Wo hat sich diese Gestalt bitte über Gott erhoben? Der hat sich im Regelfall weder über die Erwartungen der lieben Nachbarn und Verwandten, auch nicht über das Strafgesetzbuch erhoben, zumindest dort, wo er leicht auffliegen würde. Aber zum notorischen Sünder, der dringend der Gnade Gottes bedarf, soll er es allemal gebracht haben. Eine eigenartige Karriere scheint mir das zu sein.
Sepp Stramm

Ich habe heute, dank ihres Kommentars, meine letzte Zigarette geraucht. Und als Zeichen, dass " ein neuer Luther " gar nicht nötig ist.
Mit freundlichen Grüßen, G.L.

Mein Vorschlag : Wenden Sie sich mit Ihren Fragen zum Thema an die Redaktion selbst, die ja für die Inhalte bürgt. Ihre Beobachtungen zur Ohnmacht und dem, was Sie so schön als "intellektueller Verhau " bezeichnen, spricht für die Vielschichtigkeit der Bibel, während die Ohnmacht wohl eher Ihrem, vorsichtig formuliert, orakelhaft fatalistischen Denken entspringt.
Wichtig ist auch, dass man einander Achtung entgegen bringt. Wenn man Zweifel hat, muss man diese äußern. Aber das Internet ist doch nie der Weisheit letzter Schluss.

Vielschichtigkeit der Bibel? So kann man das auch nennen. Die Redaktion liest die Beiträge. Wenn sie was zu sagen hat, wird sie das wohl tun. Wenn man nicht mehr weiter weis, dann wird von Offenheit, von unendlicher Toleranz, von Vielschichtigkeit von mit vielen Zungen reden gesprochen. Letztlich handelt es sich nur um eine totale Unsicherheit, um eine Beliebigkeit, die ihr Heil in der Unverbindlichkeit sucht. Ein Vergleich mit der Ehe liegt nahe. Der Glaube daran, was das VATERUNSER ausmacht, ist ein lebenslängliches („Ehe“-)Versprechen. Die üblich gewordene gläubige Vielschichtigkeit der Interpretationsmöglichkeiten ist dagegen religiöser Hedonismus, der überall fündig zu werden hofft, ohne je ein Versprechung gegeben zu haben. Zitat G.L.: „Wenn man Zweifel hat, muss man diese äußern“ Oc: Was ich hiermit tue. Aber Zweifel allein sind untauglich. Man sollte schon Finger in Wunden legen dürfe, es sei denn, der Glaube ist jemand egal. Dann hat er hier nichts zu suchen. Zitat G.L.: „Aber das Internet ist doch nie der Weisheit letzter Schluss“. Oc: Weder das Internet, noch jeder Schreiber und Schreier verfügt über Weisheit. Wenn überhaupt, ist die der Zukunft vorbehalten.

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Was unter Erbsünde wirklich zu verstehen ist, habe ich hier kurz ausgeführt:
https://manfredreichelt.wordpress.com/2016/03/21/die-erbsuende/

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Sehr geehrte Damen und Herren!

Als ungebetene Werbung für die Kirche erhielt ich mit der Leipziger Volkszeitung das evangelische Magazin "chrismon", Ausgabe 10.2016. Obwohl das Blatt nicht mein Interesse findet, so habe ich darin den Beitrag "Sind wir von Geburt an böse?" gelesen. Das hat bei mir etliche Fragen erzeugt. Was ist z.B. Sünde? Moslems dürfen kein Schweinefleisch essen, aber mehrere Frauen haben, was die Christen verurteilen. Den Hindus sind die Kühe heilig und in ihren Augen ist es eine Sünde, wenn ich sonntags eine schöne Rinderroulade genieße. Geistliche begleiten die Soldaten und segnen ihre Waffen, auch wenn das Töten von Menschen ein schweres Verbrechen ist. Und bleibt der Himmel denen verschlossen, die nicht an den dreieinigen Gott glauben? Ist es nicht sündhaft, mit der Angst der Menschen, das ewige Leben zu verlieren, als Druckmittel zu arbeiten?

Wenn nun der Gott, an den Sie glauben, ich aber nicht, allmächtg und allwissend ist, die Menschen geschaffen hat, dann musste er doch wissen, dass sie ihm nicht immer gehorchen werden. Hätte er sie nicht so programmieren können, dass sie keine Dummheiten machen? Dann hätte er auch seinen Sohn Jesus nicht dem Henker ausliefern müssen. Welcher Vater lässt denn seine Kinder qualvoll hinrichten? Ist das nicht auch eine Sünde, denn jeder Rabenvater, der so etwas zulässt, kommt hinter Gitter. Und ist er nicht selber etwas böse, wenn ihn die Christen im Vaterunser bitten müssen, sie nicht in Versuchung zu führen? Es kann ja schief gehen, wenn sie der Versuchung nicht standhalten und böse Dinge tun?

Ich weiß, dass ich Sie mit dieser meiner Meinung nicht umstimmen werde, denn schließlich ernähren Sie, Pfarrer und Kirchenangestellte, sich von "Opfersteuern und Gebetshauch", so wie es Goethe in seinem Gedicht Prometheus treffend beschreibt. Lesen Sie es sich ruhig durch, denn es ist beinahe mein Glaubensbekenntnis.

Mit freundlichen Grüßen

Horst Pawlitzky, Leipzig

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Auf den Punkt gebracht! Text: „Sind wir Menschen von Geburt an Sünder? Melanchthon: Die Sünde ist ein Zwang, von dem sich Menschen nicht aus eigener Kraft befreien können. Nur das Heilswirken Gottes könne die Menschen aus dieser Verstrickung zur Sünde befreien“. Weiter im Text: “Die Reformatoren betonen oft die sündige Grundstruktur der Schöpfung“. Schlussfolgerung: Also eine göttliche Ursünde, die auch ohne den Menschen vorhanden ist und die ihn mit der Zeugung erreicht. Und warum hat uns Gott mit dieser Ursünde, die teuflisch ist, weil nicht vermeidbar, ausgestattet, obwohl er uns nach seinem Ebenbild geschaffen hat?
Text: „Die Erbsünde des Augustinus stellt demgegenüber eine folgenreiche Verengung dar. Nach seiner Lehre ziehen sich ausnahmslos alle Menschen die Sünde durch die Geburt zu“.
Das bedeutet demnach, dass den Katholizismus und den Protestantismus entscheidend die Begriffsinhalte von Ursünde und Erbsünde unterscheiden.
Die Ursünde besteht demnach automatisch auch ohne Geburt und wurde protestantisch allem menschlichen Wesen von der Schöpfung mitgegeben, während die katholische Erbsünde erst durch den Sündenfall von Adam und Eva entstanden ist und von diesem Paar ununterbrochen weiter gegeben wurde. Danach hat also Gott die Sünde Adam und Eva nicht zwingend auslebend eingepflanzt. Durch die Ebenbildschöpfung die Veranlagung dazu aber sehr wohl. Und wo ist jetzt der persönliche schuldige Unterschied, wenn jeder Mensch ohne eine eigene Schuld auch ein Quäntchen Böswilligkeit hat, die der eine unterdrückt (Adam/Eva vor dem Sündenfall) und die der andere, von der Schlange verführt und vom Schöpfer zugelassen, den freien Lauf (in den Apfel gebissen) lässt? Und mit diesem argumentativen Kuriositätenkabinett soll nun wer von was überzeugt werden?

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Warum lassen sich gebildete Menschen einreden, dass sie Sünder sind und nur Gott sie erlösen kann? Probiert doch einfach mal ein gottloses Leben :-)

Antwort auf von Monika Haven (nicht registriert)

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Weder ein gottgefälliges noch ein gottloses Leben werden als Probierhäppchen am Messestand angeboten. Deswegen haut das mit dem Probieren nicht hin. Hat schon mit Überzeugung zu tun. Und die, wenn sie was taugt, mit Kritik. Das Adjektiv gebildet kann gleich gestrichen werden. Um die Irrtümer des Glaubens zu erfassen, die des Unglaubens übrigens auch, braucht man kein Unistudium. Wie umgekehrt die Habilitation nicht davor schützt, am laufenden Meter peinliche Ideologie zu produzieren und dafür höchste Lorbeeren einzusammeln.
Warum das alles? Ich würde empfehlen, diese als höfliche Umschreibung einer unhöflichen Aussage gebrauchte Floskel ernst zu nehmen. Warum ist der Glaube an den zwanghaft notorisch sündigen Menschen und an seine Abhängigkeit vom gnadenvollen Gott auch heute sehr verbreitet? Weil die gesellschaftlichen Wirklichkeit prächtig dazu passt. Der anständige Bürger, egal ob gläubig oder Atheist, hat sich in der täglichen marktwirtschaftlichen Konkurrenz zu bewähren. Zu der soll er sich einbilden, er und seinesgleichen wären naturwüchsig Bestien, die nichts Besseres wüssten als dem Nachbarn den Schädel einzuschlagen. Es sei denn, der große gütige Papi namens demokratischer Rechtsstaat passt gut auf alle auf. Mit Aufklärungskampagnen, einem soliden Gefängniswesen und ganz viel Sinnstiftung. Letztere je nach Wunsch glaubensmäßig oder ohne Transzendenz.
Traugott Schweiger

Antwort auf von Traugott Schweiger (nicht registriert)

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Warum soll die Frage nach dem Warum des Glaubens eine unhöfliche Aussage sein? Zum Katholikentag beispielsweise, den wir erst dieses Jahr in Leipzig hatten, sollten wir die Gläubigen im Gespräch verunsichern, das war vom Gastgeber ausdrücklich gewünscht. Die Evangelischen sind bei solchen Fragen wohl empfindlicher?

Antwort auf von Monika Haven (nicht registriert)

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Nein, Frau Haven, in dem Punkt gibt es keine relevanten Unterschiede zwischen Katholen und Evangelen. Der Zweifel ist immer der erwünschte Begleiter des Glaubens. Jede Biographie eines Gläubigen, die halbwegs auf sich hält, weiß von Phasen starken Zweifels zu berichten. Danach ist die Glaubensgewissheit um so tröstlicher. Zweifel ist eben gerade nicht Kritik.
Sind Sie Gläubige verunsichern gegangen? Wie hoch war - Sie verzeihen meine unverzeihliche Ausdrucksweise - die Trefferquote? Um Legendenbildung vorzubeugen: Die vom Gastgeber gewünschte Verunsicherung war nicht so einseitig, wie Sie es hier darstellen, liebe Frau Haven. ZdK-Präsident Sternberg hatte ausdrücklich von heilsamer Verunsicherung auf beiden Seiten gesprochen. Deswegen sollten auch die lieben gottlosen Leipziger - Herr Sternberg hat selbstverständlich nicht so polemisch wie ich formuliert, sondern sprach von der nicht-christlich geprägten Bevölkerung - zu den Kirchentagsveranstaltungen gehen und sich verunsichern lassen. Sind sie auch dieser Einladung gefolgt? Sind Sie ordentlich verunsichert worden? Wodurch in was?
Völlig verunsichert, wie jetzt die korrekte Schlussformel zu lauten hat, verzichte ich auf eine solche.
Traugott Schweiger

Nachdem ich im Vorfeld des Katholikentages einigermaßen empört über die Aussagen des Herrn Sternberg war (wir haben nur vergessen, dass wir Gott vergessen haben usw., anscheinend kann der Herr nicht akzeptieren, dass man mit Gott nix am Hut hat), habe ich mir extra ein T-Shirt mit der Aufschrift "Gottlos glücklich" machen lassen und bin damit in die Stadt gegangen (bin also der Einladung des Herrn Sternberg gefolgt). Und ich musste feststellen, dass die Katholiken mir kaum Interesse entgegenbrachten. Man sah hin und wenn ich freundlich zurück nickte, guckte man schnell weg; die Reaktion erinnerte so bissl an "Satan, weiche von mir".
Mit einer Frau kam ich ins Gespräch, es war auch alles ganz nett und so. Bis sie die Frage stellte, wie ich denn das alles hier so fände. Meine Antwort "Unmöglich. Die Stadt hat Haushaltssperre und wirft den Katholiken eine Million hinterher, wo hier kaum einer katholisch ist." hat sie dann leider so verschreckt, dass sie das Gespräch beendete und ganz schnell verschwand.
Fazit: Wenn man dieses putzige Fest nicht toll fand, waren die Katholiken scheinbar nicht wirklich an Austausch interessiert. Der Wahrheit halber: ich hatte auch nicht vor, mich zu irgendwas bekehren zu lassen. Da war ich in guter Gesellschaft mit größeren Teilen der Leipziger Bevölkerung, die sich dafür nicht übermäßig interessiert haben und denen das Steuergeld leid tat.

Haben Sie den Kassenzettel für das bedruckte T-Shirt aufgehoben? Dann senden Sie den doch mal an das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ein und fordern so ca 30% Ihrer Ausgaben als Zuschuss! Schließlich waren Sie im Sinne des Katholikentages unterwegs und haben sich um die Integration der Katholiken in die atheistische Mehrheitsbürgerschaft bemüht. Wie man den Wunsch nach Zaster in analogen Fällen begründet, können Sie u. a. bei Frau Annette Kurschus, Mit-Herausgeberin von chrismon und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen nachlesen. http://chrismon.evangelisch.de/blog/auf-ein-wort/annette-kurschus-ueber-staatliche-zuschuesse-fuer-kirchliche-grossveranstaltungen-31455
Die Aussicht auf eine inhaltliche Antwort des ZdK dürfte mäßig sein. Aber vielleicht generiert die computergestützte Schriftverkehrsverwaltung einen Textbaustein der Art: "Wir bedanken uns für Ihr Interesse am Katholikentag. Ihr finanzielles Anliegen tragen sie bitte beim nächstgelegenen Pfarrbüro vor!" Dann nichts wie hin zu Herrn Hochwürden! Und hier bitte vom Gesprächsverlauf berichten!
Ergänzend wäre noch zu erwägen, das T-Shirt - es ist ja noch heil und Ihnen nicht im argumentativen Gefecht vom Leibe gerissen worden - zu waschen und bügeln und als Kleiderspende bei der Caritas abzugeben. Die dortige Mitarbeiterin dürfte es wohl mit einem Lachen oder auch kommentarlos entgegennehmen. Möglicherweise wird es auch zurückgewiesen. Ein Protokoll dieses Gespräches bitte uns nicht vorenthalten!
Traugott Schweiger

Schließlich zelebrieren ja nächstes Jahr nun die Evangelischen die Reformation. Da wird sich doch sicher die eine oder andere Gelegenheit zum Tragen ergeben.
Und noch zum Katholikentag: ich hab dort aus Spaß bissl auf der Facebookseite u.a. zum Thema Missionierung mitdiskutiert. Komischerweise kam keine Antwort mehr, als ich gefragt hab, warum ich mich für den katholischen Glauben entscheiden soll und nicht z.B. für die Zeugen Jehovas, die beriefen sich ja auch auf den gleichen Gott ;-)

Bei den Reformationsfeierlichkeiten wären Sie mit "gottlos glücklich" nicht ganz stilsicher gekleidet. "Glück" hat einen gefährlich hedonistischen Beiklang, der eher zum katholischen Ambiente passt. Wollen Sie es bei den Protestanten nicht mit einem seriösen "gnadenlos erlöst" probieren?
Traugott Schweiger

Antwort auf von Traugott Schweiger (nicht registriert)

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Ich glaub ja nicht an Erlösung ;-)

Antwort auf von Monika Haven (nicht registriert)

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Dass Sie nicht an Erlösung glauben ist sehr löblich. Ihre Argumentation legt dann allerdings nahe, dass Sie an das Glück glauben. Das wäre das Gegenteil von löblich. Glück und Erlösung sind beide gleichermaßen Ausdrücke für die unbegriffene, im Regelfall gesellschaftliche Bedingtheit dessen, was erfreut. Die Auskünfte von psychologischen oder anderen Beratungsstellen, im Normalfall auch von Freunden und Familienmitgliedern, zum Thema Glück fallen vielleicht anders aus als die Auskünfte von Herrn Hochwürden oder Frau Pastorin zum Thema Erlösung. Irrig sind alle diese Auskünfte aus denselben Gründen.
Traugott Schweiger

Antwort auf von Monika Haven (nicht registriert)

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Die Realität wartet jüngst mit einigen "Gottlosigkeiten " auf: da ist der junge Syrer, der im Gefängnis Suizid beging, da ist das ermordete Mädchen, und andere Kinder, ferner der ehemalige Chefarzt in Bamberg, dem schwere sexuelle Nötigung an einigen seiner Patientinnen vorgeworfen wird, u.a.m. Und Sie, und viele andere auch, glauben, der Glaube sei ein Witz ? Sie fordern zu "Gottlosigkeit " auf ?
Zugegeben, so in seine Einzelteile zerlegt und journalistisch aufbereitet, wirkt die Glaubensgeschichte fast wie ein Heidenspaß ! Man vergisst geradezu, worum es dabei eigentlich geht. Nicht wahr ?

Warum, liebe(r) Herr/Frau G.L., sortieren Sie Selbstmorde von Verhafteten und Kriminalfälle bei den Gottlosigkeiten, also der Sünde, ein? Handelt es sich bei jemandem, der seinem göttlichen Herrn in besonderer Weise dienen will, aber vor der Tatausführung im Knast landet, nicht eher um ein warnendes Beispiel, was der Glaube so alles auf die Beine stellen kann? Sowohl bei den Terroristen, wie auch ihren christlich-abendländischen Gegenspielern? Zu meinen, der Glaube sei ein Witz, wäre eine gefährliche Unterschätzung und Verniedlichung des Glaubens. Auch der mieseste Witz konnte nie das anrichten, was die Wucht des Glaubens ganz locker zuwege brachte und bringt.
Könnten Sie mir bitte erläutern, worum es bei der nicht in ihre Einzelteile zerlegten und nicht journalistisch aufbereiteten Glaubensgeschichte geht? Geht oder eigentlich geht, ganz wie Sie wünschen.
Traugott Schweiger

Antwort auf von Traugott Schweiger (nicht registriert)

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Als Jesus gekreuzigt wurde, da spottete der eine von den Zweien, die mit IHM gekreuzigt waren, und der andere bekehrte sich. Suchen Sie sich die für Sie persönlich geeignete Rolle heraus. Die Kreuzigung an sich stellt einen Vorgang dar, den Sie sich gerne zu Gemüte führen dürfen. Im internet findet sich einiges dazu, auch "die Kreuzigung Jesu aus medizinischer Sicht ". Lohnenswert zu lesen, weil es Ihnen vielleicht die Augen für gewisse Umstände, die zur Entstehung des Glaubens geführt haben, und das Leid dieses Todes näher bringen könnte. Lesen Sie. Hier auch entsprechende Bibelstellen:

- Lukas 23,34
- Lukas 23, 43
- Johanens 19, 26 - 27
Anfang des Psalms 22
- Psalm 22, 2 ; auch
- Matthäus 27, 46
- Markus 15,34
und andere mehr . Falls es Ihnen nach dem Studium der vorgeschlagenen Texte noch immer nicht ernst ist, dann wäre das recht befremdlich.

Ich wünsche einen Guten Tag !

Antwort auf von G.L. (nicht registriert)

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Danke für Ihre Lesetipps! Sie sehen also in der Kreuzigung den zentralen Glaubensinhalt. Da habe ich jetzt eine Frage. Jesus wurde von der römischen Besatzungsmacht zum Tode verurteilt und hingerichtet. Der von Ihnen erwähnte junge Syrer wurde von Landsleuten verraten und an die deutschen Behörden ausgeliefert. Dann hat er sein Leben selber beendet. Inwiefern soll das damalige Zuschlagen der dortigen Staatsmacht für heutige Justizfälle von Bedeutung sein?
Ihr freundliches Angebot, mich zwischen Paradies (Schächer I) und Verdammnis (Schächer II) zu entscheiden, habe ich schon erledigt. Die Alternativen, die der Gott der Liebe im Angebot hat, sind bemerkenswert.
Traugott Schweiger

Warum sollte man alles, was auf der Welt schief läuft, auf Gottlosigkeit zurück führen? Im Namen Gottes, Allahs oder wie auch immer man das übernatürliche Wesen seiner Religion nennt, passiert doch auch genug Schlimmes.
Der Glaube ist für die Leute, die ihn haben, sicher kein Witz. Als Atheist wundert man sich schon, warum die Gläubigen anscheinend jemanden brauchen, der Ihnen sagt, wie sie leben sollen.
Für ein anständiges Leben braucht man keinen Glauben, man muss nur die elementare Grundregel des Zusammenlebens mit anderen Menschen beachten: „Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“ Dann funktioniert es :-)

Ich bin auf Ihr schlichtes und unkompliziertes Denken hereingefallen. Nicht alle Menschen sind so einfach und geradlinig. Ich sehe den Begriff "Gottlosigkeit " eher als eine Bezeichnung für skrupelloses, gewissenloses Verhalten, daher mein Hinweis auf die Brutalität, die in unserer Gesellschaft vorherrscht. Ich fand es gedankenlos, den Glauben von Menschen so zu banalisieren, wie Sie es tun. Möglicherweise war das Schweigen, dass Sie sowohl bei Facebook als auch in Leipzig geerntet haben, ein Hinweis darauf, dass man über die Dreistigkeit hinter der scheinbar "gottlos -glücklichen" Fassade, die Sie so provokativ naiv darboten, sehr überrascht gewesen war. Es ist nicht jedem gegeben, spontan und schlagfertig zu reagieren, verbal versteht sich. Manchmal verbietet es einem die eigene Bildung und Erziehung, auf die gleiche platte Weise zu reagieren, wie man oft angesprochen wird. Vor allem, wenn man als Christ unterwegs ist, und sich selbst, unglücklicher Weise, zur Zielscheibe gemacht hat.
Und es heißt auch, was auch eine elementare Volksregel ist, keine Grundregel, wie Sie fälschlicherweise annehmen, : Der Klügere gibt nach ", wobei genau hier sich etwas ändern sollte, will man eine zaghafte Begegnung nicht dauernd mit alten Vorurteilen boykottieren, bevor sie überhaupt begonnen hat.
"Warum sollte man alles, was auf der Welt schief läuft, auf Gottlosigkeit zurückführen ? Ich glaube , darum geht es nicht. Nicht jeder Mensch ist so selbstherrlich, und vermessen, zu glauben, er könne alles bewältigen, was ihm das Leben vorgibt. Gott ist eine Autorität, die Halt gibt. Und man muss nicht alles glauben, was einem andere sagen. Auch ein Atheist bekommt eine Menge Mist zu hören, und reihmt sich daraus seine "vorurteilsfreie " Märchenwelt " zurecht, darüber, wie das Leben und andere so sind, bzw. zu sein haben.
In diesem Sinne bedeutet dann Ihre Grundregel rückwirkend auch, das Sie hier Ihr Verhalten selbst hinterfragen dürfen. Wollen Sie tatsächlich so behandelt werden, wie Sie, in diesem Falle die Katholiken behandelt haben ?

Generell: wenn ich einen Katholikentag in der Diaspora abhalte, dann werde ich dort halt von vielen merkwürdig beäugt, das wäre andersrum genauso. Stellen Sie sich mal einen Atheistentag in einer katholischen Gegend vor, die Reaktionen darauf wären sicher auch interessant. Und wenn die Christen sich in Leipzig mit Ihrem Treffen, mit Ihren Worten ausgedrückt, zur Zielscheibe gemacht haben, dann müssen sie halt auch andere Meinungen oder Kritik aushalten. Leipzig wurde ja bewusst gewählt, weil man sich beweisen wollte, dass man auch in der Diaspora feiern kann. Ich musste mir ja auch im Vorfeld und während des Katholikentages jede Menge merkwürdige Aussagen anhören. Die Dame, mit der ich (im Gottlos-glücklich-Shirt) ins Gespräch kam, wollte auch von mir wissen, was das denn für ein Leben wäre ohne Glauben. Das Ganze mit einem leicht mitleidigem Lächeln dargebracht, so als wüsste sie es besser.
Und Selbstherrlichkeit? Ein Christ, der von sich wegen seines Glaubens annimmt, der bessere Mensch zu sein, ist genauso selbstherrlich, wie der Atheist, der sich besser fühlt, weil er ohne Glauben auskommt.
Und unterm Strich muss jeder duch seine Probleme und Katastrophen selbst durch. Wo er sich dafür den Halt sucht, ob bei Gott oder in der Familie oder bei Freunden, Beratungsstellen etc. macht keinen großen Unterschied.
Und noch generell: das dauernde Missionieren, ob nun von den Katholiken, den Zeugen Jehovas und, und und, auch von Chrismon, nervt halt einfach. Warum werde ich als normaler Zeitungsleser damit belästigt? Wenn ich ein Kirchenblatt lesen will, dann kaufe ich mir eins.

Eines der verbreitetsten Vorurteile zeigt sich in der Formulierung: "Und unterm Strich muss jeder duch seine Probleme und Katastrophen selbst durch." Die Probleme und Katastrophen sind eben nicht "seine" oder "ihre". Die haben im Regelfall gesellschaftliche Ursachen, sollen aber vom demokratischen Bürger als Privatangelegenheit und Privatversagen aufgefasst werden. Ist man in diese Falle erst tüchtig gelaufen, steht sofort statt Nachdenken über die Gründe das Suchen nach Halt auf der Tagesordnung. Da haben Sie Recht mit: "Wo er sich dafür den Halt sucht, ob bei Gott oder in der Familie oder bei Freunden, Beratungsstellen etc. macht keinen großen Unterschied." In der Tat, diese Haltsucherei geht notwendig schief. Was Herr Pfarrer oder Frau Psychologin oder der/die Männerfreund/beste Freundin mitzuteilen haben geht alles an der Sache vorbei.
Die Zwangsbeilage chrismon ist eine Folge der Tatsache, dass die Anzahl der freiwilligen Käufer von Kirchenblättern nicht den Erwartungen der maßgeblichen Gläubigen entspricht. Jetzt geht es eben nicht mehr darum, den Geldbeutelinhaber vor dem Zeitungskiosk erfolgreich zu betören, sondern Zeitungsverleger zu finden, denen die chrismon-Beilage in ihre Kalkulationen und Berechnungen passt. Offensichtlich sind diese Bemühungen erfolgreich.
Sepp Stramm

Antwort auf von Sepp Stramm (nicht registriert)

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Erfreulich, die Unterstützung von unerwarteter Seite, aber was meinen Sie nun damit:
" In der Tat, diese Haltsucherei geht notwendig schief. Was Herr Pfarrer oder Frau Psychologin ...mitzuteilen haben, geht alles an der Sache vorbei. " An welcher Sache geht was vorbei ? Diese Denkweise verstehe ich nicht.
Ich sehe das alles so, dass es äußerst schwierig ist, gewisse Sachverhalte und Zusammenhänge in Kurzfassung in einem doch recht kleinen und allgemein gehaltenen Blatt an den Leser zu bringen. Dadurch entstehen, klassischer Weise, Missverständnisse, wenn man nämlich versucht in die Inhalte alles mögliche an persönlichen Ressentiments und angesammeltem, gelerntem und aufgeschnapptem Wissen, hineinzupacken. Ich finde, das versteht sich doch von selbst. Oder nicht ?
Keiner, weder Journalist, noch Leser ist frei davon, manchmal Mist von sch zu geben.
Manche Menschen verstehen immer nur das, was Ihnen in den Kram passt, andere bemühen sich, aufmerksam zu sein, zuzuhören, wiederum andere sagen nur, was sie sagen wollen, und damit hat es sich.
Noch andere fahren nur eingleisig in einer Spur, und man kann an ihnen irre werden.
Von den letzteren gibt es sehr viele.
Wenn es hier heißt : " Und unterm Strich muss jeder durch seine Probleme und Katastrophen selbst durch", bedeutet das nichts anderes, als dass JEDER in den Konsequenzen selber betroffen ist. Und klar, dass es auch auf die Gesellschaft insgesamt ankommt, wie man miteinander umgeht. Wer Mobbing übt, verliert selbst irgendwann. In einer Gesellschaft, in welcher Hilfsbereitschaft auf Wohltätigkeitsorganisationen abgewälzt wird, werden Nächstenliebe und Freundlichkeit etwas sehr Rares.
Wollen Sie, wollen wir in einer solchen Gesellschaft wirklich leben ? Also in einer Gesellschaft, die nur auf das Starke wert legt ? Das Starke , Gesunde, Kraftvolle, mentale Stärke, hohes Resilienzpotential , herausragende Führungstalente , um hier nur einige der Eigenschaften zu erwähnen, die man der Gesellschaft der Zukunft voraussagt.
Ich möchte die Schöpfung nicht zugunsten von genetischen Kraftprotzen aufgeben, die zwar alle erforderlichen Eigenschaften haben mögen, aber über wesentliche Gaben des Geistes und des Herzens, der Empfindsamkeit, der Sensibilität einfach nicht verfügen.

Ihre Frage, an welcher Sache was vorbeigeht, möchte ich gerne versuchen zu beantworten. Frau Haven schrieb von "seine Probleme und Katastrophen". Ein heutzutage typisches Problem ist, den Arbeitsplatz nicht zu verlieren, oder wenn die Katastrophe der Arbeitslosigkeit bereits eingetreten ist, einen neuen Job zu ergattern. Der Grund für drohende oder eingetretene Arbeitslosigkeit ist nicht die Arbeitnehmerin. Der Grund ist die Gesellschaft, die Firmen dazu zwingt, in der Konkurrenz um schwarze Zahlen erfolgreich zu sein. Deshalb müssen die Firmen aus ihren sogenannten Mitarbeiterinnen rausholen, was nur geht, insbesondere alle die rausschmeißen, die aus welchen Gründen auch immer nicht mehr optimal in die betrieblichen Rechnungen passen.
Der Grund für das Problem und die Katastrophe ist also die Gesellschaft. Völlig an der Sache vorbei geht nun der, der gute Ratschläge erteilt, wie man sich in der Firma aufführen soll, solange man noch in Arbeit ist oder wie man sich möglichst erfolgreich bei der Jobsuche zu präsentieren hat. Solche heißen Tipps werden von der Psychologie erteilt. Diese Ratschläge ändern allerdings keinen Deut an den Gründen der Katastrophen. Sie bewirken allenfalls, dass statt Frau X Frau Y rausfliegt, oder statt Herrn W Herr Z weiter ohne Arbeit bleibt. Das, was Psychologen als Hilfe ausgeben und von den Betroffenen leider oft als solche missverstanden wird, ist gerade keine Hilfe, sondern nur die Pflege und Beförderung der Konkurrenz zwischen denen, die die Katastrophen auszuhalten haben.
Gleiches gilt für die Predigten von Frau Pastorin. Die Auskunft, dass Gott alle Menschen liebt und insbesondere die Benachteiligten und Schwachen in sein Herz geschlossen hat, ist angesichts eines ordentlichen, munteren Arbeitsmarktes blanker Zynismus. Aber weder die Psychologen noch die Pfarrer gelten als die Zyniker, die sie objektiv sind. Als zynisch gilt der, der diese Rolle von psychologischem Ratgeberwesen und Glauben benennt und zu erklären versucht.
Sepp Stramm

Antwort auf von Sepp Stramm (nicht registriert)

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Zynismus ist nicht angebracht, dafür jede Menge Realitätssinn.

Antwort auf von G.L. (nicht registriert)

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Wunsch und Hohn. ZITAT : " Die Auskunft, dass Gott alle Menschen liebt und insbesondere die Benachteiligten und Schwachen in sein Herz geschlossen hat".

Was ist denn nun die Quintessenz dieser Auskunft, was nutzt sie den Betroffenen? Es ist nur ein frommer Wunsch und keine Weissagung, was sie ja eigentlich sein soll. In Anbetracht der Realitäten ist der Inhalt der Auskunft blanker Hohn. Zwar hoffentlich von den Aussagenden nicht so gewollt, aber immerhin doch so in Kauf genommen.

Antwort auf von Sepp Stramm (nicht registriert)

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"Der Grund für das Problem und die Katastrophe ist ... die Gesellschaft."
Das ist die zentrale richtige Antwort..
Ich erlebte in meinem 10. Lebensjahr den Zusammenbruch der Nazi-Gesellschaft durch die sowjet-russische Soldateska in Ostpommern (heute: Polen).
Es war ein Inferno (Brandschatzung, Vergewaltigung, Vertreibung.
Gott offenbarte sich darin in der Lebensstärke.
Gott wirkt in dem Menschen und durch den Menschen in dieser Welt, in aller Unbill.
Gott kann in der Stille erfahren werden.
"Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin" (Ps 46,11).
Religion ist eine menschliche Organisation, hergestellt und geordnet die Beziehung zu Gott, zur Wahrung der berechtigten Interessen des Menschen gegenüber Gott.
Alles Geschriebene in dieser Sache empfinde ich als gutwillig artikuliert.
Aber: Gott ist nicht definierbar, nicht personifizierbar, nicht verfügbar, nicht einordnungsbar.
Gott ist mit dem menschlichen Verstand nicht fassbar.
Gott ist nicht übertragbar, sondern bestenfalls beschreibbar.
Darum: Nichts ist nicht Nichts.
Gönne dir täglich einige Minuten lang Stille.
Und du wirst erfahren, dass vieles Gesagte leeres Geschwätz war.

Vielleicht ist beides nicht gerecht, denn was heißt schon " Jedem das Seine "? , ebenso wie " Jeder pflegt halt seine Vorurteile " ? Ich tue es nicht. Genau das ist auch der Sinn und Zweck solcher Begegnungen, wie Sie sie erlebt haben, dass man nämlich seine Vorurteile ablegt und einander offen begegnet. Nur gelingt das, wenn die Vorurteile zu stark haften, selten. Vielleicht gibt es andere, die in Leipzig bessere Erfahrungen gemacht haben ?
Aber Sie haben Recht, wenn Sie Missionierung ablehnen. Das geht mir ebenso. Allerdings, da Sie nicht allein auf dieser Welt leben, müssen Sie manch lästiges Werbeblatt eben hinnehmen. Ist doch dumm, deshalb so viel Aufstand zu machen.

Antwort auf von Monika Haven (nicht registriert)

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Gottlos leben? So einfach sollte man es sich nicht machen. Unsere Gesellschaft lebt vom angewandten Recht. Es ist nur deshalb notwendig, weil wir alle „Sünder“ im Sinn der Folgen unserer menschlichen Schwächen sind. Selbst ein Eremit sollte keinen Stein wegen seiner eingebildeten Selbstherrlichkeit werfen. Sich selbst als eine Krone zu verstehen, die nicht überhöht werden kann, ist zutiefst arrogant. Außer dem irdischen Recht gibt es auch noch die Befürchtung, im Falle der Nichtverfolgung nach dem Ableben gerichtet zu werden. Gäbe es diese Angst nicht, wäre über Jahrtausende die Anmaßung der eigenen Vollkommenheit maßlos. Jeder Mörder, der nicht erkannt wird, hätte dann gar keins oder doch ein unbeflecktes Gewissen. Eine böse Tat, die nicht erkannt und niemals gerächt zu werden droht, wäre dann ein unendlicher Vorteil. Es ist deshalb nicht nur das Recht der Gesellschaft, dass uns zusammenhält, sondern auch das vermutete göttliche Recht, dass uns in Schranken weist und uns sanktionieren könnte.
Fehlt einer Gemeinschaft jede Religion, dann fehlt auch der Teil der rechtlichen Autorität, der der Arroganz Einhalt gebieten kann. Dann wären Tür und Tor für die „Herren“ geöffnet, die mit ihrer menschlichen Maßlosigkeit jeden diktatorischen Kampf beginnen. Warum noch Rücksicht auf andere nehmen, wenn die eigene Allmacht gesichert ist und keine Ungewissheit über das Danach besteht? Gäbe es keinen Gott, dann müsste er allein deshalb erfunden werden, um den menschlichen Schwächen moralischen Einhalt bieten zu können.

Antwort auf von OCKENGA (nicht registriert)

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Eine gewagte These. In der BRD wird das Recht vom Staat gesichert.
Und Menschen, die ohne eine Glauben leben, haben die gleichen moralischen Ansprüche wie Menschen, die mit Glauben leben. Warum sollte das anders sein? Es gibt auf beiden Seiten Menschen, die weniger oder keine Skrupel bei der Verletzung von Moral und gemeinschaftlichen Normen haben. Dass selbst hochrangige Gläubige gescheitert sind, sehen wir ja unter anderem bei den Fällen von Kindesmissbrauch und dem zweifelhaftem Finanzgebaren sowohl in der katholischen als auch in der evangelischen Kirche.
Und mir ist ein Mensch, der ohne Glauben aus sich heraus moralisch handelt, lieber, als einer, der nur aus Angst vor göttlicher Strafe mühsam seine Unmoral im Zaum hält.
Und warum soll ich mir einreden lassen, ich sei ein Sünder und nur der Glaube würde mich erlösen? Ich will von nichts erlöst werden, deshalb haben mir das Christentum und alle anderen Erlösungsreligionen halt einfach nichts zu bieten. Selbst wenn, wie sollte ich denn richtig entscheiden, welche Erlösungsreligion die richtige ist? Die Konzepte sind ja recht ähnlich und keines ist überzeugend.

Antwort auf von OCKENGA (nicht registriert)

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Das schätze ich sehr an Ihnen, lieber Herr Ockenga, das Sie nicht lange um den Brei herumreden, sondern gleich ins Schwarze treffen. Wäre Gott nicht schon längst erfunden worden, müsste man ihn genau zu jenem Zweck erfinden. Die Herrschaft braucht eine unschlagbare Autorität, auf die sie sich berufen kann, um das sündige Fußvolk bei der Stange zu halten. Diese Autorität ist Gott.
Sepp Stramm

Sokannmandasauchsehen. Wenn eine Religion es zuläßt, dass die "Herrschaft" sich ihrer Inhalte zum eigenen Machterhalt bemächtigt, ist das fatal. Aber normal. Man will ja beiderseits unangefochten residieren. Da bleibt aber noch genügend religiöser Raum für die ganz persönlichen Unzulänglickeiten, die jeder mich sich herumschleppen könnte, und für die er keine "Herrschaft" verantwortlich machen kann. Für die Interpretation der Begriffe BELIEBIG und LINKS sind Sie auf dem Holzweg. Nach meiner Meinung ist der öffentliche Protestantismus in seinen Glaubensinhalten beliebig geworden und in seiner politischen Orientierung total nach links gerückt. Armselig wird das dann als weltoffen, als auf einander zugehen, als tolerant und als praktizierte Nächstenliebe interpretiert. Andersrum: Wer nicht mehr weiter weis und im Nebel tappt, der hat jawohl was falsch gemacht. Noch böser ist, wer vergißt, dass ohne neues Personal, kaum was zu verändern ist.

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