Steffi Jones, © 2010 Dirk von Nayhauß
Dirk von Nayhauß
Einer passt auf sie auf
Die Fußballerin fühlt sich behütet – aber sie sagt auch: Jeder trifft seine Entscheidungen selbst
Dirk von Nayhauß
19.05.2011

In welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?

Wenn ich bei meiner Mutter bin, und wenn ich Kinder treffe. Früher natürlich auf dem Platz, aber das vermisse ich kaum. Am Fußball habe ich das Team geschätzt, dort hatte ich meine Freunde, dort habe ich mich aufgefangen gefühlt. Aber ich bin keine, die ständig wehmütig zurückdenkt. Als Leistungssportlerin opferst du sehr viel, und im Frauenfußball hatten wir damals nicht die Möglichkeiten wie heute, ich musste nebenher immer Vollzeit arbeiten. Natürlich hat das Privatleben gelitten. Das könnte ich nicht ein Leben lang durchhalten.

Als mein Bruder Franky im Irak verwundet wurde, habe ich mir oft bildlich vorgestellt, wie ihm beide Beine zerfetzt wurden

Haben Sie einen Traum, der immer wiederkehrt?

Ich träume sehr gern. Manchmal kann ich meine Träume beeinflussen, dann denke ich: Steffi, hier warst du schon einmal, jetzt gehst du in eine andere Richtung. In den vergangenen drei Jahren habe ich häufig davon geträumt, wie die WM laufen wird: Wie kann ich überall rechtzeitig sein? Als mein Bruder Franky im Irak verwundet wurde, habe ich mir oft bildlich vorgestellt, wie das alles passiert ist, wie ihm beide Beine zerfetzt wurden.

Welchen Traum möchten Sie sich noch unbedingt erfüllen?

Ich plane nicht, ich weiß, dass morgen etwas passieren kann, womit ich überhaupt nicht gerechnet habe. Ich will nicht von Dingen träumen, die sich nicht erfüllen. Ich wünsche mir eher etwas Bestimmtes: Dass mein kleiner Bruder Franky zurechtkommt, dass er auf seinen Prothesen laufen kann. Wenn es ihm gutgeht, bin ich auch glücklich. Ich wünsche mir, dass ich weiterhin ein guter Mensch sein kann und mir dadurch Gutes widerfährt. Ich wünsche mir einfach, dass meine Familie und ich gesund bleiben und dass alles so weitergeht, wie es zurzeit läuft.

Sie hat mich stark gemacht, meine Mutter steht über allem

Welche Liebe macht Sie glücklich?

Ehrlich gemeinte Liebe ohne Floskeln. Viele denken, ich sei total selbstbewusst und stark, aber das bin ich nicht immer. Dann ist es schön, wenn der andere spürt, dass es mir nicht so gut geht. Sehr nah ist mir meine Mutter, sie ist bis heute der wichtigste Teil in meinem Leben. Sie hat mich stark gemacht, meine Mutter steht über allem. Als ich ein Kind war, fand sie immer die richtigen Worte, und die findet sie noch heute.

Man könnte natür­lich auch sagen: Gott hat schlecht aufgepasst. Aber jeder trifft selbst seine Entscheidungen

An welchen Gott glauben Sie?

Ich weiß, dass es jemanden gibt, der auf mich und meine Familie aufpasst. Ich bin mal haarscharf an einem schlimmen Autounfall vorbeigeschrammt. Da habe ich gedacht: Lieber Gott, vielen Dank, dass das gut ausgegangen ist! Oder dass mein Bruder Franky nicht tot ist und er diese schreckliche Verwundung überlebte – es muss doch einen Engel geben, der ihn beschützt hat! Man könnte natür­lich auch sagen: Gott hat schlecht aufgepasst. Aber jeder trifft selbst seine Entscheidungen. Mein kleiner Bruder hätte sich nicht zur Army melden müssen, er kannte das Risiko. Und wenn mein älterer Bruder Christian immer wieder zu harten Drogen und Heroin gegriffen hat, dann kannte auch er irgendwann das Risiko. Ich glaube aber, dass Gott oder ein Engel dafür sorgten, dass mein älterer Bruder keine schweren Krankheiten bekommen hat.

Hat das Leben einen Sinn?

Klar, logisch! Es gibt so vieles, was mich fröhlich stimmt, mich zum Lachen bringt – ich finde das Leben sehr schön! Und ich möchte ein guter Mensch sein und meinen Nächsten lieben und ihnen helfen. Meine Mama hat mir das vorgelebt: Obwohl sie es sehr schwer hatte, hat sie anderen geholfen. Als ich klein war, hat sie mir etwas zu meiner Hautfarbe gesagt: „Es könnte schwierig werden, aber sei stolz darauf, wer du bist!“ Auch wenn mir Menschen wehtun, solle ich das nicht genauso zurückgeben, sondern versuchen, gut zu sein. Natürlich muss man sich selbst schützen. Als wir meinen älteren Bruder mal wieder auf der Polizeiwache abholen mussten, Weihnachten, da habe ich gedacht: „Ich arbeite so viel, ich versuche, mein Leben in den Griff zu bekommen, und dann habe ich immer solche Sorgen.“ Ich habe ihm über sehr viele Jahre geholfen, aber nach dem x-ten Rückfall konnte ich meine eigenen Rechnungen kaum bezahlen. Das ist ein Kreislauf, den man durchbrechen muss, sonst geht man daran kaputt.

Muss man den Tod fürchten?

Nein. Wenn es passiert, dann ist es so. Ich genieße das Leben, solange es geht, ich will alles mitnehmen, was mir möglich ist!

Permalink

Sie hat immer etwas gehltvolles zu sagen und kommt sehr sympathisch rüber! Bitte mehr!

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
Wählen Sie bitte aus den Symbolen die/den/das LKW aus.
Mit dieser Aufforderung versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt.